Die umsatzsteuerliche Behandlung der Verwaltung von Investmentvermögen ist in Deutschland seit jeher unbefriedigend geregelt und seit Jahren Gegenstand von Rechtsstreitigkeiten. Zuletzt hat der Europäische Gerichtshofs („EuGH“) hierzu mit Urteil vom 9. Dezember 2015 (Rs. C-595/13; „Fiscale Eenheid“) entscheiden, dass die Verwaltung von Immobilienfonds, die einer besonderen staatlichen Aufsicht unterliegen, nach Unionsrecht von der Umsatzsteuer zu befreien ist.
Zum 1. Januar 2018 tritt nun eine Neuregelung im Umsatzsteuergesetz in Kraft, mit der der Gesetzgeber ausdrücklich auf die Vorgaben des EuGH in Form einer „punktuellen Erweiterung“ des maßgeblichen Tatbestandes reagiert hat.
Diese Mandanteninformation stellt die wichtigsten Details zur Neuregelung des § 4 Nr. 8 Bst. h UStG („§ 4 Nr. 8 Bst. h UStG n.F.“) und ihre Folgen für die Praxis ab dem 1. Januar 2018 dar.
1. Umsatzsteuerfreiheit der Verwaltung von mit OGAW vergleichbaren AIF
Gemäß § 4 Nr. 8 Bst. h UStG n.F. ist ab dem 1. Januar 2018 die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren („OGAW“) und von mit diesen OGAW vergleichbaren Alternativen Investmentfonds („AIF“) um-satzsteuerfrei.
Der Gesetzgeber hat offen gelassen, welche Arten von AIF konkret den OGAW „vergleichbar“ und damit von dem erweiterten Tatbestand des § 4 Nr. 8 Bst. h UStG n.F. betroffen sein sollen.
In der Gesetzesbegründung werden für Zwecke der erforderlichen Vergleichbarkeit von AIF mit OGAW mehrere Kriterien gefordert, namentlich
- eine vergleichbare besondere staatliche Aufsicht;
- derselbe Anlegerkreis;
- dieselben Wettbewerbsbedingungen;
- Ausgabe von Anteilsrechten an mehrere Anleger;
- Abhängigkeit des Ertrags der Anlage von den Ergebnissen des Verwalters („AIFM“) im Laufe des Zeitraums, in dem die Anteilsinhaber die Anteilsrechte innehaben;
- Anrecht der Anteilsinhaber auf Gewinne des Fonds und auf Gewinn infolge Wertsteigerung des Anteils sowie Belastung des Anteilsinhabers mit dem Risiko aus der Verwaltung des gesammelten Vermögens; und
- Anlage des gesammelten Vermögens nach dem Grundsatz der Risikostreuung.
Dem Vernehmen nach soll die Umsatzsteuerfreiheit der Verwaltung von AIF nach Auffassung der Finanzverwaltung regelmäßig voraussetzen, dass vorstehende Kriterien kumulativ erfüllt sind. Diese Position war jedenfalls in dem Entwurf eines Umsatzsteuer-Anwendungserlasses enthalten, der sich allerdings noch in der Konsultationsphase befindet.
2. Unionsrechtskonforme Auslegung
Unseres Erachtens ist gemäß § 4 Nr. 8 Bst. h UStG n.F. die Verwaltung offener und geschlossener AIF stets bereits dann umsatzsteuerfrei, wenn (und weil) der AIF selbst und/oder der AIFM (Managerregulierung) einer „vergleichbaren besonderen staatlichen Aufsicht“ unterliegen.
Die weiteren vom Gesetzgeber genannten Kriterien einer Vergleichbarkeit von AIF mit OGAW (siehe 1.) dürften einerseits regelmäßig vorliegen, wenn AIF bzw. AIFM einer besonderen staatlichen Aufsicht unterliegen. Zudem verbietet sich unseres Erachtens eine gesonderte Prüfung der weiteren, über das Erfordernis einer „vergleichbaren besonderen staatlichen Auf-sicht“ hinausgehenden Kriterien aus Gründen einer unionsrechtskonformen Auslegung des § 4 Nr. 8 Bst. h UStG n.F. unter Berücksichtigung der Grundlage in Art. 135 Abs. 1 Bst. g der Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) sowie der konkretisierenden Rechtsprechung des EuGH.
Der EuGH verlangte zuletzt in der Rs. „Fiscale Eenheid“ für die Umsatzsteuerbefreiung der Verwaltung von Investmentvermögen (unionsrechtlich „Sondervermögen“) im Kern (nur) eine vergleichbare besondere staatliche Aufsicht. Damit schloss er sich insoweit dem Schlussantrag der Generalanwältin an, in dem diese ausführte, dass Anlagevermögen grundsätzlich wie OGAW von der Steuerbefreiung profitieren müssen, soweit die Mitgliedstaaten für diese eine besondere staatliche Aufsicht vorsehen.
3. Im Einzelnen erfasste AIF
Zieht man das entscheidende Kriterium der „vergleichbaren besonderen staatlichen Aufsicht“ des AIF und/oder des AIFM heran, sprechen unseres Erachtens gute Gründe dafür, dass die Verwaltung sämtlicher AIF gemäß § 4 Nr. 8 Bst. h UStG n.F. umsatzsteuerbefreit ist, deren Verwalter (AIFM)
- der (vollen) Regulierung nach dem KAGB unterliegen;
- nach der EuVECA-VO oder der EuSEF-VO registriert sind; oder
- gemäß § 2 Abs. 4 oder Abs. 5 KAGB regis-triert sind (sog. „kleine“ Spezial-AIFM).
Sämtliche Verwalter im vorstehenden Sinn unterliegen insbesondere gewissen Mindestrege-lungen für eine Zulassung bzw. Registrierung hinsichtlich ihrer Struktur und Geschäftstätigkeit sowie bestimmten Informationsveröffentlichungspflichten und damit im Ergebnis einer tatbestandlich erforderlichen und hinreichenden „besonderen staatlichen Aufsicht“.
4. Fazit und Handlungsempfehlung
Die Verwaltung von AIF durch vorstehend genannte AIFM (siehe 3.) sollte aus den vorgenannten Gründen ab dem 1. Januar 2018 um-satzsteuerfrei sein und die entsprechenden Umsätze der AIFM daher als steuerfreie Umsätze angemeldet werden können.
Aufgrund der verbleibenden Rechtsunsicherheit sollte die genaue Vorgehensweise vorsorglich frühzeitig dem Finanzamt erläutert und/oder mit dem Finanzamt abgestimmt werden.
Für weitergehende Informationen zur Neuregelung des § 4 Nr. 8 Bst. h UStG n.F. sowie zur verfahrensrechtlichen Umsetzung der Umsatzsteuerbefreiung im Einzelfall stehen wir Ihnen gern zur Verfügung.
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