Inkongruente Gewinnverteilung
Die Finanzverwaltung kennt inkongruente Gewinnausschüttungen gemäß dem BMF-Schreiben vom 17.12.2013 nur unter zwei Voraussetzungen an. Erstens müssen die inkongruenten Gewinnausschüttungen durch Vereinbarung einer Satzungsregelung zivilrechtlich wirksam bestimmt sein und zweitens darf kein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO vorliegen.
Am 28. September 2022 entschied der BFH zu inkongruenten Vorabgewinnausschüttungen (BFH v. 28.9.22 – VIII R 20/20). Der Sachverhalt des Urteils behandelte einen Fall, bei dem an einer GmbH zu 50% der Kläger, eine natürliche Person, beteiligt war und die verbleibenden 50% an der GmbH durch den Kläger mittelbar über eine weitere T-GmbH gehalten wurden. Der BFH kam zu dem Ergebnis, dass die inkongruente Vorabgewinnausschüttung, welche zu 100% an die T-GmbH und zu 0% an den Kläger erfolgte, steuerlich anzuerkennen sei. Obwohl auf Ebene der ausschüttenden GmbH keine Satzungsregel – wie von der Finanzverwaltung gefordert – vereinbart wurde, sei der sogenannte punktuell satzungsdurchbrechende Beschluss zivilrechtlich wirksam. Aus steuerlicher Sicht ist zu betonen, dass der BFH ausdrücklich eine allgemeine Fremdvergleichsprüfung ausschloss und zudem einen Gestaltungsmissbrauch verneinte. Der BFH legt somit eine hohe Hürde an einen Gestaltungsmissbrauch, der auf Ebene der T-GmbH bestehende Thesaurierungsvorteil (§ 8b KStG) sei ausdrücklich nicht ausreichend. Für die Praxis folgt daraus, dass nur in offensichtlichen Ausnahmefällen ein Gestaltungsmissbrauch vorliegen kann (z.B. bei nahestehenden Personen). Obwohl der BFH trotz fehlender Satzungsregelung die inkongruente Gewinnausschüttung als zivilrechtlich wirksam einordnete und diese daher steuerlich anzuerkennen war, sollte in der Praxis sicherheitshalber weiterhin eine Satzungsregelung vereinbart werden.
Basierend auf dem vorgestellten Urteil lohnt auch ein Blick auf die sogenannten Tracking Shares. Tracking Shares (oder Spartenaktien) sind Anteile, deren Gewinnansprüche an den Erfolg von bestimmten Unternehmenssparten geknüpft sind. Zivilrechtlich seien diese Art von Anteilen nach herrschender Meinung anzuerkennen, steuerlich ist dies jedoch nicht abschließend geklärt. In der Praxis besteht das Risiko, dass die Finanzverwaltung die Kopplung an bestimmte Sparten nicht anerkennt und eine Gewinnverteilung pro rata vorsieht. Die Autoren sind der Auffassung, dass basierend auf der BFH-Rechtsprechung bei zivilrechtlicher Wirksamkeit Tracking Stocks grundsätzlich auch steuerlich anzuerkennen sind.
Ein weiteres wichtiges Thema in diesem Zusammenhang sind disproportionale Veräußerungserlöse. Während dieses Thema bei unterschiedlichen Anteilsklassen klar sein sollte (BFH, v. 16.11.2022 – X R 17/20), besteht Unsicherheit hinsichtlich der steuerlichen Einordnung bei identischen Anteilsklassen. Nach Auffassung der Autoren sind disproportionale Veräußerungserlöse zwischen fremden Dritten bei identischen Anteilsklassen auch steuerlich anzuerkennen, vorausgesetzt, es wird keine andere Leistung vergütet (z.B. Tätigkeitsvergütung Gesellschafter-Geschäftsführer).
Organschaft – Durchführung Ergebnisabführungsvertrag
Mit seiner Entscheidung vom 2. November 2022 (BFH v. 2.11.2022 – I R 37/19) widmete sich der Bundesfinanzhof einem weiteren praxisrelevanten Thema: der Durchführung von Ergebnisabführungsverträgen im Rahmen von ertragsteuerlichen Organschaften vorgestellt, welche insbesondere im Anschluss an Transaktionen regelmäßig begründet werden. Der Sachverhalt behandelte eine typische Organschaftsstruktur (Organträger-GmbH hielt 100% der Organgesellschaft-GmbH). Der Kläger, die Organgesellschaft, erzielte einen Verlust, allerdings wurde keine Forderung auf Verlustübernahme durch den Organträger in dem Jahresabschluss der Organgesellschaft ausgewiesen. Der BFH stimmte der Auffassung des Finanzamtes zu und erkannte die Organschaft mangels tatsächlicher Durchführung des Ergebnisabführungsvertrages nicht an.
In der Praxis sollte daher penibel darauf geachtet werden, dass entsprechende Forderungen und Verbindlichkeiten im Zusammenhang mit der Gewinnabführung bzw. Verlustübernahme zumindest in den Jahresabschlüssen des Organträgers und der Organgesellschaft ausgewiesen werden. Die Frage, wann eine tatsächliche Zahlung bzw. Verrechnung zu erfolgen hat, hat der BFH leider offengelassen. Um Diskussionen mit den Finanzbehörden zu vermeiden, ist die Umwandlung des Gewinnabführungsanspruchs in ein verzinsliches Darlehen durch Novation empfehlenswert.
Avalprovision als Schuldzinsen
In einem dritten Urteil beschäftigte sich der BFH mit der steuerlichen Einordnung von Avalprovisionen als Schuldzinsen (BFH v. 31.08.2022 – X R 15/21). Der BFH hat entschieden, dass Avalprovisionen, soweit die Zweckbestimmung des Avalkredits die Absicherung der Kreditfinanzierung darstellt, als Schuldzinsen im Sinne des § 4 Abs. 4a EStG qualifizieren. Bei der Strukturierung der Finanzierung von Transaktionen ist insbesondere die steuerliche Abzugsfähigkeit von Zinsaufwendungen im Rahmen der Zinsschranke zu beachten. Vor dem Hintergrund dieser Entscheidung fallen voraussichtlich auch Avalprovisionen im Rahmen einer Kreditfinanzierung unter den Zinsbegriff der Zinsschranke (und der gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen) und sind bei der Strukturierung der Finanzierung von Transaktionen besonders zu berücksichtigen.
Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Munich Private Equity Trainings (MUPET) 2023. Ausgewählte Beiträge, Videos und Podcasts zur Veranstaltung finden Sie in unserem MUPET-Archiv. Sie wollen mehr zum Veranstaltungsformat erfahren? Besuchen Sie unsere MUPET-Themenseite.