+++ Dieser Beitrag wurde mit Blick auf die Gesetzesänderungen durch das Jahressteuergesetz 2022 am 17.11.2022 aktualisiert. +++
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat am 21. April 2022 das lang erwartete Schreiben zur Einlagenrückgewähr durch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften veröffentlicht. Als Reaktion auf die mittlerweile gefestigte BFH-Rechtsprechung geht das BMF auf die steuerliche Behandlung von Nennkapitalrückzahlungen und von Rückzahlungen von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen von Drittstaaten-Kapitalgesellschaften ein und stellt klar, dass solche Leistungen steuerneutral sein können.
Das BMF-Schreiben betrifft alle deutschen Steuerpflichtigen, die an einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft beteiligt sind und von dieser Nennkapitalrückzahlungen oder sonstige Ausschüttungen erhalten. Wir haben daher nachstehend ausgewählte Aspekte zusammengefasst.
Steuerneutrale Einlagenrückgewähr – Das Wichtigste in Kürze
- Eine steuerneutrale Nennkapitalrückzahlung ist möglich. Dabei sind die Vorgaben des § 7 Abs. 2 KapErhStG zu beachten.
- Eine steuerneutrale Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen ist unter Beachtung der sog. Verwendungsreihenfolge möglich. Grundlage für die Berechnung der Einlagenrückgewähr ist die ausländische Handelsbilanz.
- Aufgrund der hohen Nachweisanforderungen bleibt abzuwarten, ob das BMF-Schreiben für die erhofften Erleichterungen sorgen wird.
BFH-Urteile mit Blick auf die steuerneutrale Einlagenrückgewähr
Der BFH bestätigte bereits mit zahlreichen Urteilen, dass auch Kapitalgesellschaften, die in Drittstaaten ansässig sind, dazu in der Lage sind Nennkapital und nicht in das Nennkapital geleistete Einlagen steuerneutral an ihre Gesellschafter zurückzuzahlen. Die Finanzverwaltung wendete diese Urteile bislang nicht an und qualifizierte daher auch Kapitalrückzahlungen von Drittstaaten-Kapitalgesellschaften als steuerpflichtige Dividende.
Mit Schreiben vom 21.04.2022 schließt sich die Finanzverwaltung für alle noch offenen Fälle der gefestigten Rechtsprechung des BFH an und stellt klar, wie und unter welchen Umständen eine Leistung als steuerneutrale Einlagenrückgewähr zu qualifizieren ist und welche Unterlagen und Nachweise erforderlich sind.
BMF-Definition zu Drittstaaten-Kapitalgesellschaften
Das BMF definiert Drittstaaten-Kapitalgesellschaften als Körperschaften oder Personenvereinigungen, die im Zeitpunkt der Leistung nicht in Deutschland, einem EU-Mitgliedstaat oder einem EWR-Staat der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen. Erfasst werden somit insbesondere Körperschaften, die in den USA, Großbritannien oder den Kanalinseln der unbeschränkten Steuerpflicht unterliegen. Trotz dieser unmissverständlichen Formulierung fordert die Finanzverwaltung einen Nachweis über die unbeschränkte Steuerpflicht der ausschüttenden Gesellschaft. Besonders relevant ist dies in Fällen sog. hybrider Gesellschaften, die nach deutschem Steuerrecht als Körperschaften, nach ausländischem Recht jedoch als steuerlich transparente Personengesellschaften einzuordnen sind und somit im Ausland keiner Steuerpflicht unterliegen können. In solchen Fällen sollte eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr nicht per se ausscheiden, jedoch bleibt abzuwarten, wie die Finanzverwaltung verfahren wird.
Sofern EWR-Gesellschaften keinen Antrag nach § 27 Abs. 8 KStG gestellt haben, sind die Grundsätze des BMF-Schreibens auch für EWR-Gesellschaften anwendbar. Für EU-Gesellschaften ist daher trotz des BMF-Schreibens weiterhin ein Antrag nach § 27 Abs. 8 KStG zu stellen.
Rückzahlung von Nennkapital
Bei der Rückzahlung von Nennkapital ist § 7 Abs. 2 KapErhStG zu beachten. Dies betrifft Fälle, in denen Nennkapital durch die Umwandlung von Gesellschaftsmitteln entstanden ist. Als Nachweis fordert das BMF insbesondere den Beschluss über die Nennkapitalherabsetzung und -rückzahlung. In der Praxis empfiehlt es sich darüber hinaus auch die Beschlüsse zur Nennkapitalerhöhung sowie die entsprechenden Kontoauszüge zur Ein- und Rückzahlung aufzubewahren.
