
Den Impuls für die Diskussion gab Amos Veith, Partner bei P+P Pöllath + Partners, der das grundlegende System des Carried Interests erläuterte, die Gesetzeshistorie der Besteuerung darstellte, auf fortwährende Probleme bei der Auslegung dieser Gesetzgebung hinwies und in aufsichtsrechtliche Fragestellungen einführte. Beim Carried Interest (kurz „Carry“ genannt) handele es sich um eine besondere Ergebnisbeteiligung für das Fondsmanagement. Private Equity-Fonds seien in der Regel als Personengesellschaften strukturiert, in Deutschland regelmäßig als GmbH & Co. KG, an denen neben den Investoren auch die Initiatoren des Fonds (ggf. über Beteiligungsgesellschaften) beteiligt sind. Während sich der Beitrag der Investoren auf die Überlassung von Kapital beschränke, mit dem der Fonds seine Investments und laufenden Kosten finanziert, bestünden wesentliche Beiträge der Initiatoren und des Management-Teams darin, die laufenden Geschäfte des Fonds zu führen und weitere immaterielle Gesellschafterbeiträge in Form von Know-How, Branchenkenntnis und Netzwerk gegenüber dem Fonds zu erbringen.
Die laufende Geschäftsführung der Management-Gesellschaft werde meist durch eine feste laufende Ergebnisbeteiligung oder Vergütung, die sog. Management Fee, abgegolten. Die Initiatoren, die typischerweise zumindest teilweise mit dem Management-Team personenidentisch seien, erhielten regelmäßig einen nicht kapitalmäßig unterlegten Ergebnisanteil, den Carry. Dieser bestünde z.B. in Höhe von 20 Prozent der Gesamtgewinne aus dem Fonds nach Erreichen einer Vollrückzahlung einschließlich Vorzugsrendite.
„Carry-Gesetzgebung“
Die steuerliche Behandlung des Carry sei Gegenstand langjähriger Diskussionen, die in die sog. „Carry-Gesetzgebung“ mündeten. Ursprünglich habe Unsicherheit bestanden, ob der Carry als Ergebnisanteil zu qualifizieren sei und somit das steuerliche Schicksal der zugrundeliegenden Erträge teile (z.B. im Fall von anteiligen Veräußerungsgewinnen bis zur Einführung des Besteuerungstatbestandes auf Veräußerung von unter 1%-Beteiligungen in § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 EStG regelmäßig mit der Folge der Steuerfreiheit) oder ob der Carry in ein Entgelt für einen Leistungsaustausch, d.h. in eine erfolgsabhängige Tätigkeitsvergütung umzuqualifizieren sei und damit im Ergebnis der vollen Besteuerung unterliege.
Aufgrund des BMF-Schreibens zur einkommensteuerlichen Behandlung von Venture Capital- und Private Equity-Fonds aus Dezember 2003 (sog. PE-Erlass) seien derartige, nicht kapitalmäßig unterlegte Ergebnisanteile (Carry) als voll steuerpflichtige Tätigkeitsvergütungen qualifiziert worden. Dieses Besteuerungsregime weiche jedoch von der steuerlichen Behandlung des Carry in den meisten anderen Fonds-Jurisdiktionen ab, sodass die Frage aufgekommen sei, ob Deutschland insoweit noch wettbewerbsfähig ist. Daher sei 2004 im Rahmen des Gesetzes zur Förderung von Wagniskapital mit dem § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG ein neuer Gesetzestatbestand zur Qualifizierung des Carry geschaffen worden. Durch diese Regelung sei der Carry im Ergebnis als Teil der Einkünfte aus selbstständiger Arbeit eingeordnet worden. Auf Rechtsfolgenseite aber sei mit dem ebenfalls neu eingefügten § 3 Nr. 40a EStG eine steuerliche Privilegierung dahingehend geschaffen worden, dass der Carry zunächst nur hälftig bzw. nunmehr zu 60% (sog. Halb- bzw. Teileinkünfteverfahren) der Besteuerung unterliege. Insgesamt erscheine die Regelung damit eher als – durchaus „vernünftiger“ – politischer Kompromiss, denn als Ausdruck steuerlicher Dogmatik.
Unsicherheiten bei Anwendung und Auslegung
Bezüglich der Anwendung und Auslegung des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG bestünden fortwährend Unsicherheiten, denen sich das Panel sodann unter Heranziehung verschiedener juristischer Auslegungsmethoden näherte.

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Nach Heinrich Weber-Grellet (ehem. Vorsitzender Richter am Bundesfinanzhof) beruhe die Konzeption des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG i.V.m. § 3 Nr. 40a EStG auf drei Grundannahmen: (i) der Carry sei immer Ergebnisanteil, (ii) die Ergebnisverteilung in diesen Konstellationen sei naturgemäß immer disproportional und (iii) nur soweit die Voraussetzungen des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG vorliegen, führe der Carry zu Einkünften [aus selbstständiger Arbeit] nach dieser Vorschrift und unterliege dem Teileinkünfteverfahren nach § 3 Nr. 40a EStG. Dabei seien die Tatbestandsmerkmale restriktiv auszulegen. Gemäß dem Wortlaut sei § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG nur auf Beteiligungen an einer vermögensverwaltenden Gesellschaft anwendbar.
