Angesichts der Zinswende im vergangenen Jahr, der stark erhöhten Inflation und der damit einhergehenden Unsicherheiten, insbesondere auf Finanzierungsseite, befand sich der gesamte Private Equity Sektor mit Beginn des Frühsommers 2022 in einer schwierigen Lage. Dies äußerte sich u.a. darin, dass es keine nennenswerten Exits von Portfoliounternehmen gab und der gesamte Markt sowohl auf Beratungs- und Investorenseite, aber auch auf Seiten der Verkäufer, in puncto Anzahl und Volumen der Transaktionen zeitweise nahezu zum Stillstand kam. Nach einem erneut schwachen ersten Quartal 2023 ist seit April jedoch eine leichte Belebung im Markt erkennbar, die sowohl Small-, Mid-, aber auch Large-Cap Transaktionen betrifft.
Finanzierungsumfeld
Die Banken zeigen sich nach Einschätzung von Panelist Johannes Messing (Marlborough Partners) wieder deutlich aufnahmebereiter und es stehe neues Geld bereit, dass seitens der Banken gerne investiert werden soll. Gerade im Large-Cap Bereich gingen vor diesem Hintergrund mittlerweile wieder vermehrt High Yield Transaktionen an den Markt, jedoch sei die Anzahl der Transaktionen insgesamt immer noch vergleichsweise gering. Im Mid Market PE sei die Lage ähnlich verbessert im Vergleich zum Anfang des Jahres, jedoch bedürfe es hier einer intensiveren, durchaus längeren Suche nach Finanzierern im Vergleich zum Large-Cap Bereich.
Aus Sicht von Sebastian Wintgens (Verdane) sind aber auch starke Unterschiede zwischen den einzelnen Industriesektoren zu verzeichnen. Die Finanzierungsmöglichkeiten in nicht-zyklischen Industrien bzw. entsprechende Transaktionen in diesen Branchen seien deutlich günstiger als in zyklischen Bereichen. So hätten es die Bereiche Tech, Healthcare und Business Services deutlich einfacher als Konsumgüterindustriezweige.
All dies ändere jedoch nichts am bestehenden Zinsumfeld, das mit Raten von teilweise 9-10% im Vergleich zum Boom-Jahr 2021 ungleich höher ausfällt. Die Unternehmensbewertungen seien daher weiter unter Druck und ein Gleichgewicht zwischen Käufer- und Verkäuferseite sei noch nicht erreicht. Unausweichlich erscheine daher eine Anpassung der Bewertungen nach unten, da es schlicht keine Finanzierungslücke, sondern eine Bewertungslücke gäbe. Auch hier müsse jedoch differenziert werden, da gerade bei erstklassigen Unternehmen aus dem B2B-Bereich immer noch hohe Bewertungen ausgerufen, angenommen und teilweise durch Prämien noch erhöht werden, während die Preisfindung bei Unternehmen aus der zweiten Reihe zumeist langwierig und zäh sei. Dies sei ein sichtbares Indiz für die nach wie vor auseinanderklaffenden Preisvorstellungen von Käufern und Verkäufern.
Fund Raising
Das Fund Raising bleibt im aktuellen Marktumfeld schwierig. Die Tickets sind kleiner und geringer in der Anzahl, während die Anforderungen an sie steigen. Eine gute Performance einer kapitalsuchenden Einheit über einige Jahre reicht den meisten Kapitalgebern nicht mehr aus. Vielmehr rücken die Themen Marken, Strategie und Kultur in den Fokus der Geldgeber bei der Entscheidung der Mittelvergabe und werden im Vorfeld in einer umfassenden Due Diligence beleuchtet. Insgesamt bildet sich ab, dass kleine Player deutlich größere Schwierigkeiten haben, Fonds zu raisen als die größeren Spieler im Markt, was zum einen durch fehlende Liquidität, aber auch durch unterschiedliche Portfolioallokation, die zu unterschiedlichen Bewertungskorrekturen geführt hat, zu erklären ist.
Die Korrektur in der Bewertung vieler Portfolios vermindert wiederum das „Fixed Income“ vieler Akteure, sodass weniger frisches Geld bereitsteht, das an Private Equity für potentiell neue Investitionen herausgegeben werden kann. Zusätzlich wird beim Fund Raising das Timing immer wichtiger. Insbesondere in Zeiten, in denen neue Fonds mit frischen Geldern ausgestattet werden wollen oder sich auf eine entsprechende Phase hinzubewegen, rückt die Portfoliopflege in den Mittelpunkt, da sich Kapitalgeber mit möglichst attraktiven Assets leichter von einer Investition überzeugen lassen. Auch hier rücken wiederum Marken, Strategie und Kultur in den Fokus der potentiellen Investoren, was kleineren Playern in der Masse zunehmend die Mittelallokation erschwert. Ratsam ist daher eine kontinuierliche Portfoliopflege, zumindest aber das Treffen des richtigen Moments für die Investorenansprache, wenn Portfolio und Zahlen vorzeigbar sind.
Ausblick
Nach Meinung aller Diskussionsteilnehmer ist die Talsohle im Private Equity Sektor nunmehr durchschritten und es ist ein weiterer Anstieg an Transaktionen zu erwarten. Allerdings werde dieser Anstieg weniger explosiv, sondern vielmehr ein behutsames Vortasten sein. Insbesondere öffentliche Übernahmen und P2P’s dürften dabei mittelfristig in den Fokus der Investoren rücken. Die Kernfrage werde jedoch sein, ob die Finanzierung, die zuletzt wieder stabiler geworden ist, stabil bleibt und auch in der Breite wieder wirkt, sodass erst bei Bejahung beider Faktoren von einer Wiederbelebung des gesamten Marktes gesprochen werden könne. Erwartbar sei in jedem Fall, dass die Transaktionen mittelfristig zunehmen. Sehr wahrscheinlich sei aber auch, dass die einzelnen Transaktionen länger dauern werden, da insbesondere Fragen der Preisfindung zu harten und langwierigen Verhandlungen führen werden, sodass schnelle Abschlüsse innerhalb weniger Wochen die Ausnahme darstellen sollten. Am Ende des Tages dürfe ein jeder Beteiligter aber weiterhin auf eine altbekannte Dynamik im Private Equity Markt vertrauen – die PE-Investoren seien zwangsweise über kurz oder lang zum Handeln und damit zum Investieren verdammt, da dauerhafter Stillstand und ein fortdauerndes Abwarten keine der doch für alle Beteiligten so wichtigen Renditen liefern kann.
Dieser Beitrag entstand im Rahmen des Munich Private Equity Trainings am 15. Juni 2023 in München und bezieht sich auf eine Paneldiskussion zum Thema „Aktuelles Marktumfeld für Private Equity Transaktionen“ zwischen Christopher Buhlmann (ParkView Partners), Johannes Messing (Marlborough Partners) und Sebastian Wintgens (Verdane) unter Moderation von POELLATH-Partner Dr. Tim Kaufhold.
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