Auch die Rückzahlung von nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen kann als steuerneutrale Einlagenrückgewähr zu qualifizieren sein. Da jedoch die sog. Verwendungsreihenfolge zu beachten ist, gelten zunächst Gewinne der Drittstaaten-Kapitalgesellschaft als ausgeschüttet. Insoweit führen die Leistungen zu steuerpflichtigen Dividenden. Nur soweit die Leistungen einen ausschüttbaren Gewinn übersteigen, liegt eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr vor. Die Grundlage für die Berechnung der Einlagenrückgewähr ist die ausländische Handelsbilanz, die dem Jahr der Leistung vorausgeht. Eine Überleitungsrechnung ins deutsche Steuerrecht ist nicht erforderlich. Aufgrund der Formulierung des BMF-Schreibens sollte eine solche Überleitung jedoch nicht per se ausgeschlossen sein. Insbesondere in Fällen, in denen die ausländische Handelsbilanz noch nicht realisierte Gewinne enthält, empfiehlt sich eine Überleitungsrechnung, da sich andernfalls der ausschüttungsfähige Gewinn erhöhen würde.
Als Unterlagen und Nachweise fordert das BMF insbesondere Nachweise über die unbeschränkte Steuerpflicht der leistenden Körperschaft sowie deren ausländische Bilanz, die Höhe der Beteiligung des Anteilseigners und Beschlüsse und Nachweise (Kontoauszüge) über die geleistete Ausschüttung. Auch für Fälle der Einlagenrückgewähr sollten darüber hinaus Beschlüsse und Nachweise zu nicht in das Nennkapital geleisteten Einlagen aufbewahrt werden.
Bereits erfolgte Leistungen von Drittstaaten-Kapitalgesellschaften sollten anhand der Grundsätze des BMF-Schreibens untersucht werden. Künftige Leistungen sollten unter Berücksichtigung der Verwendungsreihenfolge geplant und die erforderliche Dokumentation sorgfältig aufbewahrt werden, um die Steuerneutralität der Leistung zu gewährleisten.
+++ UPDATE +++ Gesetzesänderung mit Wirkung für Ausschüttungen ab dem Jahr 2023
Im Zuge des Jahressteuergesetzes 2022 wird es zu einer Neuregelung des § 27 Abs. 8 KStG mit Wirkung für alle Leistungen, die nach dem 31.12.2022 erbracht werden, kommen. Der neue § 27 Abs. 8 KStG umfasst auch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften, weshalb das BMF-Schreiben vom 21.04.2022 nur für Leistungen bis einschließlich 31.12.2022 anwendbar sein wird. Für alle Leistungen ab dem 01.01.2023 müssen auch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften einen Antrag nach § 27 Abs. 8 KStG stellen, damit eine Leistung als steuerneutrale Einlagenrückgewähr statt als Dividende zu qualifizieren ist.
Neben dem Erfordernis einer Überleitungsrechnung der ausländischen Handelsbilanz ins deutsche Steuerrecht ist aus praktischer Sicht insbesondere die neue Antragsfrist zu beachten. Denn wird diese Frist versäumt, fingiert § 27 Abs. 8 S. 9 KStG eine Dividende. Während sich der Antrag nach § 27 Abs. 8 KStG bisher auf das Kalenderjahr bezogen hat und ein Antrag bis zum Ende des Kalenderjahres zu stellen war, das auf das Kalenderjahr der Leistung folgt, sind die Anträge künftig wirtschaftsjahrbezogen zu stellen. Damit einhergehend sind auch die Anträge bis zum Ende des 12. Monats zu stellen, der auf das Ende des Wirtschaftsjahres folgt, in dem die entsprechende Leistung getätigt wurde. In der Praxis ist somit besonderes Augenmerk auf eine fristgerechte Antragstellung zu legen, da sich die Antragsfrist komplett neu berechnet. Diese Änderung gilt ebenfalls für EU- und EWR-Gesellschaften, weshalb sich auch in solchen Fällen eine Prüfung der Antragsfrist empfiehlt.