Soweit es sich um eine Beteiligung an einer nicht vermögensverwaltenden, sondern gewerblichen Gesellschaft (unabhängig ob gewerblich tätig, geprägt oder infiziert) oder Kapitalgesellschaft handelt, komme § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG nicht zur Anwendung. Die anderen beiden Grundannahmen (i) und (ii) blieben dessen ungeachtet in jedem Fall bestehen. Der Ausschluss des § 15 Abs. 3 EStG nach § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG a.E. beziehe sich lediglich auf den sog. Carry-Holder. Daraus schlussfolgerte P+P-Partner Andreas Rodin, dass in diesen Fällen zwar § 18 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 3 Nr. 40a nicht anwendbar sei, im Ergebnis aber (stattdessen) das Teileinkünfteverfahren gemäß § 3 Nr. 40 EStG zur Anwendung kommen müsse, soweit anteilig Dividenden und Veräußerungsgewinne auf die sog. Carry-Holder entfielen.
Weber-Grellet meinte, die im PE-Erlass manifestierte Verwaltungsauffassung, bei dem Carry handele es sich um eine Art der Ergebnisverwendung des Fonds (entgeltliche Tätigkeitsvergütung an die Carry-Holder) mit der Folge von entsprechendem Aufwand auf Ebene des Fonds, sei durch die Gesetzesänderung aus 2004 überholt. Aus der Neureglung ergebe sich, dass der Carry dem Grunde nach als besonderer Ergebnisanteil (Ergebnisverteilung) anzuerkennen sei. Der PE-Erlass sei in der Konsequenz nur noch im Rahmen der Einkünftequalifikation auf Fondsebene für Zwecke der Abgrenzung von Vermögensverwaltung und Gewerblichkeit anwendbar.
Probleme in der Praxis bereite auch die Voraussetzung des § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG, wonach der Vergütungsanspruch unter der Voraussetzung eingeräumt worden sein muss, dass die Gesellschafter oder Gemeinschafter ihr eingezahltes Kapital vollständig zurückerhalten haben, wie Peter Bujotzek, Partner bei P+P Pöllath + Partners erläuterte. Dies sei weniger im europäischen Kontext problematisch, da der Carry regelmäßig unter der Voraussetzung eingeräumt werde, dass die Investoren das insgesamt eingezahlte Kapital zurück- und typischerweise auch eine Vorzugsrendite darauf erhalten haben (sog. Wasserfallmodell). Dieses europäische „fund as a whole“-Modell trage zudem den aufsichtsrechtlichen Anforderungen Rechnung. Allerdings gebe es, insbesondere bei US-amerikanischen Fonds, sog. Deal-by-Deal-Strukturen, bei denen der Carry zunächst pro Deal abgerechnet werde und bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise erst am Ende der Fondslaufzeit eine Gesamtabrechnung vorliege. Nach Weber-Grellet komme der Gedanke einer risikobehafteten Tätigkeitsvergütung jedoch nur dann zum Tragen, wenn zuvor allen Investoren das gesamte Kapital tatsächlich zurückgezahlt worden sei.
Aufsichtsrechtliche Fragestellungen
Im zweiten Teil der Gesprächsrunde wurden aufsichtsrechtliche Fragestellungen diskutiert. Im Zuge der Finanzmarktkrise seien auf EU-Ebene auch zunehmende Regulierungstendenzen hinsichtlich der Managervergütung aufgekommen. Mit der Zielsetzung den Anlegerschutz zu verbessern und die Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte sicherzustellen, sei mit Anhang II der AIFM-Richtlinie (sog. Level-II-VO) und den Leitlinien der ESMA für solide Vergütungspolitiken unter Berücksichtigung der AIFM-Richtlinie ein umfangreiches Regelwerk zur Ausgestaltung von Managervergütungssystemen auf EU-Ebene geschaffen worden. Die BaFin habe von der in § 37 KAGB verankerten Ermächtigung der Umsetzung in nationales Recht durch Rechtsverordnung bislang keinen Gebrauch gemacht, sondern richte sich nach den europäischen Vorgaben. Anwendung fänden die Regelungen nur auf voll-lizenzierte und nicht auf die „kleinen“ (nur registrierten) AIF-Manager. Den vorgenannten aufsichtsrechtlichen Anforderungen sei Genüge getan, wenn zuerst das gesamte von den Anlegern eingebrachte Kapital zurückgezahlt und ggf. eine vorab festgelegte Mindestverzinsung erreicht wurde, sowie die Vergütung einer Rückforderungsvereinbarung unterliege.
Ein den Regelungen anhaftendes Problem sei jedoch nach Esther Wandel (Referatsleiterin im Bundesfinanzministerium) der Versuch, ein Rahmenwerk für die Manager jeglicher Alternativer Investmentfonds zu schaffen und deren Spezifitäten durch Differenzierungen in bestimmten Bereichen gerecht zu werden. Ob es Neuregelungen geben werde, werde von der Bestandsaufnahme durch die Europäische Kommission abhängen. Nach Wandel müssten dabei insbesondere die Aspekte der Proportionalität, Differenzierung und Zielgenauigkeit der Regelungen weiter verfolgt werden. Soweit es Neuregelungen geben werde, sei dies wieder auf EU-Ebene zu erwarten.