Einleitung
Besonders innovative Unternehmen sind sowohl für strategische, als auch Private-Equity-Investoren von Interesse. Häufig ist die Software das Herzstück von technologiegetriebenen Unternehmen, weshalb es wichtig ist im Rahmen von M&A-Transaktionen sicherzustellen, dass die fragliche Software der Zielgesellschaft umfassend zusteht.
Dabei ist zwischen Individualsoftware und Standardsoftware zu unterscheiden: Individualsoftware ist eine speziell auf die Bedürfnisse eines Unternehmens zugeschnittene Software; diese kann entweder durch eigene Angestellte programmiert worden sein, oder durch externe Dienstleister, die entsprechend beauftragt wurden. Den Gegenbegriff hierzu bildet die Standardsoftware, wie beispielsweise Microsoft Office. Bei Standardsoftware handelt es sich um eine Software, welche für eine größere Zahl von Anwendern erstellt wurde, unter denen die Zielgesellschaft nur ein Anwender unter vielen ist. Dieser Beitrag soll im Folgenden ausschließlich Individualsoftware betrachten, da Standardsoftware in der Due Diligence in der Regel nur hinsichtlich ihrer Lizenzbedingungen geprüft wird.
Rechtlicher Schutz von Software
Software unterliegt in der Regel dem Schutz des Urheberrechts, wobei sie unter bestimmten Voraussetzungen auch als eine Erfindung patentierbar und mithin nach patentrechtlichen Vorschriften geschützt sein kann. Das ist immer dann der Fall, wenn es sich um sog. „computerimplementierte Erfindungen“ handelt. Eine computerimplementierte Erfindung liegt vor, wenn Gerätekomponenten modifiziert bzw. abweichend adressiert werden oder der Ablauf eines zur Problemlösung eingesetzten Programms durch technische Gegebenheiten bestimmt wird. Ein Beispiel hierfür ist eine Software die mechanische Bauteile, wie z.B. die Tastatur, verbessert oder Software die die Ansteuerung von Festplatten optimiert. Die Patentierbarkeit von Software stellt allerdings eine Ausnahme dar. In der Regel ist Software nur durch das Urheberrecht geschützt, weswegen sich dieser Beitrag in seinen Ausführungen auf die urheberrechtlichen Implikationen beschränkt.
Die Frage nach dem rechtlichen Schutz von Software stellt sich bei einer M&A-Transaktion im Rahmen der Due Diligence: Die Berater des Erwerbers prüfen, ob der Zielgesellschaft tatsächlich die umfassenden Rechte an der von der Zielgesellschaft eingesetzten Software zustehen.
Ob dem Zielunternehmen umfassende Rechte an einer Software zustehen, beurteilt sich nach dem Urheberrecht. Hierbei ist grundsätzlich der Urheber Inhaber aller Rechte an seinem urheberrechtlich geschützten Werk. Dieser kann Dritten, zum Beispiel seinem Auftraggeber, jedoch umfassende Nutzungsrechte an seinem Werk einräumen.
Ein Sonderfall liegt nach § 69b UrhG vor, wenn die Software durch einen Angestellten der Zielgesellschaft programmiert wurde. § 69b UrhG bestimmt, dass der Arbeitgeber alle vermögensrechtlichen Befugnisse an denjenigen Computerprogrammen innehat, die ein Angestellter in Wahrnehmung seiner Aufgaben oder nach den Anweisungen seines Arbeitgebers geschaffen hat. In Konstellationen, in denen ein Dritter die Software in Erfüllung eines Auftrags erstellt hat, ist § 69b UrhG allerdings nicht anwendbar. Dies hat zur Folge, dass die Zielgesellschaft nur dann umfassende Rechte an der Software erwirbt, wenn sie sich diese Rechte hat ausdrücklich einräumen lassen.
Zwar kann eine Rechteeinräumung auch konkludent mit der Beauftragung erfolgen, allerdings ist dabei die im Urheberrecht verankerte Zweckübertragungslehre zu beachten. Diese besagt, dass dem Auftraggeber lediglich die Rechte eingeräumt werden, die zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses für den vertraglichen Zweck benötigt werden. Die Zweckübertragungslehre ist damit an sich eine Auslegungsregel. Sie führt im Ergebnis zu einer Spezifizierungslast des Nutzungsrechtserwerbers: Nur wenn die Nutzungsarten einzeln aufgezählt werden, kann er einer auf den Vertragszweck reduzierten und von ihm nicht gewollten Beschränkung der Nutzungsarten entgehen.
