Fachtagungen zu Restrukturierungsthemen haben die als Paukenschlag wahrgenommene Entscheidung des BFH zum Sanierungserlass in diesem Jahr bereits häufig thematisiert. Der Große Senat des BFH entschied am 28. November 2016 (GrS 1/15), dass die im Sanierungserlass des BMF vorgesehene Steuerbegünstigung von Sanierungsgewinnen gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verstößt und daher nicht weiter anzuwenden ist. Die Entscheidung ist von grundlegender Bedeutung für die Besteuerung von Unternehmen in der Restrukturierung.
Seit der Veröffentlichung der Entscheidung im Februar 2017 herrschte Unsicherheit über den künftigen Umgang mit Sanierungsgewinnen. Inzwischen hat der Gesetzgeber darauf reagiert. Der Bundestag hat einen Gesetzesentwurf verabschiedet.
Der Markt hatte auf die Entscheidung des BFH reagiert, indem bei der Sanierung von Unternehmen aufgrund der bestehenden Unsicherheit wieder stärker auf die Übertragungslösung als auf Insolvenzplanverfahren zurückgegriffen wird. Fraglich ist, ob die nun geplante gesetzliche Neuregelung der Branche die Unsicherheiten nimmt.
In der Darstellung der historischen Entwicklung der steuerlichen Behandlung von Sanierungsgewinnen zeigte Prof. Desens auf, dass Sanierungsgewinne – auf verschiedene Art und Weise – bereits seit 1927 steuerlich begünstigt waren. Er stellte die vom Bundestag am 27. April 2017 beschlossene gesetzliche Neuregelung in § 3a EStG vor, die rückwirkend zum 8. August 2017 in Kraft treten soll, sofern die EU-Kommission die beihilferechtliche Genehmigung erteilt.
Gesetzliche Neuregelung
Die gesetzliche Neuregelung in § 3a EStG sieht vor, dass der Sanierungsertrag unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei ist. In § 3a Abs. 2 EStG ist vorgesehen, dass der Steuerpflichtige zur Erlangung der Steuerbefreiung die unternehmensbezogene Sanierung nachzuweisen hat und hierzu u.a. die Sanierungsfähigkeit und Sanierungseignung des Unternehmens darlegen muss. Nach Ansicht von Prof. Desens begründet diese Nachweispflicht ein faktisches Wahlrecht des Steuerpflichtigen, ob er die Steuerfreiheit des Sanierungsertrags tatsächlich in Anspruch nimmt oder darauf verzichtet. Mit einem Verzicht auf die Steuerbefreiung könnte der Steuerpflichtige für ihn negative Folgen der Steuerbefreiung aushebeln, wie etwa den sehr weitreichend angeordneten Verbrauch von Verlusten und Verlustvorträgen.
Durch den vorgesehenen interpersonellen Verbrauch von Verlusten und Verlustvorträgen ergibt sich bei Transaktionen ein steuerliches Risiko für den seine Organgesellschaft veräußernden Organträger auch außerhalb von Insolvenzsituationen.
Zur Vermeidung des Missbrauchs der neuen Regelung sollen auch Mutterunternehmen mit ihren Verlustvorträgen für die von der Steuer freigestellten Sanierungsgewinne eines (ehemaligen) Tochterunternehmens für einen Zeitraum von fünf Jahren nach Veräußerung der Gesellschaft haften. Weil die gesetzliche Neuregelung im Falle ihres Inkrafttretens rückwirkend in Kraft treten wird, könnten von diesem Risiko auch bereits laufende Transaktionen betroffen sein.
Prof. Desens wagte die zuversichtliche Prognose, dass die EU-Kommission die beihilferechtliche Genehmigung erteilen wird.
Politischer Ausblick – Hessischer Finanzminister auf der FIMA zum Sanierungssteuerrecht
Dr. Thomas Schäfer gab anschließend einige politische Einblicke zum Ablauf und zum aktuellen Stand des Verfahrens. Er rechne erst im Jahr 2018 mit der Zustimmung durch die EU. Zunächst sei noch ein umfangreicher Fragenkatalog der EU-Kommission durch das BMF abzuarbeiten. Er erwarte, dass die EU-Kommission die beihilferechtliche Genehmigung erteilen wird.
Fazit
Der Vorschlag des kodifizierten Sanierungserlasses wird grundsätzlich als positiv betrachtet. Die Regelung schaffe Rechtssicherheit und bringe eine erhebliche praktische Vereinfachung mit sich, da v.a. auch die gewerbesteuerlichen Fragen geregelt würden.