Den Auftakt machte Prof. Dr. Katharina Uffmann von der Ruhr-Universität Bochum. Sie sprach zur unternehmerischen Mitbestimmung im europarechtlichen Kontext. Im Mittelpunkt stand das Erzberger/TUI-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), in dem es um die Unionsrechtskonformität der deutschen Regelungen zur Wahl der Arbeitnehmervertreter mitbestimmter Aufsichtsräte ging. Der EuGH bejahte diese – und verpasste damit nach Ansicht von Professor Uffmann die Möglichkeit, einen Impuls für die Reformierung der Mitbestimmungsregeln und ihre Annäherung an supranationale Rechtsformen zu setzen. Die nationale Ausrichtung der Mitbestimmung sei unter Governance-Gesichtspunkten kritikwürdig und wenig zeitgemäß.
SE wird zunehmend beliebter
Im Anschluss referierte Dr. Eva Nase von P+P zu Gestaltungsmöglichkeiten der Mitbestimmung unter besonderer Berücksichtigung der Europäischen Aktiengesellschaft (SE). Oftmals lasse sich durch den Weg in eine SE die Mitbestimmung auf dem aktuellen Niveau festschreiben („einfrieren“). Bei bereits zuvor paritätisch mitbestimmten Gesellschaften könne zumindest eine Verkleinerung des Aufsichtsrats durch einen Formwechsel in oder eine Verschmelzung auf eine SE erreicht werden. Zunehmender Beliebtheit würden sich vor allem bei familiendominierten Unternehmen zudem auf den ersten Blick komplexere Gestaltungsformen wie die SE & Co. KG und die SE & Co. KGaA erfreuen.
Die jüngsten Entwicklungen der Corporate Governance-Praxis börsennotierter Unternehmen, insbesondere auch im Hinblick auf die Neufassung des Deutschen Corporate Governance Kodex, stellte P+P-Partner Dr. Wolfgang Grobecker vor. Dabei ging es u.a. um eine Beurteilung der auf (noch) mehr Transparenz ausgerichteten Corporate Governance-Vorschriften – etwa durch die neue Empfehlung zur Offenlegung eines Compliance Management Systems – sowie neue Regeln für die Zusammensetzung des Aufsichtsrats. Erstmalig regt der Kodex auch an, dass der Aufsichtsratsvorsitzende dazu bereit sein sollte, mit Investoren über aufsichtsratsspezifische Themen Gespräche zu führen. Die diesbezügliche Praxis sei jedoch noch sehr unterschiedlich.
Vorbild Schweden?
Hieran knüpfte Dr. Eckhard Cordes von EMERAM Capital Partners an, der aus einer langjährigen Vorstands- und Aufsichtsratstätigkeit schöpfend die aus seiner Sicht wichtigsten Aspekte effizienter Corporate Governance erläuterte. Neben der Berücksichtigung der Eigentümerstruktur und der Mitbestimmungssituation bei der Ausrichtung der Corporate Governance sei es vor allem wichtig, das Verständnis des Aufsichtsrats für das operative Geschäft zu fördern und auf diese Weise seine Beurteilungskompetenz zu stärken. Lobend berichtete er von der Corporate Governance-Kultur in Schweden, wo eine zeitlich deutliche intensivere Befassung der Kontrolleure selbstverständlich sei, was sich etwa in einer höheren Sitzungsfrequenz und -dauer äußere. Die schwedische Corporate Governance-Praxis könne interessante Denkanstöße auch für die deutsche Praxis liefern.