Die Teilnehmer des diesjährigen M&A-Panels waren sich einig, dass der deutsche Markt für Transaktionen unter Beteiligung von Private-Equity-Investoren auch in den ersten sechs Monaten dieses Jahres stabil geblieben ist und weiterhin eine hohe Deal-Frequenz aufweist. Insbesondere begünstigen die niedrigen Zinsen die Leverage-Quoten und schaffen ein Umfeld, das für Exits besonders geeignet ist.
Anteil der Primärtransaktionen steigt
Der Anteil der Primärtransaktionen hat sich im Vergleich zum Vorjahr tendenziell erhöht, wobei das Panel die Situation durchaus unterschiedlich beurteilte. Als ein Treiber für Primaries wird z. B. der Druck in Konzernen zu Carve-outs gesehen. Secondaries und Tertiaries können sich ebenfalls lohnen, wenn das Potential des Unternehmens noch nicht vollständig ausgeschöpft ist und durch die neuen Eigentümer frische Ideen und ausreichend Execution Skills mitgebracht werden. Nach Ansicht des Panels gibt es hier kein Richtig und kein Falsch. Aufgrund des attraktiven Exit-Umfelds besteht derzeit kein Mangel an Targets.
Weniger Vorbehalte gegenüber Private Equity
Grundsätzlich sind auf Verkäuferseite immer noch Vorbehalte gegenüber Private Equity zu beobachten, vor allem bei Verkäufern ohne Erfahrungen in diesem Bereich. Die in den Medien geführte Heuschreckendebatte scheint insoweit immer noch nachzuwirken und schreckt vor allem Mittelständler ab, bei denen auch emotionale Faktoren eine wichtige Rolle spielen. Nach dem ersten Kontakt mit Private Equity wird jedoch oft festgestellt, dass Private-Equity-Investoren als unternehmerische Partner einsteigen wollen. Auch die Banken sehen den Einstieg von professionellen Finanzinvestoren positiv. Schließlich ist Private Equity durch die nach wie vor guten Renditen eine Art Lebensversicherung, die wiederum über die institutionellen Investoren – etwa Versicherungen – auch deren Kunden zugutekommt.
Hohe Preise, günstige Finanzierungen
Das aktuelle Marktumfeld sah das Panel in erster Linie durch hohe Kaufpreise und billige Finanzierungsmöglichkeiten geprägt. Fonds erzielen nach wie vor gute Renditen, die in einigen Fällen immer noch 15 % p. a. überschreiten, was vor allem im Vergleich zu alternativen Investments als sehr positiv zu verzeichnen ist. Insbesondere ausländische Investoren haben diesbezüglich jedoch teilweise noch die früher üblichen, höheren Renditeerwartungen.
Das Panel teilte die Ansicht, dass das aktuelle Marktumfeld vermehrt für Exits genutzt werde, es ist „Zeit zum Ernten, nicht zum Säen“.
Für gute Renditen gibt es im Prinzip zwei Hebel: zum einen eine gelungene Origination – d. h. ein Kauf von Targets vor allem aus proprietären Situationen oder in eingeschränkten Auktionen –, zum anderen eine deutliche Performance-Verbesserung des Targets selbst. Da die gelungene Origination sehr schwierig geworden ist, werden momentan – entgegen dem Leitbild der Multiple Arbitrage – durchaus vermehrt Business Cases mit niedrigeren Exit-Multiples als Einstiegs-Multiples berechnet. Dadurch wird das EBITDA Growth zum entscheidenden Hebel. Die Entwicklung in Richtung Top-Line Growth anstelle einer operativen Effizienzsteigerung ist zu Ende.
Management als zentraler Werttreiber
Die Einbeziehung des Managements als eines zentralen Werttreibers spielt nach Einschätzung des Panels für den Erfolg eines Investments eine immer größere Rolle. Die Bereitschaft der Manager, sich an Transaktionen mit eigenem Geld zu beteiligen, steigt. Eine solche Beteiligung ist jedoch vor allem dann problematisch, wenn das Management bislang Teil des unternehmerischen Problems war, also in Situationen, die man als „underperforming“ und „distressed“ charakterisieren kann.
Insbesondere im Exit-Prozess kann das Management, z. B. im Rahmen der Managementpräsentationen, ein wichtiger Werttreiber sein und Investoren überzeugen. Besondere Vorsicht ist nach Beobachtung des Panels aber bei Secondaries geboten, wenn das Management neben dem neuen Eigentümer wiederum an dem Unternehmen beteiligt werden soll, da die Interessen der Prinzipale und des Managements in Bezug auf den Käufer auseinanderlaufen können. Auch kommt es vor, dass sich das Management in den „sicheren Hafen“ eines Konzerns zurückwünscht, obwohl die unternehmerische Freiheit als Miteigentümer überwiegend sehr geschätzt wird. Im Auktionsprozess spielt das Management allerdings immer noch eine untergeordnete Rolle, da der Prinzipal letztlich der Entscheidungsträger bleibt.
