
Geistiges Eigentum kann maßgeblich zur Wertschöpfung von Unternehmen jeder Größe beitragen. Umso wichtiger ist es laut Dr. Christian Köster (Patent Attorney, Synergy IP), eigens entwickelte Produkte, Technologien oder Dienstleistungen durch geeignete Schutzstrategien abzusichern. Während eingetragene Designs lediglich für maximal 25 Jahre Schutz bieten, zeichnen sich Marken durch ihre Vielseitigkeit und die unbegrenzte Verlängerbarkeit ihres Schutzes aus. Patente wiederum sind ein starkes Instrument zur rechtlichen Durchsetzung, da sie Unterlassungs-, Vernichtungs- und Schadensersatzansprüche kombinieren. Der wirtschaftliche Wert gewerblicher Schutzrechte werde laut Köster häufig unterschätzt. Mit besonderem Interesse beobachte er daher, wie sich das seit dem 1. Juni 2023 verfügbare Europäische Patent mit einheitlicher Wirkung auf die Unternehmensbewertung auswirken wird.
Besonderheiten im Transaktionsprozess
Im Anschluss beleuchtete David Wanetick (CEO, Davos in the Desert) transaktionsspezifische Aspekte und ging insbesondere der Frage nach, inwieweit sich Kaufpreisdifferenzen zwischen Vertragsparteien mithilfe von Patenten überbrücken lassen. Neben dem gängigen, jedoch mit erheblichen Prozessrisiken behafteten Earn-Out-Modell, können Verkäufer das Patentportfolio der Zielgesellschaft auf vielfältige Weise in die Transaktion einbringen. Ausgangspunkt ist in der Regel ein fundiertes Patentgutachten, das nicht nur Transparenz in die Kaufpreisverhandlungen bringt, sondern auch eine effektivere Due Diligence ermöglicht – insbesondere unter Berücksichtigung weniger offensichtlicher Faktoren wie der unterschiedlichen Verwertbarkeit von Patenten je nach Unternehmensgröße. Eine weitere Option besteht in der Übertragung von Patenten auf eine Holdinggesellschaft durch den Verkäufer, um diese klar vom operativen Geschäft der Zielgesellschaft abzugrenzen. Darüber hinaus können auch die aktive Verfolgung von Schutzrechtsverletzungen durch Dritte, der Ausgang laufender Nichtigkeitsverfahren sowie die Erteilung noch ausstehender Patente einen maßgeblichen Einfluss auf die Kaufpreisfindung haben.
Eine besondere Rolle spielt die Entwicklung von Produkten und Technologien im Bereich Pharma & Life Science. Laut Dr. Karsten Cremer (Founder, Synergy IP) ist angesichts der branchenspezifischen Anforderungen eine besonders sorgfältige Auswahl geeigneter Patentstrategien unerlässlich. Viele Pharmaprodukte benötigen lange Entwicklungszeiten bis zur Marktreife – eine Herausforderung sowohl für die Sicherstellung durchgängiger Patentexklusivität als auch für die Finanzierung der damit verbundenen Kosten.
Bewährt hat sich in diesem Zusammenhang ein zeitlich gestaffelter Aufbau des Patentportfolios, der sowohl die begrenzte Schutzdauer von Patenten als auch die langen Entwicklungszyklen berücksichtigt.
Zudem kann ein differenziertes Vorgehen bei der Patenterteilung – etwa durch eine gezielte Kombination aus beschleunigten und verzögerten Anmeldungen in verschiedenen Ländern – dazu beitragen, frühzeitig erste Patenterfolge zu erzielen und gleichzeitig die Patentkosten in der Entwicklungsphase zu begrenzen.
IP in der Due Diligence
Auch in der anschließenden Paneldiskussion standen die Herausforderungen und Strategien im Umgang mit IP-Rechten bei M&A-Transaktionen im Mittelpunkt. Dr. Hannah Bug (Rechtsanwältin, Counsel, Gleiss Lutz) ergänzte die Fachvorträge um wichtige rechtliche Perspektiven: Die IP-Situation der Zielgesellschaft gewinne insbesondere im Rahmen der Due Diligence an Bedeutung. Dabei liege der Fokus auf anhängigen Verletzungsverfahren, der korrekten Registereintragung des Schutzrechtsinhabers sowie der lückenlosen Nachverfolgung der Rechtekette – Letzteres könne insbesondere dann problematisch sein, wenn Schutzrechte aus Joint Ventures oder Kooperationsverträgen hervorgegangen seien.
Aus strategischer Sicht sei zudem häufig zu klären, wie einzelne gewerbliche Schutzrechte im Rahmen der Transaktion zugeordnet werden. Dr. Sebastian Girschick (Rechtsanwalt, Gleiss Lutz) wies darauf hin, dass neben der vollständigen Übertragung von IP-Rechten insbesondere Lizenzmodelle eine zentrale Rolle spielten. Dabei sei jedoch zu beachten, dass Lizenznehmer im Falle einer Insolvenz des Lizenzgebers dem Risiko einer Kündigung durch den Insolvenzverwalter ausgesetzt seien. Zudem könne der Lizenznehmer bei der Durchsetzung von Schutzrechten auf die Mitwirkung des Rechteinhabers angewiesen sein. Aus diesen Gründen sei in der Praxis häufig der Erwerb des Vollrechts – gegebenenfalls mit Rücklizenzierung an den Verkäufer – vorzuziehen. Dieses Vorgehen entspreche laut Dr. Karsten Cremer der gängigen Praxis im Bereich Pharma & Life Science.
Ergänzend wurde die Möglichkeit diskutiert, gewerbliche Schutzrechte in eine Verwertungsgesellschaft einzubringen. Laut Dr. Hannah Bug ist eine solche Auslagerung grundsätzlich denkbar, sollte jedoch im Hinblick auf mögliche steuerliche Auswirkungen sorgfältig geprüft werden.
Das Münchner M&A Forum (MMA) bietet eine unabhängige Plattform für Vorträge und Diskussionen zu aktuellen wirtschaftlichen und rechtlichen Entwicklungen und deren Einfluss auf M&A-Transaktionen. Zum Teilnehmerkreis gehören regelmäßig Vertreterinnen und Vertreter aus Unternehmen, Kanzleien, Beratungen, der Justiz sowie der öffentlichen Verwaltung. Das 30. Münchner M&A Forum fand am 21.05.2025 statt. Mehr zum Veranstaltungsformat erfahren Sie hier.