Im Falle von Managementbeteiligungen besteht ein Kausalzusammenhang sowohl zum Arbeitsverhältnis als auch zur Kapitalüberlassung. Für die steuerliche Qualifizierung ist dementsprechend zu fragen, ob das Einkommen aus einer Kapitalbeteiligung vorrangig den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit oder den Einkünften aus Kapitalvermögen zuzuordnen ist.
Nach dem Urteil des BFH kommt es für eine Qualifizierung der Einkünfte aus Managementbeteiligungen als Kapitaleinkommen vor allem darauf an, dass der Erwerb und die Veräußerung der Beteiligung zum jeweiligen Marktwert erfolgt und für das beteiligte Management ein effektives Verlustrisiko besteht. Dagegen ist die Beschränkung der Beteiligung auf einen bestimmten Mitarbeiterkreis für sich genommen kein ausreichendes Indiz für eine Qualifizierung als Arbeitslohn. Unschädlich für die Annahme von Kapitalvermögen ist auch die Vereinbarung eines Ankaufsrechtes für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, selbst wenn dabei hinsichtlich des Rückkaufspreises zwischen verschiedenen Beendigungstatbeständen differenziert wird (sog. Leaver Scheme).
Praxis der Finanzverwaltung
Dass die Finanzverwaltung auf das BFH-Urteil nicht mit Begeisterung reagieren würde, war abzusehen und zeigte sich bereits darin, dass die Veröffentlichung im Bundessteuerblatt und damit die Verpflichtung der Finanzverwaltung zur allgemeinen Anwendung des Urteils bis August 2017 auf sich warten ließ. Tatsächlich weigerten sich die Finanzämter vorher, das Urteil z.B. im Rahmen von Lohnsteueranrufungsauskünften anzuwenden. Eine gewisse Zurückhaltung bei der Anwendung ist aber nach wie vor zu erkennen, wenn auch mit regionalen Unterschieden der bearbeitenden Finanzämter und Oberfinanzdirektionen.
So wird bei der Bearbeitung von Lohnsteueranrufungsauskünften und in Betriebsprüfungsverfahren sehr genau geprüft, ob der konkrete Sachverhalt mit dem vom BFH entschiedenen Sachverhalt übereinstimmt. Denn der BFH hat in seinem Urteil nur die Richtigkeit der Sachverhaltswürdigung durch das Finanzgericht geprüft, daher kann nach Meinung verschiedener Finanzämter dem Urteil kein weitergehender Gehalt zugemessen werden.
Einen besonderen Schwerpunkt setzt die Finanzverwaltung zunehmend bei der Prüfung des An- und Verkaufspreises der Beteiligung und der Vergleichbarkeit mit Marktkonditionen. Hier hatte der BFH betont, dass es sich dabei, neben dem Verlustrisiko, um ein wesentliches Kriterium für die Annahme von Kapitaleinkünften handelt.
Anwendung des Urteils durch die Finanzgerichte
Seit der Veröffentlichung des BFH-Urteils hat sich insbesondere das Finanzgericht Stuttgart in zwei Urteilen mit der Besteuerung von Managementbeteiligungen befasst (Urteile des FG Stuttgart vom 09.05.17, 5 K 3825/14, rkr., und vom 26.06.17, 8 K 4018/14). Dabei fällt auf, dass das Gericht der Darstellung und Würdigung des Sachverhalts großen Raum gibt, um den Anforderungen des BFH an eine Gesamtabwägung zu entsprechen. Im Ergebnisfolgt das Gericht dann aber der Bewertung und Würdigung des BFH-Urteils und bestätigt die Besteuerung von Einkommen aus Managementbeteiligungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen.
In seinem Urteil vom 09.05.17 setzt sich das Finanzgericht Stuttgart dabei auch mit der Frage auseinander, ob das disproportionale Zeichnen von Kapitalinstrumenten durch die Manager der Marktüblichkeit des Anschaffungs- bzw. Veräußerungsvorgangs entgegensteht. In dem entschiedenen Sachverhalt hatte das Management in 2006 vollwertige Geschäftsanteile A erworben. Die Investoren hielten neben Geschäftsanteilen A auch ausschließlich an sie ausgegebene Geschäftsanteile B, die zu einer Vorzugsdividende i. H. v. 12 % p.a. auf das eingezahlte Kapital und im Veräußerungsfall zu einem Erlösvorzug berechtigten. In 2009 veräußerten die Manager gemeinsam mit den Investoren ihre Beteiligung. Aufgrund des hohen Unternehmenswerts erhielten die Manager eine im Verhältnis zu dem Investor überproportional hohe Rendite.
Das Finanzamt wertete diese Sachverhaltsgestaltung als Vergünstigung und somit als Indiz für Arbeitslohn, das Finanzgericht Stuttgart lehnte dies ab. Der Umstand, dass die Manager eine verhältnismäßig höhere Rendite als die Investoren erwirtschafteten, dürfe nicht als Indiz für Arbeitslohn herangezogen werden, da es sich hierbei um eine unzulässige ex post Betrachtung handele. Auch wenn sich das eingesetzte Kapital der Manager durch den hohen Veräußerungsgewinn tatsächlich deutlich besser verzinst hätte als das der Investoren, konnte dies zu Beginn des Investments nicht vorhergesehen werden. Vielmehr hätten dadurch und durch den Erlösvorzug die Manager auch ein erheblich höheres Risiko in Kauf genommen.
Fazit
Tatsächlich hat das BFH-Urteil in der Praxis zu mehr Gestaltungssicherheit geführt, allerdings bisher vor allem bei weitgehend übereinstimmenden Sachverhalten. Gleichzeitig ist mit Zurückhaltung der Finanzverwaltung bei der Anwendung auf nur vergleichbare Sachverhalte zu rechnen. Auch einer Ableitung von allgemeinen Besteuerungsgrundsätzen für Managementbeteiligungen steht die Finanzverwaltung zurückhaltend gegenüber. Hier ist die Entwicklung einer Rechtsprechungspraxis für weitere Fälle abzuwarten.
Dieser Beitrag erschien erstmals in: JUVE Handbuch Steuern 2018