Debt-Fonds als Finanzierungsalternative
In der Bankenlandschaft ist tendenziell ein Rückzug der Landesbanken zu beobachten. Ausländische Banken sind, je nach Marktsituation, in Deutschland inzwischen relativ aktiv. Eine Alternative zu den Banken stellen zunehmend Debt-Fonds dar. Nach Ansicht der Panelisten sind Debt-Fonds in Deutschland aber eher als komplementär und nicht als substitutiv zur Bankenfinanzierung anzusehen. Bei Dividend Recaps z. B. ist die Zusammenarbeit mit Hausbanken oder das Arbeiten mit bestehenden Finanzierungen vorzuziehen, da die Banken das Unternehmen bereits gut kennen und der Aufwand entsprechend geringer ist. In einem Exit-Prozess mit einer Stapled-Finance-Struktur können Debt-Fonds allerdings eine gute Alternative sein: Zwar sind sie teurer, dafür sind die Debt-Multiples aber regelmäßig auch höher, was zu höheren Leverages führt. Ein weiterer Vorteil der Debt-Fonds ist die tendenziell größere Transaktionssicherheit, da Banken in der Regel längere und unsicherere Entscheidungsfristen haben. Die Investoren müssen nach Einschätzung des Panels Kosten und Nutzen der verschiedenen Lösungswege in jedem Einzelfall sorgfältig gegeneinander abwiegen. Im Vergleich zum angelsächsischen Raum und Westeuropa hinkt Deutschland im Bereich der Debt-Fonds noch hinterher. Nach Ansicht der Diskussionsteilnehmer ist allerdings eine zunehmende Konkurrenz zwischen Banken und Debt-Fonds zu erwarten.
Auktionsprozesse unter Druck
Auch bei den Auktionsprozessen sind neue Entwicklungen zu beobachten: Pre-emptive Bids kommen zwar immer häufiger vor, bilden allerdings weiterhin die Ausnahme. Sie setzen voraus, dass sich der Käufer im Vorfeld bereits sehr gut mit dem Asset auseinandersetzen kann, dieses eine gute Qualität aufweist und der Wettbewerb auf der Käuferseite groß ist. In einem fragilen Markt werden allerdings durchaus auch von Verkäuferseite schnelle Abschlüsse unterstützt.
Bei Auktionsprozessen gehört die Erstellung von Vendor Due Diligence Reports heutzutage zum Standard. Sie verkürzen den Prozess, schaffen einen guten Überblick über die Aufstellung des Unternehmens und erleichtern die Entwicklung von Zukunftsstrategien. Für die Investitionsentscheidung sind vor allem die Financial Due Diligence und die Commercial Due Diligence wesentlich.
Nach Ansicht der Panelisten haben Locked-Box-Mechanismen in Deutschland Closing Date Accounts für Zwecke der Kaufpreisberechnung und Risikoabgrenzung fast vollständig abgelöst. Im Ausland überzeugen Locked-Box-Mechanismen hingegen nur wenige Verkäufer, vor allem in den USA ist die Skepsis groß.
Warranty-&-Indemnity-Versicherungen
Verkäufer und Käufer verwenden immer häufiger Warranty-&-Indemnity- Versicherungen zur Absicherung möglicher Garantieansprüche. Der Vorteil für Investoren liegt darin, dass ihr Geld nicht jahrelang auf Escrow Accounts gebunden ist und damit schneller ausgezahlt werden kann. Waren die Warranty-&-Indemnity-Versicherungen zunächst vor allem Verkäufer-Policen, so sind sie heute fast nur noch Käufer-Policen. Nach Einschätzung einiger Diskussionsteilnehmer ist das Instrument jedoch noch nicht vollständig ausgereift.
Ausblick
Auf das Thema Brexit angesprochen, zeigten sich die Panelisten beunruhigt, bezweifelten aber, dass ein Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der EU eine neue Krise auslösen wird. Kurzfristig sei eine emotionale Reaktion der Märkte wahrscheinlich, die Langzeitfolgen allerdings sind nur schwer abschätzbar. Die Diskussionsteilnehmer waren übereinstimmend der Meinung, dass es in jedem Fall auch weiterhin enge Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien auf bilateraler Basis geben wird, sodass die Auswirkungen eines Brexits auf den Private-Equity-Markt in Deutschland überschaubar bleiben dürften.
Über das Thema diskutierten Michael H. Bork (Equistone Partners Europe), Stefan Jaecker (DC Advisory), Dr. Alexander Mann (IKB Deutsche Industriebank) und Dr. Florian Meise (ADCURAM Group); Moderation: Dr. Frank Thiäner (P+P).