In einem kurzen Problemaufriss erläuterte Ampferl zunächst den üblichen Finanzierungskreislauf eines Modeunternehmens, bestehend aus Bankdarlehen, Lieferanten- und Kundenbeziehungen sowie Sicherheiten. In dieses Finanzierungskonzept wird mit Insolvenzantragstellung erheblich eingegriffen. Für den Insolvenzschuldner stellt sich insbesondere die Frage, ob er zur Verwertung der an die Banken sicherungsübereigneten Ware und zur Verwendung der daraus resultierenden Erlöse berechtigt ist. Diese Frage ist für die verschiedenen Verfahrensstadien bzw. Verfahrensarten unterschiedlich zu beantworten.
Während im vorläufigen Insolvenzverfahren nicht klar ist, woraus sich die Verwertungsbefugnis des vorläufigen Insolvenzverwalters rechtlich herleiten lässt, ist in der vorläufigen Eigenverwaltung bzw. im Schutzschirmverfahren schon nicht geklärt, ob überhaupt eine Verwertungsbefugnis des Schuldners besteht. In jedem Fall geht mit der Verwertungsbefugnis eine Erlösauskehrpflicht zugunsten der Sicherungsgläubiger einher. Nach Insolvenzeröffnung ergibt sich das Verwertungsrecht des Insolvenzverwalters aus § 166 InsO und die Erlösauskehrpflicht aus § 170 f. InsO. Die Verwendung der Erlöse zur Fortführungsfinanzierung des Geschäftsbetriebs ist ausschließlich auf Grundlage einer Vereinbarung mit dem (jeweiligen) Sicherungsgläubiger möglich.
In diesem Zusammenhang stellt sich außerdem die Frage, wie die der Bank zur Verfügung gestellten Sicherheiten für die Erlösauskehr zu bewerten sind, da den Waren gerade bei Modeunternehmen unterschiedliche Werte beizumessen sind, je nachdem ob der Betrieb fortgeführt oder zerschlagen wird. Ampferl ging in diesem Zusammenhang auf die verschiedenen Bewertungsmöglichkeiten ein (Höhe des Außenumsatzes, Herstellungskosten, Verwertungsergebnis, Liquidationswert) und stellte dabei heraus, dass es auf die konkrete Regelung zwischen Sicherheitengläubiger und Insolvenzverwalter im Einzelfall ankommt.
Grundsätze des Dreifachumsatzes
Im steuerrechtlichen Teil des Vortrags erläuterte Ampferl die Grundsätze des Dreifachumsatzes (vgl. BMF-Schreiben vom 30.04.2014), die sowohl im eröffneten Verfahren als auch im Antragsverfahren sowie bei vorläufiger Eigenverwaltung und im Schutzschirmverfahren Anwendung finden. Nach diesem Grundsatz liegt bei Ausübung des Verwertungsrechts nach § 166 Abs. 1 InsO eine Lieferung im Namen der Masse vor. Der Insolvenzverwalter tätigt diesen Umsatz jedoch wie ein Kommissionär für Rechnung des Sicherungsnehmers. Der Lieferung der Ware (Sicherungsgut) an den Erwerber (Umsatz 3) ist deshalb über § 3 Abs. 3 UStG eine fiktive Lieferung des Sicherungsnehmers als Kommittent an die Masse vorgeschaltet (Umsatz 2), in welcher die an sich vorliegende Geschäftsbesorgungsleistung aufgeht. Damit der Sicherungsnehmer das Sicherungsgut überhaupt an die Masse liefern kann, wird im Zeitpunkt der Verwertung eine Lieferung der Masse an den Sicherungsnehmer fingiert (Umsatz 1). Die Abbildung des Dreifachumsatzes für umsatzsteuerliche Zwecke stellt die Masse und die Banken vor erhebliche Abrechnungsprobleme.
Im Antragsverfahren ist die Situation sogar noch komplexer, da hier das sogenannte „Reverse-Charge-Verfahren“ nach § 13b Abs. 2 Nr. 2 UStG zur Anwendung kommt, das die Steuerschuldnerschaft auf die Bank verschiebt.
Ampferl stellte anschließend noch verschiedene Vorgehensweisen dar, wie z.B. die Vereinbarung eines „unechten Massekreditvertrages“, um damit auch den Vorwurf der Steuerhinterziehung durch die Sicherheitenverwertung zu vermeiden.