Crowdinvesting ist im Bewusstsein der Menschen angekommen, und so überrascht es nicht, dass auch im vergangenen Jahr 2014 der Markt der equitybasierten Schwarmfinanzierungen erneut vielfältiger geworden ist. Daher dürfen die im Vergleich zum gesamten deutschen VC-Finanzierungsmarkt noch relativ geringen Volumina nicht über die Relevanz des Crowdinvesting hinwegtäuschen, auch wenn laut Crowdfunding-Monitor 1/2015 das Finanzierungsvolumen gegenüber 2013 leicht gesunken ist.
Die zunehmende Bedeutung des Crowdinvesting wird dadurch bestätigt, dass sich auch auf gesetzgeberischer Seite im letzten Jahr einiges bewegt hat, um das in Deutschland noch relativ junge Phänomen legislativ zu ordnen. Dazu hat der Deutsche Bundestag auf einen Gesetzentwurf der Bundesregierung vom November 2014 hin am 23. April 2015 das sogenannte Kleinanlegerschutzgesetz (KASG) verabschiedet, was von der unter dem Dachverband Deutscher Crowdsourcing Verband e. V. versammelten Branche aufmerksam und kritisch beobachtet wurde. Das KASG verfolgt einen produktorientierten Verbraucherschutzansatz. Regelungsmittelpunkt ist das Vermögensanlagengesetz (VermAnlG), das den Vertrieb von Vermögensanlagen regelt, wie sie auch über die Crowdinvesting-Plattformen vermittelt werden. Es geht dabei konkret um partiarische (Nachrang-)Darlehen, Genussrechte und – mit sinkender Bedeutung – auch stille Gesellschaftsbeteiligungen.
Die genannten Vermögensanlagen unterliegen grundsätzlich einer Prospektpflicht nach § 6 VermAnlG. Zusätzlich muss ein dreiseitiges Vermögensanlageninformationsblatt (VIB) erstellt werden. Durch das KASG werden die bisher vorhandenen Ausnahmetatbestände des § 2 VermAnlG nun zugunsten von Schwarmfinanzierungen durch partiarische (Nachrang-)Darlehen erweitert. Der zu diesem Zweck neu eingefügte § 2 a VermAnlG n. F. enthält allerdings gewichtige Begrenzungen: Das Emissionsvolumen von sämtlichen vom Zielunternehmen angebotenen Vermögensanlagen darf EUR 2,5 Mio. nicht übersteigen, und anlegerseitig wird eine Zeichnungsgrenze von grundsätzlich EUR 1.000 pro Emittent festgesetzt, die auf bis zu EUR 10.000 heraufgesetzt wird, sofern der Anleger mittels Selbstauskunft frei verfügbares Vermögen von mindestens EUR 100.000 nachweist oder die zu investierende Summe den zweifachen Betrag des durchschnittlichen monatlichen Nettoeinkommens nicht übersteigt. Die Einhaltung der Zeichnungsgrenze soll von der jeweiligen Plattform kontrolliert werden. Wenn die Befreiung einschlägig ist, verbleibt dem Emittenten lediglich die Pflicht zur Erstellung des VIB. Schließlich wurden auch die Befugnisse der BaFin durch die Einfügung eines § 1 Abs. 1 a FinDAG erweitert; sie darf nunmehr auch zum Schutz kollektiver Verbraucherinteressen tätig werden.
Der Bundesrat hat in seiner Sitzung vom 12. Juni 2015 den Gesetzesbeschluss gebilligt, sodass das KASG voraussichtlich Anfang Juli 2015 in weiten Teilen in Kraft treten wird.
Auch nach dem Tätigwerden des Gesetzgebers sind allerdings die allerwichtigsten Fragen um das Crowdinvesting offengeblieben. Noch immer sind die Haftungsverhältnisse der Crowdinvesting- Plattformen weitestgehend unangetastet. Vor allem bleibt unklar, inwiefern sich die Selektion von Zielunternehmern durch die Plattformen auf die allgemeine Prospekthaftung im engeren Sinne gegenüber den Kleinanlegern auswirkt. Nach wie vor gibt es diesbezüglich und auch hinsichtlich der Informationen, die die Platt- form vom Zielunternehmen erfragen und dem Kleinanleger bereitstellen muss, keine einheitlichen Maßstäbe. Unverständlich und stark zu kritisieren ist auch, dass die neue Ausnahme von der Prospektpflicht nur für partiarische (Nachrang-) Darlehen gelten wird. Dadurch verengt der Gesetzgeber schon in der frühen Entwicklungsphase des Crowdinvesting-Marktes die Handlungsspielräume der Akteure. Offen bleiben auch aufsichts- und haftungsrechtliche Fragen rund um die Zusammenfassung der Kleinanleger gegenüber dem Zielunternehmen mittels Anlegerpooling.
Daher kann das KASG allenfalls ein erster Schritt auf dem Weg zur Durchdringung der Materie Crowdinvesting sein, weitere werden folgen müssen. Insofern ist positiv anzumerken, dass der Gesetzgeber die Bundesregierung gebeten hat, die Wirkungen des KASG auf die Branche bis Ende 2016 zu beobachten und gegebenenfalls tätig zu werden. Dabei werden auch die weiteren Entwicklungen in der Branche zu berücksichtigen sein, die immer neue Modelle der Crowdbeteiligungen hervorbringt, zuletzt sogar im Real-Estate-Bereich. Neue Impulse kommen auch aus anderen Ländern. Deren Plattformen, wie z. B. AngelList Europe, sind auch für den deutschen Raum interessant und bieten innovative Modelle, die die angesprochenen deutschen Probleme – insbesondere des Anlegerpoolings – zum Teil sehr gut gelöst haben. Zudem wird zu untersuchen sein, ob es für einige Plattformen nicht sinnvoller ist, eine aufsichtsrechtliche Genehmigung nach dem KAGB einzuholen, das bekanntermaßen keinen produkt-, sondern einen personenbezogenen Regulierungsansatz verfolgt. Auch im laufenden Jahr wird die wirtschaftliche wie rechtliche Entwicklung der Crowdinvesting-Branche daher weiter an Bedeutung gewinnen.
Über das Thema diskutierten Philipp Möhring (AngelList Europe), Dr. Andreas Rodin (P+P) und Karsten Wenzlaff