Es zeichnet sich ab, dass der Gesetzgeber mit der Änderung von § 8 b KStG und der Neuregelung bei Rückbeteiligungen von Managern zwei neue (steuerliche) Unfallschwerpunkte errichten wird. Wie ist der aktuelle Stand bei den geplanten Neuerungen?
Veräußerung von Streubesitzanteilen – Änderung von § 8 b KStG
Es wird bekanntlich diskutiert, dass die Veräußerung von Streubesitzanteilen an eine Kapitalgesellschaft durch eine andere Kapitalgesellschaft künftig nicht mehr steuerfrei bleiben soll (Änderung von § 8 b KStG). Diese Neuregelung würde auch Private-Equity-Fonds betreffen.
Zwar erwerben Private-Equity-Fonds regelmäßig nur Beteiligungen deutlich über 10 %. Jedoch sind deutsche Private-Equity-Fonds typischerweise als vermögensverwaltende Personengesellschaft (GmbH & Co. KG) strukturiert und damit steuerlich „transparent“. Das hat u. a. zur Folge, dass es für die Frage, ob Streubesitz vorliegt (also eine Beteiligung unter 10 %), nicht auf die unmittelbare Beteiligung des Fonds ankommt, sondern auf die durchgerechnete Beteiligungshöhe der jeweiligen Investoren. Ein Investor, der beispielsweise mit 5 % an einem Private- Equity-Fonds beteiligt ist, kann daher einen Veräußerungsgewinn aus Streubesitz erzielen, wenn der Fonds seine 100%-Beteiligung veräußert.
Wenn dieser Investor eine deutsche GmbH (oder AG) ist, so hat er nach (noch) geltendem Recht die Aussicht, seinen Anteil am Veräußerungsgewinn (bis auf 5 %, § 8 b Abs. 3 KStG) steuerfrei zu erhalten.
Das könnte sich bald ändern. Nach dem Bericht von Martin Bolits vom Bundesverband Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften (BVK) auf der MUPET 2015 lässt sich zum aktuellen Stand Folgendes sagen: Sah der Koalitionsvertrag von 2013 noch eine „ergebnisoffene“ Prüfung vor, so hat die Bundesregierung das Thema „Gewinne aus Streubesitzbeteiligungen“ jetzt in den Kontext der großen Investmentsteu- erreform gestellt. Das parlamentarische Verfahren wird für das erste Halbjahr 2016 erwartet. Die politische Lage ist diffus. Manche Bundesländer, z. B. Bayern, haben sich eindeutig gegen eine Besteuerung der Gewinne aus Streubesitz ausgesprochen. Andere Länder, etwa Berlin, sehen eine Besteuerung sehr kritisch (VC-Szene!). Es finden sich jedoch auch unter den starken Ländern Befürworter einer Besteuerung, hier ist an erster Stelle Hessen zu nennen. Trotz starken Bemühens des BVK wird man damit rechnen müssen, dass die Besteuerung von Veräußerungsgewinnen aus Streubesitzanteilen kommen könnte.
Rückbeteiligungen mit Cash-Komponente – vom Porsche überfahren
Auch bei Rückbeteiligungen von Managern wird sich wahrscheinlich steuerlich etwas ändern, wieder nicht zum Guten. Zur Illustration stellen wir uns folgenden Fall vor:
Ferdinand ist bei der P-GmbH als CFO tätig. Sein Jahresgehalt beträgt brutto TEUR 200. Als der A-Fonds vor einigen Jahren eine Beteiligung an der P-GmbH erworben hat, ist Ferdinand mithilfe eines Darlehens der Erwerberholding mit eingestiegen und hat für EUR 1 Mio. 5 % der P-GmbH erworben. Auch dank Ferdinands guter Arbeit ist der Wert der P-GmbH gestiegen, seine Beteiligung ist jetzt EUR 3,6 Mio. wert.
