Gesellschaftsformen und Unternehmensorganisationen
Im deutschen Recht wird zwischen Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften unterschieden. Das folgende Kapitel konzentriert sich auf die Kapitalgesellschaften, da diese die wichtigsten und am stärksten regulierten Unternehmensformen in Deutschland sind.
Kapitalgesellschaften
Kapitalgesellschaften sind juristische Personen, bei denen die Haftung auf das Vermögen der Gesellschaft beschränkt ist – d.h. die Gesellschafter haften nur mit dem, was sie in die Gesellschaft investiert haben. Die gängigsten Rechtsformen von Kapitalgesellschaften sind die Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) und die Aktiengesellschaft (AG). Andere Formen von Kapitalgesellschaften sind die Europäische Aktiengesellschaft (Societas Europaea oder SE) und die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA).
Die KGaA ist eine Kapitalgesellschaft, hat aber auch einige Elemente einer Personengesellschaft.
Personengesellschaften
Personengesellschaften zeichnen sich durch die persönliche Haftung der Gesellschafter aus. Die gängigste Rechtsform der Personengesellschaft ist die Kommanditgesellschaft (KG), bestehend aus Kommanditisten, deren Haftung auf einen bestimmten vereinbarten und im Handelsregister eingetragenen Betrag begrenzt ist, und unbeschränkt haftenden Komplementären. Die Komplementärin kann jedoch die Rechtsform einer Kapitalgesellschaft haben, wodurch ihre Haftung beschränkt wird.
Das deutsche Recht kennt auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) und die Offene Handelsgesellschaft (OHG) mit unbeschränkter Haftung ihrer Gesellschafter.
Quellen für die Anforderungen an die Unternehmensführung
Die wichtigsten Quellen für die Anforderungen an die Unternehmensführung von Kapitalgesellschaften in Deutschland (GmbH, AG, KGaA, SE) sind:
- das deutsche Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG);
- das deutsche Aktiengesetz (AktG);
- die europäischen und deutschen Rechtsakte über SEs (insbesondere die europäische SEVO und das deutsche SEAG);
- das deutsche Handelsgesetzbuch (HGB);
- das Gesetz über die Umwandlung von Unternehmen (UmwG);
- das Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz (WpÜG);
- die Marktmissbrauchsverordnung (MAR); und
- das Wertpapierhandelsgesetz (WpHG).
Darüber hinaus legt der Deutsche Corporate Governance Kodex (DCGK) weitere Regeln für börsennotierte Unternehmen fest, die zwischen Empfehlungen und Anregungen unterscheiden. Im Jahr 2020 hat der DCGK die Kategorie der Grundsätze eingeführt, die den Empfehlungen und Anregungen zu einem bestimmten Themenbereich vorangestellt sind und die Grundlagen des geltenden Rechts umreißen.
In jüngster Zeit wurde der DCGK novelliert, wobei einige ESG-Aspekte sowie die Leitlinien zum internen Controlling als Reaktion auf die neue Gesetzgebung zur finanziellen Integrität konkretisiert wurden.
Darüber hinaus legen auch nichtstaatliche Vorschriften wie die von den Börsen erlassenen Börsenzulassungsregeln Anforderungen an die Corporate Governance fest. Bestimmte Wirtschaftszweige (z.B. Banken) unterliegen weiteren Vorschriften, u.a. in Bezug auf ihre Corporate Governance.
Corporate Governance – Anforderungen für Unternehmen mit öffentlich gehandelten Aktien
Die Aktien einer AG, SE und seltener einer KGaA können an einer Börse notiert sein. Die wichtigste Quelle für die Anforderungen an die Corporate Governance börsennotierter AGs und KGaAs sowie (in geringerem Maße) SEs ist das AktG, da es zwischen Regeln für börsennotierte und nicht börsennotierte Unternehmen unterscheidet. Seine Vorschriften sind zwingend.
Das HGB, das WpHG, das WpÜG, die europäische und die deutsche Wertpapierprospektverordnung (die europäische WPVO und das deutsche WpPG), das Börsengesetz (BörsG) und die MAR sehen weitere zwingende Regelungen u.a. für die Corporate Governance börsennotierter Unternehmen vor.
Zur Förderung eines hohen Corporate-Governance-Standards enthält der DCGK Corporate-Governance-Standards in Form von Empfehlungen und Anregungen für börsennotierte Unternehmen mit einem zweistufigen Corporate-Governance-System; die Regeln des DCGK sollen aber auch von börsennotierten Unternehmen mit einem einstufigen Corporate-Governance-System entsprechend angewendet werden.
Der DCGK wird nicht vom Gesetzgeber, sondern von der Deutschen Corporate Governance Kommission erlassen und ist somit kein Gesetz oder eine Verordnung, sondern „soft law“, so dass die im DCGK gesetzten Standards grundsätzlich freiwillig sind. Den Empfehlungen soll entsprochen werden, andernfalls sind Abweichungen in einer Entsprechenserklärung zu erläutern und offenzulegen (Prinzip „comply or explain“), die jährlich von den zuständigen Corporate Governance Organen der börsennotierten Gesellschaft zu beschließen ist.
Die Entsprechenserklärung ist in die Erklärung zur Unternehmensführung aufzunehmen, die ihrerseits Teil des Lageberichts ist. Die Abgabe der Entsprechenserklärung ist verpflichtend. Abweichungen von Anregungen sind ohne Offenlegung zulässig. In der Praxis bemühen sich börsennotierte Unternehmen um die Einhaltung der im DCGK genannten Standards, insbesondere der Empfehlungen.
Diesen Artikel vollständig lesen (in englisch):
Chambers Global Practice Guides_Corporate Governance 2022_Chapter-Germany
Dieser Artikel wurde zuerst veröffentlicht in: Chambers, Legal Practice Guide Corporate Governance, Juli 2022