Hält der Manager Kapitalanteile am Unternehmen, ist er bei Kapitalerhöhungen regelmäßig berechtigt, neue Anteile entsprechend seiner Beteiligungsquote zu übernehmen. Die Teilnahme an der Kapitalerhöhung setzt allerdings voraus, dass der Manager über die erforderlichen finanziellen Mittel verfügt. Außerdem gibt es Situationen, in denen das Bezugsrecht der Manager ausgeschlossen ist, wie z.B. bei der Beteiligung weiterer Manager, bei Zukäufen im Rahmen von Share-to-Share-Transaktionen oder in Notsituationen wie drohender Insolvenz oder Verstößen gegen die Finanzierungsvereinbarungen.
Nimmt ein Manager an der Kapitalerhöhung nicht teil, verringert sich sein rechnerischer Kapitalanteil (nominelle Verwässerung). Dies ist regelmäßig hinnehmbar, da der Manager in aller Regel ohnehin nur als Minderheitsgesellschafter ohne Sperrminorität beteiligt ist. Ein Schutzbedürfnis besteht jedoch vor wirtschaftlicher Verwässerung, also der Schmälerung des inneren (wirtschaftlichen) Wertes seiner Anteile. Ein solcher Effekt tritt ein, wenn der Ausgabebetrag für die im Rahmen einer Kapitalerhöhung neu ausgegebenen Anteile unangemessen niedrig ist, also den Marktwert des Unternehmens ohne rechtfertigende Gründe unterschreitet. Da sich in diesem Fall der Unternehmenswert nicht proportional zum Kapitalerhöhungsbetrag erhöht, sinkt der durch einen Anteil vermittelte Beteiligungswert. Die Manager können den Kapitalerhöhungsbeschluss nicht anfechten, wenn sie sich – wie häufig – im Rahmen einer Stimmbindung dazu verpflichtet haben, bei Kapitalerhöhungen mit dem Investor abzustimmen. Daher verlangen die Manager regelmäßig eine Zusage des Investors, dass Kapitalerhöhungen grundsätzlich nur zum Marktwert vorgenommen werden. Zur Vermeidung von Streitigkeiten sollte in der Gesellschaftervereinbarung festgelegt werden, wie sich der Marktwert ermittelt und wie bei Meinungsverschiedenheiten zu verfahren ist.
Eine wirtschaftliche Verwässerung kann die Manager auch durch die Ausgabe von neuen Vorzugsinstrumenten (Vorzugsanteile, Gesellschafterdarlehen) treffen, indem sich der Investor durch marktunübliche Zinsen bzw. Vorzugsdividenden einen ungerechtfertigten Vorteil sichert. Insofern vereinbaren die Parteien in der Gesellschaftervereinbarung, dass Vorzugsinstrumente nur zu „marktüblichen“ Zinsen ausgegeben werden dürfen.
Ein weiterer wirtschaftlicher Verwässerungseffekt tritt ein, wenn die Stammanteile und Vorzugsinstrumente zwischen dem Investor und dem Management disproportional verteilt sind und der Investor bei Kapitalmaßnahmen den Umfang der Stammanteile des Managements verringert. Dann verbleiben bei einem erfolgreichen Exit weniger Erlöse, die nach Bedienung der Vorzugsinstrumente auf die Stammanteile des Managements entfallen. Daher sollten Investor und Management von vornherein klären, ob bei Kapitalmaßnahmen der ursprüngliche Split zwischen Stammanteilen und Vorzugsinstrumenten aufrechterhalten werden soll.
Bei Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln sieht bereits das Gesetz einen Ausgleich vor. Hier erhält jeder Anteilsinhaber neue Anteile gemäß seiner Beteiligungsquote (§ 212 AktG bzw. § 57j GmbHG), so dass er im Ergebnis wirtschaftlich nicht schlechter steht. Regelungsbedarf besteht daher nicht.
Sind die Manager auch oder nur schuldrechtlich an der Gesellschaft beteiligt (z.B. in Form von Exit Boni, virtuellen Anteilen oder Genussrechten), können Kapitalmaßnahmen ebenfalls eine wirtschaftliche Verwässerung zur Folge haben. Dies ist dann der Fall, wenn der Bonusanspruch des Managers vom gezeichneten Kapital der Gesellschaft abhängt, z.B. nach folgender Berechnungsformel:
(Brutto-)Bonusanspruch = (E / (GK + VA)) * MA
mit
E = Bruttoerlöse aus dem Exit abzgl. Transaktionskosten,
GK = gezeichnetes Kapital der Gesellschaft,
VA = sämtliche an das Management ausgegebenen virtuellen Anteile (Nennbetrag bzw. Anzahl ),
MA = die an den betreffenden Manager gewährten virtuellen Anteile (Nennbetrag bzw. Anzahl).
Erhöht der Investor das gezeichnete Kapital zu einem Ausgabebetrag unterhalb des Marktwertes, verringert sich dadurch – analog zur echten Kapitalbeteiligung – der auf einen virtuellen Anteil entfallende Teil der Exiterlöse. Der Bonusanspruch eines Managers sinkt folglich, sofern kein Ausgleich vereinbart wurde. Eine Anpassung kraft Gesetz erfolgt wiederum nur bei Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln (§ 216 Abs. 3 AktG bzw. § 57m Abs. 3 GmbHG).
Es stellt sich die Frage, ob diese Vorschriften bei effektiven Kapitalerhöhungen gegen Einlagen unterhalb des Marktwertes analoge Anwendung finden. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat dies in seinem Urteil vom 27.6.2018 (10 AZR 295/17) im Zusammenhang mit einer dividendenabhängigen Tantieme abgelehnt. Dem ist zuzustimmen, da die rechtlichen und wirtschaftlichen Wirkungen von effektiven Kapitalerhöhungen einerseits und Kapitalerhöhungen aus Gesellschaftsmitteln andererseits nicht miteinander zu vergleichen sind. Härten im Einzelfall können durch ergänzende Vertragsauslegung oder Anpassung wegen Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) korrigiert werden. Zur Vermeidung von Zweifelsfragen kann sich ein ausdrücklicher Ausschluss empfehlen.
Eine ausführliche Besprechung der Entscheidung des BAG, ein Berechnungsbeispiel sowie nähere Hinweise zur Gestaltung ist hier erschienen:
2019 | Verwässerungsschutz bei Managementbeteiligungen in: DStR – Deutsches Steuer Recht, 6/2019, 287-292
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