Anfang 2015 erwirbt der B-Fonds die P-GmbH. Das Management soll sich an der neuen Erwerberholding, der B-Holding GmbH, beteiligen, aber möglichst kein Geld in die Hand bekommen, damit es „hungrig“ bleibt. Da Ferdinand sein Darlehen zurückzahlen muss, trifft man mit ihm folgende Vereinbarung: Er bekommt genau die für die Tilgung seines Darlehens nötige Summe ausgezahlt. Den Rest soll er in Form einer Rückbeteiligung „rüber rollen“. Der technische Ablauf ist der in solchen Strukturen übliche: Die B-Holding führt eine Kapitalerhöhung durch, Ferdinand bringt seine Anteile ein und bekommt neben neuen Anteilen auch eine sogenannte Cash-Komponente. Der Vorgang ist für ihn steuerneutral, denn er bekommt EUR 1 Mio. in bar, die er mit EUR 1 Mio. Anschaffungskosten verrechnen kann (§ 21 Abs. 1 S. 3 UmwStG). Er hat also keinen steuerpflichtigen Gewinn und ist jetzt an der B-Holding beteiligt.
Wir blicken ins Jahr 2016. Ferdinands Steuerberater erstellt die Steuererklärung und greift zum Telefonhörer. Was ist passiert?
Zunächst ein Schritt zurück zum sogenannten Porsche-Deal, dem letztlich gescheiterten Versuch von Porsche, VW zu übernehmen. In diesem Zusammenhang gab es auch – wie bei Ferdinand, nur in größerem Umfang – eine gemischte Einbringung. Wie der Presse zu entnehmen war, wurde eine Cash-Komponente von EUR 4,5 Mrd. mit einer Sachkapitalerhöhung kombiniert, bei der eine einzige Aktie ausgegeben wurde. Wegen dieser einen Aktie blieb die Cash-Komponente von EUR 4,5 Mrd. steuerfrei. Insbesondere das Land Nordrhein-Westfalen hat anschließend sehr darauf gedrungen, dass dieses „Steuerschlupfloch“ geschlossen wird.
Ein Entwurf liegt jetzt vor. Die Neuregelung betrifft §§ 20, 21 und 24 UmwStG. Wenn bei einer Einbringung gegen Gewährung neuer Anteile (Sachkapitalerhöhung) daneben noch eine andere Gegenleistung gewährt wird, kann diese nicht mehr wie bisher unbeschränkt mit den Buchwerten bzw. Anschaffungskosten der eingebrachten Gegenstände verrechnet werden. Eine vollständige Verrechnung ist nur noch bis zu 25 % der Buchwerte bzw. Anschaffungskosten oder bis zu TEUR 300 möglich, maximal jedoch in Höhe der Buchwerte bzw. Anschaffungskosten.
Diese Neuregelung soll für alle Einbringungen ab dem 1. Januar 2015 gelten und betrifft damit auch Ferdinand. Wie sehen die Konsequenzen für ihn aus? Er kann TEUR 300 seiner Cash-Komponente weiterhin steuerfrei vereinnahmen, bei den restlichen TEUR 700 Anschaffungskosten aber nur noch anteilig gegenrechnen. Ferdinand bleiben ein steuerpflichtiger Gewinn von ca. TEUR 506 und eine Steuerlast von ca. TEUR 144, nach anderer Lesart des Gesetzentwurfs – die ich nicht teile – sogar eine Steuerlast von TEUR 740 (falls der Gesetzestext nicht noch präzisiert wird, wird es letzte Sicherheit wohl erst nach einer abschließenden Entscheidung des Bundesfinanzhofs geben). Das heißt: Obwohl Ferdinand aus dem ganzen Vorgang keinen Cent persönlich vereinnahmt, soll 2015 mindestens sein gesamtes Nettojahresgehalt ans Finanzamt gehen.
Wie ist darauf zu reagieren? Selbst wenn der Manager persönlich kein Geld bekommen soll, müsste die Cash-Komponente so berechnet werden, dass er aus ihr zumindest die anfallende Steuer begleichen kann.
Der Regierungsentwurf mit einer sehr ausführlichen Begründung, in der sogar Rechenbeispiele aufgeführt werden, ist gegenwärtig im parlamentarischen Verfahren im Bundestag. Dem Vernehmen nach soll das Gesetzgebungsverfahren Mitte Oktober abgeschlossen sein. Ferdinand würde also frühestens Mitte Oktober erfahren, ob er für eine im Februar 2015 abgeschlossene Aktion Steuern zahlen muss. Die beabsichtigte Rückwirkung ist – sieht man sich die jüngeren Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zu Rückwirkungsfragen an – vermutlich verfassungswidrig.
Ob das Gesetz wirklich kommt, ist weiterhin offen – aber es spricht vieles dafür.