Managementbeteiligungen sind in den letzten Jahren immer mehr in den Fokus der Finanzverwaltung geraten. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner Entscheidung vom 04.10.16 (Az. IX R 43/15) nun endlich die Besteuerung von Erlösen aus Managementbeteiligungen als Veräußerungsgewinne bestätigt. Damit hat er der Praxis der Finanzverwaltung, solche Einkünfte grundsätzlich als Arbeitslohn zu besteuern, eine klare Absage erteilt. Die Entscheidung des BFH war in der Private Equity-Praxis mit Spannung erwartet worden, denn es handelt sich um die erste höchstrichterliche Entscheidung zu einer typischen Managementbeteiligung im Zusammenhang mit Private Equity-Investments.
Gründe und Ausgestaltung von Managementbeteiligungen
Im Rahmen von Buy-Out-Transaktionen spielt das Management des zu übernehmenden Unternehmens eine wichtige Rolle. Um einen Gleichlauf der Interessen von Management und Investor für die Investmentdauer des Investors zu erreichen, wird das Management regelmäßig an dem Akquisitionsvehikel des Private Equity-Investors beteiligt.
Die Beteiligung kann durch die Manager nicht frei veräußert werden und sie ist regelmäßig in einem Poolingvehikel gebündelt. Sofern ein beteiligter Manager aus den Diensten des Portfoliounternehmens vor einem Exit des Investors ausscheidet, unterliegt die Managementbeteiligung in der Regel einem Leaver Scheme. Im Rahmen des Leaver Schemes kann der Investor die Beteiligung des ausscheidenden Managers zurückkaufen. Der Rückkaufspreis unterscheidet nach den Gründen (Good / Bad Leaver) und dem Zeitpunkt (Vesting) des Ausscheidens. Klassischerweise qualifiziert die Eigenkündigung des Managers ohne wichtigen Grund als Bad Leaver und die Kündigung des Managers durch die Gesellschaft ohne wichtigen Grund als Good Leaver.
Dies sind Elemente, die die Finanzverwaltung als Argumente für ihre Umqualifizierung der Einkünfte aus Managementbeteiligungen in Arbeitslohn herangezogen hat.
Entschiedener Sachverhalt
In dem vom Bundesfinanzhof kürzlich entschiedenen Sachverhalt hatte ein Manager in 2003 Anteile an der Holdinggesellschaft der Arbeitgebergruppe des Managers erworben. In 2004 waren diese Anteile im Rahmen eines Exits an Dritte verkauft worden. An- und Verkauf hatten unstreitig zum jeweiligen Verkehrswert der Managementbeteiligung stattgefunden. Die vertraglichen Regelungen enthielten einen Leaver Scheme, der zwischen Good Leaver, Bad Leaver und Bad Bad Leaver unterschied. Im Einzelnen enthielt der Leaver Scheme folgende Regelungen:
- Abfindung in Höhe der Einlage: Pflichtverletzung, Unzumutbarkeit des Verbleibens oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber aus wichtigem Grund (Bad Leaver).
- Abfindung in Höhe der Einlage zzgl. 5% p.a. seit Einlageleistung: Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch den Beteiligten, Ausschluss wegen Vermögensverfalls oder Beendigung des Anstellungsverhältnisses auf Wunsch des Beteiligten (Bad Leaver).
- Variable, erfolgsabhängige Abfindung, mindestens in Höhe der Einlage zzgl. 5% p.a.: Tod des Beteiligten, Beendigung des Anstellungsverhältnisses durch den Arbeitgeber unabhängig vom Grund (Good Leaver).
Für den Good Leaver galt außerdem über fünf Jahre ein sog. Vesting, d.h. der Anteil der variablen Abfindung stieg über die Zeit an, der Anteil der Einlagerückzahlung ging entsprechend zurück.
Das Finanzgericht Köln hatte den Sachverhalt in der ersten Instanz (Urteil vom 20.05.15, 3 K 3253/11, DStZ 2016, 220) umfassend gewürdigt und dabei keinen hinreichenden Zusammenhang zum Arbeitsverhältnis gesehen. Im Rahmen der Revision rügte das Finanzamt nun insbesondere, dass die Beteiligungsmöglichkeit nur handverlesenen Arbeitnehmern angeboten worden sei und sich das tatsächliche Verlustrisiko des Klägers aus der Managementbeteiligung auf Grund seiner Insiderkenntnisse zum Beteiligungsunternehmen in Grenzen gehalten habe.
Managementbeteiligung als Sonderrechtsverhältnis
Der 9. Senat des Bundesfinanzhofs hat die Entscheidung des Finanzgerichts nun vollumfänglich bestätigt und sich dabei insbesondere auf die Rechtsprechung des 6. Senats zur Besteuerung von Mitarbeiterbeteiligungen gestützt (BFH vom 17.06.09, VI R 69/06, BStBl. II 2010, 69). Danach fließt aus einer Mitarbeiterbeteiligung nicht deshalb Arbeitslohn, weil die Beteiligung nur von einer bestimmten Gruppe von Arbeitnehmern erworben werden kann. Dies ist einer Mitarbeiterbeteiligung naturgemäß immanent. Nach Meinung des Bundesfinanzhofs stellt die Kapitalbeteiligung ein Sonderrechtsverhältnis dar, das selbstständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen kann. Auch das eher schwache Argument des Finanzamtes zum angeblich wegen des Insider-Wissens nicht bestehenden Verlustrisikos weist der BFH klar zurück.
