Bereits seit mehreren Jahren steht eine grundlegende Reform des Investmentsteuerrechts auf der Agenda der Finanzverwaltung. Von Anfang an verfolgte die Finanzverwaltung dabei das Ziel seiner Loslösung vom Aufsichtsrecht und der Etablierung eines in Tatbestand und Rechtsfolgen eigenständigen Investmentsteuerrechts. Der Handlungsdruck verstärkte sich durch den Erlass der AIFM-Richtlinie. Eine erste bloße Anpassung an die geänderten aufsichtsrechtlichen Rahmenbedingungen erfolgte Ende 2013 mit dem AIFM-Steueranpassungsgesetz. Die derzeit regierende große Koalition nahm eine grundlegende Reform der Investmentbesteuerung als politisches Ziel in ihren Koalitionsvertrag auf. In diesem Zusammenhang sollte auch eine Lösung für die Problematik der Steuerbefreiung von Veräußerungsgewinnen (§ 8 b KStG) bei sogenannten Streubesitzbeteiligungen gefunden werden.
Das Bundesfinanzministerium legte im Juli 2015 einen ersten Diskussionsentwurf für ein Investmentsteuerreformgesetz vor. Bereits im Dezember 2015 folgte der Referentenentwurf, und im Februar 2016 beschloss die Bundesregierung, die Investmentsteuerreform in das Gesetzgebungsverfahren einzubringen. Am 9. Juni 2016 beschloss der Bundestag das Gesetz zur Reform der Investmentbesteuerung. Das Gesetzgebungsverfahren ist damit zwar noch nicht abgeschlossen, weil das Gesetz noch der Zustimmung des Bundesrates bedarf, die bis zur MUPET noch nicht vorlag. Allgemein wird jedoch davon ausgegangen, dass der Bundesrat dem Gesetz zustimmt.
Neues System der Investmentbesteuerung
Mit dem Investmentsteuerreformgesetz wird ein grundlegend neues System der Investmentbesteuerung geschaffen. Das Investmentsteuergesetz erfasst zukünftig im Wesentlichen nur noch körperschaftlich organisierte Investmentvehikel. Diese unterliegen dann einer beschränkten Steuerpflicht mit bestimmten Einkünften aus Quellen im Inland. Auf Anlegerebene ist eine stark pauschalierende Besteuerung geplant. Daneben soll es für sogenannte Spezial-Investmentfonds ein besonderes Besteuerungssystem geben, das weitgehend der derzeit geltenden Besteuerung für Investmentfonds (§ 1 Abs. 1 b InvStG) entspricht.
Das Panel konzentrierte sich auf die Diskussion des neu eingeführten intransparenten Besteuerungssystems für Investmentfonds und erörterte daneben Fragen der Umsatzsteuer auf Leistungen zur Verwaltung von Investmentvermögen, die ebenfalls im Rahmen der Investmentsteuerreform neu geregelt werden.
Das Gesetz soll am 1. Januar 2018 in Kraft treten. Die relativ lange Übergangszeit dient dazu, dass sich die Investmentvermögen auf die neue Rechtslage einstellen können. Dr. Mann wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass einzelne Aspekte des neuen Investmentsteuerechts im Rahmen von sogenannten „Reparaturgesetzen“ noch vor dessen Inkrafttreten geändert werden können.
Anwendungsbereich des neuen Investmentsteuergesetzes
Der Anwendungsbereich des neuen Rechts umfasst in erster Linie Investmentvermögen im Sinne des Kapitalanlagegesetzbuches mit Ausnahme von Personengesellschaften (mit ganz wenigen Rückausnahmen), ferner Sondervermögen und vergleichbare ausländische Rechtsformen. Damit wurde eine bislang offene Frage gesetzlich geklärt.
Besteuerung auf Fondsebene
Hintergrund der beschränkten Steuerpflicht auf Fondsebene ist eine einheitliche Besteuerung in- und ausländischer Investmentfonds aus europarechtlichen Gründen.
DBA-Berechtigung
Für inländische Investmentfonds stellt sich allerdings die Frage, ob für Zwecke der Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) noch eine ansässigkeitsbegründende Steuerpflicht vorliegt. Falls nicht, könnten inländische Investmentfonds im Ausland keine Quellensteuererstattung mehr beanspruchen. In der Diskussion vertrat Dr. Mann die Auffassung, dass einiges für eine Ansässigkeit spräche. In dieser Frage bedürfe es allerdings noch einer bundeseinheitlichen Abstimmung, insbesondere auch im Hinblick auf die Erteilung von Ansässigkeitsbescheinigungen für Investmentfonds. Einigkeit bestand darin, dass viele der derzeit in Kraft befindlichen DBA und die Verhandlungsgrundlage für deutsche DBA an die neue Rechtslage angepasst werden müssen.
