Bei Käufer-Policen ist der Käufer Versicherungsnehmer, bei Verkäufer-Policen hingegen der Verkäufer. Im Rahmen von Private Equity-Transaktionen werden überwiegend Käufer-Policen abgeschlossen, um die Garantiehaftung des Verkäufers nach dem Unternehmenskaufvertrag möglichst gering zu halten und auch um einen Kaufpreiseinbehalt für die Absicherung von Garantieverletzungen (Escrow) zu vermeiden („clean exit“).
Anfragen nach W&I-Versicherungen haben auch im Jahr 2016 weiter erheblich zugenommen. Aufgrund der zunehmenden Marktdurchdringung werden sich die hohen Wachstumsraten in den kommenden Jahren zwar etwas abschwächen, dennoch ist weiterhin von einem stabilen Wachstum auszugehen; getrieben durch ein verstärktes Interesse strategischer Investoren an dieser Absicherungsmöglichkeit bei Unternehmenskaufverträgen.
Die Panelisten waren sich einig, dass ein sehr niedriges Niveau erreicht sei und nicht mehr viel Spielraum nach unten bestehe. Der Markt sei sehr kompetitiv, insbesondere auch, weil neue Versicherer in den Markt eingestiegen sind. Seitens AIG ging man davon aus, dass die Prämien mittel- bis langfristig stabil bleiben bzw. sich leicht erhöhen könnten. Diese Entwicklung könnte insbesondere durch Schadenregulierungsfälle beeinflusst werden.
Ein wesentlicher Diskussionspunkt sind Policen, die zwar vom Käufer als Käufer-Policen abgeschlossen werden, allerdings zuvor vom Verkäufer initiiert wurden (sogenannte „Stapled Insurance“). Dabei spricht der Verkäufer bereits im Rahmen der Vorbereitung des Verkaufsprozesses einen Versicherungsmakler an und holt über den Makler indikative Angebote (engl. non-binding indications oder „NBI“) für die Versicherung des im Entwurf vorliegenden Kaufvertrages ein. Der Makler fasst diese Angebote in einem NBI-Report zusammen, der in den Datenraum eingestellt wird. Der Käufer wird aufgefordert, auf dieser Grundlage einen Versicherer auszuwählen, um eine W&I-Versicherung abzuschließen. Die Haftung nach dem Kaufvertrag wird entsprechend gering gehalten. Diese Variante wird als „Soft Stapeling“ bezeichnet. Als „Hard Stapeling“ wird ein Verfahren bezeichnet, bei dem der Verkäufer zusammen mit dem Makler einen Versicherer auswählt, mit dem der Versicherungsvertrag und der zu versichernde Garantiekatalog vorbesprochen und strukturiert wird. Im besten Fall wird die Abstimmung mit dem Versicherer so weit vorangetrieben, dass seitens des Versicherers der Kaufvertragsentwurf als solcher vollständig versicherbar ist, und ein vorverhandelter Versicherungsvertrag vorliegt, auf welchen der Käufer bei den folgenden Verhandlungen mit dem Versicherer aufsetzen kann. Diese Variante setzt allerdings Vorarbeit auf Veräußererseite, insbesondere eine vollständige Vendor Due Diligence voraus.
In Bezug auf die Verkäuferhaftung wurde im Rahmen der Diskussion festgestellt, dass sich bei gleichzeitigem Abschluss einer Käufer-Police selbst Unternehmenskaufverträge mit einem vollständigen Ausschluss der Garantiehaftung des Verkäufers versichern lassen. Aus Verkäufersicht wird diese Entwicklung selbstverständlich begrüßt. Die Diskussionsteilnehmer stellten heraus, dass ohne Verkäuferhaftung der Prozess des Abschlusses der Versicherung (sog. Underwriting) erschwert werde, da die entsprechenden Anreizwirkungen bei der Bewertung der Situation in Betracht gezogen werden müssen. Die Diskussionsteilnehmer äußerten sich letztlich skeptisch dieser Entwicklung und bezweifelten deren langfristige Nachhaltigkeit. Letztlich entscheide aber der Markt über die zukünftige Versicherbarkeit derartiger Konstellationen.
Ein weiteres Wachstumsfeld ist der Bereich der bekannten steuerlichen Risiken, für die inzwischen entsprechende Absicherungsmöglichkeiten durch W&I-Versicherungen oder spezielle Steuerpolicen angeboten werden. Im Bereich der steuerlichen Risiken seien den Diskussionsteilnehmern zufolge Entwicklungen zu beobachten, die zu einer weiteren Auflockerung des Akzessorietätsgrundsatzes führen könnten, nach denen die W&I-Police in wesentlichen Punkten grundsätzlich den Regelungen des jeweiligen Kaufvertrags folgt. Die Anwaltsseite betonte, dass die Entwicklung im Rahmen der Schadenregulierung, insbesondere in Bezug auf den Grohe-Fall, vom Markt der Versicherungsnehmer aufmerksam beobachtet wird. Allgemeine Zurückhaltung der Versicherer bei der Schadenregulierung könnte dem Produkt W&I-Versicherung schaden. Auf Versicherer- und Maklerseite wurde davon ausgegangen, dass erhöhte Kosten im Rahmen der Schadenregulierung zu Prämienerhöhungen in der Zukunft führen könnten.
In diesem Zusammenhang konnte der Maklervertreter auf dem Podium über positive Erfahrungen bei der Regulierung von Schadensfällen berichten: Könne ein Versicherungsnehmer den Schaden (insbesondere die Schadenshöhe) gegenüber dem Versicherer ausreichend substantiieren, sei eine außergerichtliche und vollständige Regulierung des Schadens sehr wahrscheinlich. Von Seiten AIG war anzumerken, dass die starke Zunahme des Einsatzes von W&I-Versicherungen zwangsläufig auch einen Anstieg von Schadenfällen zur Folge hat. AIG werte die im Zusammenhang mit der Schadenregulierung gesammelten Erfahrungen im Rahmen einer jährlichen, globalen Schadenstudie (AIG Global M&A Claims Study 2017) aus. Eine Erkenntnis daraus sei, dass es bei etwa jeder fünften W&I-Versicherung zu einer Schadenmeldung komme, wobei zu beachten wäre, dass nicht jeder Schadenmeldung tatsächlich auch ein von der Versicherung gedeckter Schaden zugrunde liege. Eine Analyse der wesentlichen Schadenfälle (Schäden größer 100.000 USD) zeige, dass knapp 55% dieser Schadenfälle zu Auszahlungen in Millionenhöhe geführt hätten. Die durchschnittliche Schadenhöhe für fast 50% der wesentlichen Schäden liege bei 3,5 Mio. USD. Davon führe mit knapp 10% ein erheblicher Anteil zu einer durchschnittlichen Schadenauszahlung in Höhe von 22 Mio. USD. Diese Zahlen bestätigten, dass W&I-Versicherungen einen wichtigen Beitrag zur Minderung des Risikos leisten könnten, insbesondere wenn man bedenke, dass es durchschnittlich bei fast jeder fünften Police zu einer Schadenmeldung komme.