Prozessual bedeutet das, dass der Nutzungsberechtigte die Darlegungs- und Beweislast für den von ihm behaupteten Umfang der Nutzungsrechtseinräumung trägt. Folglich ist beim Einsatz bzw. der Beauftragung von Dritten im Rahmen der Programmierung von Individualsoftware darauf zu achten, dass bei der Einräumung des Nutzungsrechts die Nutzungsarten ausdrücklich und einzeln bezeichnet werden.
Um ein möglichst umfassendes Nutzungsrecht zu erwerben, sollte daher die Klausel betreffend die Einräumung von Nutzungsrechten den Zweck der Vereinbarung angeben und zusätzlich den Umfang des Nutzungsrechts mindestens (je nach Einzelfall) wie folgt festlegen:
- Das Nutzungsrecht sollte ausschließlich sein,
- es sollte frei übertragbar und unterlizensierbar sein,
- es sollte zeitlich (d.h. unwiderruflich und unbefristet), örtlich (d.h. weltweit) und inhaltlich (d.h. jede mögliche wirtschaftliche Nutzung) unbeschränkt sein,
- es sollte alle derzeit bekannten und derzeit unbekannten Nutzungsarten umfassen, und
- das Nutzungsrecht sollte den Quellcode umfassen, der frei editierbar sein sollte.
Sollte die Einräumung des Nutzungsrechts nicht unter ausdrücklicher Nennung der vorgenannten Punkte geschehen sein, oder sollten keinerlei Nutzungsrechte ausdrücklich eingeräumt worden sein, empfiehlt es sich noch vor Signing oder spätestens vor Closing einen entsprechenden Nachtrag zwischen dem Programmierer und der Zielgesellschaft abzuschließen, in dem dieser der Zielgesellschaft die noch nicht eingeräumten Nutzungsrechte einräumt. Sollte eine Kontaktaufnahme mit dem Programmierer nicht gewünscht werden, etwa weil befürchtet wird, dieser könnte die Einräumung weiterer Nutzungsrechte von der Gewährung eines zusätzlichen Entgelts abhängig machen, kann alternativ eine Freistellung betreffend aller Nachteile aufgrund der nicht umfassend eingeräumten Nutzungsrechte in den Kaufvertrag aufgenommen werden.
Open Source
Des Weiteren ist zu beachten, dass der Quellcode von Software in der Regel nicht händisch von der ersten bis zur letzten Zeile vom Programmierer selbst eingetippt wird. Vielmehr nutzen Programmierer Fremdkomponenten, die von anderen erstellt wurden. Die Nutzungsrechte an diesen werden auf der Grundlage der Lizenzbedingungen des Urhebers der Fremdkomponenten eingeräumt.
Einige Fremdkomponenten wurden von ihren Urhebern sog. „Open Source Software-Lizenzbedingungen“ unterstellt. Diese beinhalten in der Regel, dass jeder Lizenznehmer die Open Source Software kostenlos verwenden und an Dritte weitergeben darf, auch unter Veränderung des Quellcodes, der frei verfügbar ist. Die Open Source Software-Lizenzbedingungen enthalten teilweise auch „Copyleft-Klauseln“. Darunter versteht man Lizenzbestimmungen, durch die den Nutzern die Verpflichtung auferlegt wird, Weiterentwicklungen derselben Lizenz unterstellen zu müssen. Wenn Software als Individualsoftware für ein Unternehmen erstellt wird, ist die kostenlose Weitergabe und die Offenlegung des Quellcodes in der Regel jedoch nicht erwünscht und kann geschäftsschädigend sein. Ein Verstoß gegen Open Source Software-Lizenzbedingungen kann insbesondere Unterlassungsansprüche, Rückrufansprüche und Schadenersatzansprüche des Lizenzgebers nach sich ziehen.
Daher sollte in der Due Diligence abgefragt werden, ob Fremdsoftware, insbesondere Open Source Software in die Individualsoftware integriert wurde. Höchstvorsorglich ist in den Unternehmenskaufvertrag eine Garantie aufzunehmen, dass die Zielgesellschaft alle Lizenzbedingungen der Fremdsoftware eingehalten hat. Sodann ist zu prüfen ob die eingesetzte Software Copyleft-Lizenzbedingungen untersteht. Ist dies der Fall, kann sich der Käufer vor den negativen Folgen der Verstöße gegen Copyleft-Lizenzbedingungen ggf. durch eine Freistellung im Kaufvertrag schützen. Unter Umständen kommt hierbei auch ein Kaufpreisabschlag in Betracht.