+++ BFH, Urteil vom 16.04.2024, Az.: VIII R 3/21 +++
Von der Auffassung des VIII. Senats profitieren insbesondere private Anleger von vermögensverwaltenden Fonds, da das Werbungskostenabzugsverbot nach § 20 Abs. 9 EStG nicht greift. Das Urteil bestätigt aber einmal mehr die grundsätzliche Anerkennung kapital-disproportionaler Gewinnverteilungsabreden, was im Einklang mit der Rechtsprechung des BFH zu der Behandlung des Carried Interest aus gewerblichen Fonds steht.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Carried Interest ist als Teil einer kapital-disproportionalen Gewinnverteilungsabrede auf Ebene der Fonds-Personengesellschaft steuerlich anzuerkennen und stellt somit einen Gewinnanteil dar.
- Die Vorschrift des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG, wonach Carried Interest aus vermögensverwaltenden Fonds auf Ebene des Carry-Berechtigten in Einkünfte aus selbständiger Arbeit umqualifiziert wird, sowie § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO ändern nichts an der steuerlichen Anerkennung der Gewinnverteilung auf Ebene des Fonds.
- Bei vermögensverwaltenden Fonds unterliegt der Carried Interest bei privaten Anlegern somit nicht dem Werbungskostenabzugsverbot nach § 20 Abs. 9 EStG.
- Auf Carried Interest aus gewerblichen Fonds sollte das Teileinkünfteverfahren bzw. § 8b KStG grundsätzlich anwendbar sein.
Darum geht es
Gegenstand des Verfahrens war die Gewinnverteilung eines Private Equity Fonds in der Form einer Limited Partnership, der aus deutscher steuerlicher Sicht als vermögensverwaltende Personengesellschaft zu behandeln war.
Die Gewinne des Fonds wurden zunächst allen Gesellschaftern im Verhältnis ihrer Kapitalzusagen zugewiesen, bis diese ihre Kapitaleinzahlungen zurückerhalten haben. Von dem danach verbleibenden Gewinn wurde – unter Berücksichtigung einer marktüblichen Vorzugsrendite und eines Catch-Ups – ein Betrag von 30% den Initiatoren über eine Carry-Gesellschaft und der restliche Gewinn den Investoren im Verhältnis ihrer Kapitalzusagen zugewiesen.
Die Finanzverwaltung lehnte eine Behandlung des Carried Interest als Gewinnanteil ab und argumentierte, dass der Carried Interest eine Tätigkeitsvergütung der Initiatoren darstelle, die von den Investoren geschuldet sei und im Rahmen eines abgekürzten Zahlungswegs direkt an die Initiatoren gezahlt werden würde. In der Folge behandelte die Finanzverwaltung den Carried Interest als Werbungskosten, die allerdings nur in begrenztem Umfang abziehbar waren (§ 20 Abs. 9 EStG).
Die Entscheidung des BFH
Der BFH verwies die Sache aus verfahrensrechtlichen Gründen zurück an das FG München. Dabei stellte der BFH jedoch inhaltlich fest, dass das FG zunächst zu bestätigen hat, ob es sich bei den Vereinbarungen um eine Gewinnverteilungsabrede oder eine Tätigkeitsvergütung handelt. Da der Carried Interest handelsrechtlich weder als Aufwand behandelt wird noch erfolgsunabhängig ist, steht zu erwarten, dass das FG seine Auffassung bestätigen wird, dass keine Tätigkeitsvergütung vorliegt. In diesem Fall sei die zivilrechtlich wirksame Gewinnverteilung nach dem BFH grundsätzlich auch steuerlich anzuerkennen, da ein natürlicher Interessengegensatz der Gesellschafter besteht und der Carried Interest für die Erbringung immaterieller Gesellschafterbeiträge eingeräumt wird.
Nach Ansicht des BFH geht eine solche Gewinnverteilungsabrede auch der Bruchteilsbetrachtung nach § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO vor. Auch § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG ändert nichts an der steuerlichen Anerkennung der Gewinnverteilung, da bereits aus dem Wortlaut der Norm hervorgeht, dass der Carried Interest ein Gewinnanteil ist, den die Initiatoren für die Erbringung der immateriellen Gesellschafterbeiträge erhalten. Die Vorschrift ordnet lediglich an, dass der Gewinnanteil auf Ebene des Carry-Berechtigten bei den Einkünften aus selbständiger Arbeit zu erfassen ist, wenn es sich um einen vermögensverwaltenden Fonds handelt. Schließlich lässt auch der Normzweck keinen anderen Schluss zu, da § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG eingeführt wurde, um eine sachgerechte Besteuerung des Carried Interest zu ermöglichen.
Einordnung
Auch wenn das Verfahren VIII R 3/21 an das FG München zurückverwiesen wurde, beinhaltet das Urteil erfreulich klare Aussagen zur steuerlichen Behandlung des Carried Interest. Bei vermögensverwaltenden Fonds bedeutet die Anerkennung des Carried Interest als Gewinnverteilungsabrede, dass für private Anleger die Einkünfte aus Kapitalvermögen nach Abzug des Carried Interest zu versteuern sind.
Darüber hinaus führt die Bestätigung des Gewinncharakters des Carried Interest und die Fortführung der Rechtsprechungsgrundsätze aus dem Urteil vom 11. Dezember 2018 (VIII R 11/16) dazu, dass Carried Interest aus gewerblichen Fonds grundsätzlich dem Teileinkünfteverfahren bzw. § 8b KStG unterliegen sollte.
Beide Verfahren, die aus verfahrensrechtlichen Gründen zurückverwiesen wurden, müssen von den zuständigen Finanzgerichten abgeschlossen werden und es muss abgewartet werden, wie die Finanzverwaltung auf die Urteile reagiert, insbesondere, ob die beiden BFH-Urteile im Bundessteuerblatt Teil II veröffentlicht und damit die entsprechenden Rechtsgrundsätze über den entschiedenen Einzelfall hinaus für allgemein anwendbar erklärt werden.