
Eines ist klar: Der Staat allein wird diese Zukunftsaufgaben nicht stemmen können. Ohne privates Kapital wird es keine ausreichenden Investitionen in Innovation, Wettbewerbsfähigkeit und Transformation geben. Genau darum geht es in dem von Dr. Ingo Krocke und mir herausgegebenen Buch „Das Neue Kapital – Unsere Chance für Deutschlands nächstes Wirtschaftswunder“. Wir stellen die Frage, wie privates Beteiligungskapital zur treibenden Kraft des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Wandels werden kann.
Privates Kapital als Partner der Unternehmen
Beteiligungskapital ist längst ein unverzichtbarer Bestandteil der deutschen Wirtschaft. Es finanziert junge Technologieunternehmen, begleitet Mittelständler bei Nachfolge und Wachstum und trägt dazu bei, Strukturen zu modernisieren. Laut BVK-Halbjahresstatistik wurden im ersten Halbjahr 2025 rund 5,68 Milliarden Euro an Beteiligungskapital investiert – etwa zehn Prozent weniger als erwartet. Das zeigt: Kapital ist vorhanden, doch die Rahmenbedingungen bremsen.
Dabei steht der Mittelstand vor einer gewaltigen Herausforderung: Bis Ende 2025 suchen rund 215.000 Unternehmen eine Nachfolgelösung. Für viele Betriebe ist der Einstieg eines Investors längst Voraussetzung, um Fortbestand, Transformation und Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.
Unsere Gespräche mit Mitgliedsunternehmen bestätigen: Investoren sind heute keine nette Option mehr, sondern oft unabdingbare Partner – bei Nachfolge, Digitalisierung oder internationalem Wachstum. Entscheidend ist, dass Kapitalgeber nicht nur finanzieren, sondern verstehen, begleiten und gemeinsam mit dem Unternehmen wachsen.
Wettbewerbsbedingungen verbessern
Während andere europäische Länder wie Frankreich, die Niederlande oder Skandinavien steuerlich und regulatorisch längst attraktivere Bedingungen geschaffen haben, kämpft Deutschland weiter mit strukturellen Nachteilen.
Wenn privates Kapital mobilisiert werden soll, braucht es weniger Bürokratie, mehr Investitionsfreiheit für institutionelle Anleger und eine Steuerpolitik, die Wachstum statt Komplexität fördert. Wir müssen Kapitalstandort und Innovationsstandort endlich zusammendenken.
Politik und Kapitalmarkt müssen an einem Strang ziehen, um privates Engagement zu erleichtern und Wachstum im Land zu halten. Nur so können wir im globalen Wettbewerb mit Asien und den USA bestehen.
Kapital mit Verantwortung
In „Das Neue Kapital“ kommen zwölf führende Stimmen aus Wirtschaft, Wissenschaft und Finanzwelt zu Wort – darunter KfW-Chef Stefan Wintels, Danijel Višević, Hendrik Brandis und Andreas Nilsson. Sie zeigen, wie privates Kapital in ganz unterschiedlichen Bereichen wirkt – von ClimateTech und Deep Tech bis zu Nachfolge und Impact Investing.
Beteiligungskapital ist mehr als Finanzierung. Es steht für Verantwortung, Unternehmertum und den Willen, langfristig zu gestalten. Es ist Verantwortungskapital – Kapital, das Innovation ermöglicht, Arbeitsplätze sichert und Transformation finanziert.
Ein gemeinsamer Auftrag
Deutschland braucht eine Kapitalpolitik, die Chancen schafft und privates Engagement fördert. Beteiligungskapital kann ein zentraler Motor für Innovation, Beschäftigung und Standortstärke werden – wenn die politischen und regulatorischen Voraussetzungen stimmen.
Jetzt gilt es, das Momentum zu nutzen: Wenn Politik, Wirtschaft und Investoren gemeinsam handeln, kann privates Kapital zur treibenden Kraft eines neuen Wirtschaftswunders werden. Deutschland braucht mehr Beteiligung – und weniger Bedenken.
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Ulrike Hinrichs ist Vorstandssprecherin und führt seit 2011 den BVK (Bundesverband Beteiligungskapital) als geschäftsführendes Vorstandsmitglied. Sie ist u.a. Jury-Mitglied des staatlichen Förderprogramms Exist im BMWK und Mitglied im Beirat des Verbandes Deutscher Bürgschaftsbanken. Ulrike Hinrichs ist außerdem Mitglied des Beirats der KfW Capital.