Maßgeblichkeit von Marktpreis und Verlustrisiko
Die bloße Kausalität des Arbeitsverhältnisses für den Erwerb der Beteiligung ist allein also nicht maßgeblich, wenn, wie unstreitig festgestellt, die Beteiligung zum Marktpreis erworben und verkauft wird und ein effektives Verlustrisiko besteht. Auch die bestehenden Ausschlussrechte aus der GbR im Falle einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind letztlich Ausdruck und Folge der Managementbeteiligung und rechtfertigen entgegen der Auffassung des Finanzamtes für sich allein noch nicht die Annahme, dass dem Arbeitnehmer durch die Gewährung einer Möglichkeit zur Beteiligung Arbeitslohn zugewendet wird.
Leaver Scheme und Vesting sind unschädlich
Mit dieser Aussage geht der 9. Senat über die bisherige Rechtsprechung zu Mitarbeiterbeteiligungen hinaus. Der BFH bestätigt damit, dass die Vereinbarung eines sogenannten Leaver Schemes für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und auch das insofern vorgesehene Vesting unschädlich für die steuerliche Qualifizierung der Managementbeteiligung sind. Dies ist deshalb von großer Bedeutung für die Beratungspraxis, weil die Finanzverwaltung in der jüngeren Vergangenheit dazu übergegangen war, insbesondere das Bestehen eines sog. Leaver Schemes als Grund für die Besteuerung als Arbeitslohn heranzuziehen. Sie stützte sich insofern auf das BFH-Urteil vom 05.11.13 (IX R 20/11, BStBl. II 2014, 415), das für den Fall eines Genussrechts die Differenzierung des Rückvergütungspreises je nachdem, aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis beendet wird, als klares Indiz für das Vorliegen von Arbeitslohn bestimmt hatte.
Diese Entscheidung des 8. Senats lässt sich jedoch auf die Besteuerung einer klassischen Managementbeteiligung nicht übertragen, wie nun der 9. Senat bestätigt hat. Zum einen begründet ein sog. Leaver Scheme lediglich die Option zum Rückkauf von Anteilen bei Beendigung des Dienstverhältnisses und stellt keine zwingende Abfindung der Managementbeteiligung dar. Zum anderen sehen auch übliche Abfindungsklauseln in Gesellschaftsverträgen eine Differenzierung zwischen Buchwertabfindung und Verkehrswertabfindung vor. Die vorliegenden Abfindungsregelungen im Leaver-Fall nehmen dies lediglich auf.
Fazit: Beschränkung der Besteuerungspraxis
Mit der vorliegenden Entscheidung bestätigt der BFH vollumfänglich die marktübliche Gestaltungspraxis von Managementbeteiligungen und schiebt damit der Finanzverwaltung bei der Besteuerung als Arbeitslohn einen Riegel vor. Dies wird bei vielen Managern für große Erleichterung sorgen, die insbesondere in den letzten drei bis vier Jahren zum Teil nachträglich mit ihren Erlösen einer Vollbesteuerung unterworfen wurden. Das von der Finanzverwaltung entwickelte „Geschäftsmodell“ hatte für die betroffenen Steuerpflichtigen zum Teil dramatische Folgen, da sie erheblichen Steuer- und Zinsnachforderungen ausgesetzt waren, ohne dass eine tragende Rechtsgrundlage für diese Besteuerungs-praxis erkennbar war.
Die Entscheidung des BFH ist allerdings noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht. Insofern ist offen, wie die Finanzverwaltung mit der Entscheidung in bestehenden Verfahren und zukünftig umgehen wird. Des Weiteren wird dem Thema Einstiegs-bewertung zukünftig eine noch größere Bedeutung zukommen. Für die Praxis bedeutet das, dass bei dem Erwerb von Managementbeteiligungen dem Nachweis des dann aktuellen Verkehrswertes besondere Beachtung geschenkt werden muss.
Kernaussagen:
- Mit dieser BFH-Entscheidung dürfte nun der in den letzten Jahren häufigen Finanzverwaltungspraxis, Gewinne aus Managementbeteiligungen grundsätzlich als Arbeitslohn zu qualifizieren, die Grundlage entzogen sein.
- Nach Ansicht des Bundesfinanzhofs muss aber zur Vermeidung der Annahme von Arbeitslohn der An- und Verkauf der Managementbeteiligung zum Marktpreis erfolgen und die Beteiligung muss einem effektiven Verlustrisiko ausgesetzt sein.
- Die Frage der Abgrenzung von Arbeitslohn und Kapitaleinkommen wird weiterhin im Wege einer Gesamtwürdigung des Sachverhalts entschieden.
- Das Thema Einstiegsbewertung wird verstärkt in den Fokus rücken.
Erstveröffentlichung: JUVE Handbuch Wirtschaftskanzleien 2017/18