Nach allgemeiner Meinung trüben sich die Konjunkturaussichten in Deutschland langsam ein. Viele Unternehmer bereiten sich daher nach mehr als zehn guten Jahren auf härtere Zeiten vor. In welchem Ausmaß die Vorhersagen über eine Rezession am Ende wirklich zutreffen werden und was das für die deutsche Wirtschaft bedeutet, lässt sich derzeit noch nicht absehen. Bekannt ist jedoch, dass sich wirtschaftlich harte Zeiten oftmals auch auf das Privatleben von Unternehmern auswirken, da sich der wirtschaftliche Druck häufig auf das Familiäre überträgt. Dementsprechend ist es nicht überraschend, dass die Scheidungsrate in Krisenzeiten sprunghaft ansteigt. Insbesondere vor diesem Hintergrund sollten sich Unternehmer – egal ob sie noch vor der Eheschließung stehen oder bereits verheiratet sind – ganz ehrlich und sachlich mit der Frage auseinandersetzen, ob sie für den Fall einer etwaigen Scheidung ihrer „Unternehmer-Ehe“ wirtschaftlich gut aufgestellt sind.
Beim Thema „Ehe und Scheidung“ haben es Unternehmer deutlich schwerer als angestellte Manager. Schließlich leben Unternehmer in einem dauerhaften Spannungsverhältnis zwischen dem Beruflichen und dem Privaten. Sie sind nicht zuletzt aus Verantwortung für ihre Mitarbeiter und deren Familien dazu gezwungen, sich bereits vor ihrer Hochzeit Gedanken über das etwaige Scheitern ihrer Ehe zu machen. Das erscheint auf den ersten Blick abgeklärt und unromantisch, ist aber schlichtweg der besonderen Situation des Unternehmers geschuldet. Und angesichts der Scheidungswirklichkeit in Deutschland sollte auch niemand die Augen vor diesem Thema verschließen. Oftmals bringt der andere Ehegatte sogar Verständnis dafür auf, dass der Unternehmer dieses Thema geklärt haben möchte. Daher sollte jeder Unternehmer über den eigenen Schatten springen und das Thema Ehevertrag offen mit seinem (künftigen) Ehegatten diskutieren.
Ehe-Aus als wirtschaftliches Risiko
Ein Unternehmer ist aus familienrechtlicher Sicht deutlich angreifbarer als ein Angestellter. So droht im Scheidungsfall nach dem Gesetz ein Ausgleich des während der Ehe entstandenen Wertzuwachses eines Unternehmens in bar (!). Das kann für den Unternehmer ganz erhebliche Liquiditätsprobleme zur Folge haben, da sein Vermögen üblicherweise überwiegend im Unternehmen gebunden ist. Insbesondere wenn in Krisenzeiten die Liquidität abnimmt, kann die Begleichung des Zugewinnausgleichsanspruchs den Unternehmer wirtschaftlich in die Ecke drängen. Im schlimmsten Fall muss er womöglich sogar über Notverkäufe nachdenken, um die zur Begleichung des Zugewinnausgleichsanspruchs erforderliche Liquidität herzustellen.
Vor diesem Hintergrund erscheint es in den meisten Fällen sachgerecht, das Unternehmen durch Ehevertrag aus dem Vermögensausgleich zwischen den Ehegatten herauszunehmen und eine Versorgung des anderen Ehegatten vielmehr auf andere Weise (z. B. Unterhalt) sicherzustellen. Auch maßgeschneiderte Regelungen, wonach eine Begleichung des Zugewinnausgleichsanspruchs in bestimmten Sachwerten oder in Raten zulässig ist oder der Zugewinnausgleichsanspruch der Höhe nach auf einen bestimmten Betrag beschränkt wird, sind denkbar. Dabei kann für den Todesfall auch etwas anderes geregelt werden als für den Scheidungsfall.
Hat ein Unternehmer die Ehe geschlossen, ohne sich um das Thema Ehevertrag zu kümmern, kann das Thema auch später noch aufgegriffen werden. Der Abschluss eines Ehevertrages ist jederzeit möglich, auch noch nach Eingehung der Ehe. Dabei sei jedoch darauf hingewiesen, dass der nachträgliche Wunsch nach Abschluss eines Ehevertrages psychologisch regelmäßig schwieriger zu kommunizieren sein wird. Denn der andere Ehegatte mag sich in dieser Situation durchaus die Frage stellen, wieso das Thema nun angesprochen wird. Das kann eine gewisse Unruhe hervorrufen und womöglich Argwohn schüren. In diesem Stadium ist daher besonders viel Fingerspitzengefühl gefragt, wenn sich der andere Ehegatte durch die Forderung nach Abschluss eines Ehevertrages nicht verletzt fühlen soll.
In Fällen, in denen die Ehe nach dem Gefühl der Ehegatten bereits emotional gescheitert und die Scheidung daher über kurz oder lang unausweichlich ist, kann der Abschluss eines Ehevertrages in Form einer sogenannten „Scheidungsfolgenvereinbarung“ sinnvoll sein. So können die wirtschaftlichen Eckpunkte der Scheidung wie in einer wirtschaftlichen Transaktion systematisch abgearbeitet werden. Dies betrifft insbesondere gesellschaftsrechtliche und steuerliche Sonderthemen. Insgesamt kann der Abschluss einer Scheidungsfolgenvereinbarung dazu beitragen, den Druck aus dem emotional belastenden Scheidungsverfahren zu nehmen. Der grundsätzlich obligatorische Gerichtstermin der Ehegatten wird durch die Vereinbarung zur bloßen Formalität.
Besondere Komplexität bekommt die Scheidung, wenn die Familie international aufgestellt ist. In diesem Fall stellt sich etwa die Frage, in welchem Staat der Scheidungsantrag gestellt werden sollte. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die ausländischen Regelungen zu Unterhalt, Zugewinnausgleich und Wirksamkeit von Eheverträgen womöglich anders ausfallen – hier bestehen teils große Unterschiede zwischen den verschiedenen Rechtsordnungen. Diese Aspekte im Einzelfall zu ermitteln und die prozessualen Möglichkeiten zu bewerten, stellt in international gelagerten Fällen einen wesentlichen Pfeiler der Scheidungsberatung dar.
Fazit: Unternehmer-Ehe vertraglich absichern
Eine Scheidung bedeutet für beide Ehegatten einen erheblichen Umbruch und eine große emotionale Belastung. Ein jahrelanger Rosenkrieg ist – auch für etwa vorhandene gemeinsame Kinder – höchst belastend und kostet darüber hinaus viel Geld. Das Ziel einer wirtschaftlichen Scheidungsberatung und -begleitung liegt daher im Regelfall in der strukturierten Erarbeitung einer wirtschaftlich verkraftbaren und möglichst einvernehmlichen Lösung. Auf diese Weise kann womöglich sogar die Basis für ein friedliches Miteinander nach der Scheidung geschaffen werden. Im Idealfall sollten die wirtschaftlichen Themen bereits zu Beginn der Ehe durch Ehevertrag geregelt werden, um sodann unbelastet in die gemeinsame Zukunft starten zu können.
Dieser Beitrag ist erstmals erschienen in: Börsen-Zeitung, SPEZIAL Wirtschaftskanzleien, 27. November 2019
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