Veräußerungsgewinne und Steuerbefreiung gemäß § 8 b KStG
Positiv wurde in der Diskussion hervorgehoben, dass bei privat vermögensverwaltenden Investmentfonds die Besteuerung der Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften entgegen den ersten Entwürfen keinen Eingang in das endgültige Gesetz gefunden hat. Bei einem gewerblichen Investmentfonds sind diese Gewinne hingegen dem Grunde nach in voller Höhe steuerpflichtig, sofern sie in einer inländischen Betriebsstätte eines Investmentfonds anfallen; § 8 b KStG ist insoweit unanwendbar.
Der Ausschluss von § 8 b KStG auf Fondsebene ist auch nach Einschätzung von Dr. Mann im derzeitigen steuerlichen Umfeld nicht sachgerecht.
Neues Besteuerungssystem auf Anlegerebene
Auf Anlegerebene wurde ein vollkommen neues Besteuerungssystem eingeführt. Hiernach haben Anleger Ausschüttungen, eine sogenannte Vorabpauschale sowie etwaige Gewinne oder Verluste aus der Veräußerung oder Rückgabe von Investmentfondsanteilen zu versteuern. Mit der Vorabpauschale sollen vor allem thesaurierte Gewinne des Investmentfonds steuerlich erfasst werden.
Teilfreistellungen
Diese Investmenterträge sollen im Grundsatz ungemildert der Besteuerung unterliegen. Allerdings sieht das Gesetz für bestimmte Fondstypen Teilfreistellungen vor, mit denen pauschalierend bestimmte steuerliche Vorbelastungen berücksichtigt werden sollen. Zu betonen ist die sogenannte Aktienteilfreistellung für Aktienfonds, die bei natürlichen Personen mit Investmentanteilen im Privatvermögen 30 %, bei natürlichen Personen mit Investmentanteilen im Betriebsvermögen 60 % und bei Körperschaften 80 % beträgt. Dr. Mann wies darauf hin, dass sich diese Prozentsätze ändern könnten, insbesondere im Fall der Einführung einer Steuerpflicht auf Veräußerungsgewinne auf Streubesitz.
Bei der Diskussion um den Begriff des Aktienfonds wurde zunächst positiv hervorgehoben, dass der damit in Zusammenhang stehende Begriff der Kapitalbeteiligung – anders als in den ersten Entwürfen – nunmehr auch nichtbörsennotierte Anteile an Kapitalgesellschaften umfasst. Strittig war allerdings, ob dies auch für mittelbar über Personengesellschaften gehaltene Anteile gilt. Dr. Mann verwies insoweit auf die Verwaltungsauffassung zu erwerbbaren Vermögensgegenständen bei Investmentfonds nach derzeitigem Recht. Danach findet lediglich bei vermögensverwaltenden (nach seiner Auffassung auch bei gewerblich geprägten) Personengesellschaften eine Durchschau statt. Bei Mitunternehmerschaften liegt hingegen keine Kapitalbeteiligung mehr vor. Dagegen wurde eingewendet, dass es hierbei um eine typisierende Berücksichtigung der steuerlichen Vorbelastung geht und diese auch bei Beteiligungen über Mitunternehmerschaften gegeben ist.
Kapitalrückzahlungen
Ein weiteres wichtiges Thema waren Kapitalrückzahlungen durch Investmentfonds während der Laufzeit. In der Diskussion stellte sich heraus, dass im neuen Recht eine Regelung fehlt, mit der Anleger am Laufzeitende des Fonds ihre Anschaffungskosten steuerlich geltend machen können, obwohl eine entsprechende Regelung im derzeit geltenden Recht existiert (vgl. § 19 Abs. 3 Satz 2 InvStG). Dr. Mann zufolge wurde dieser Punkt offenbar übersehen, er könnte Gegenstand eines möglichen „Reparaturgesetzes“ werden.
Umsatzsteuer
Im Rahmen des Investmentsteuerreformgesetzes ist eine Änderung der Umsatzsteuerbefreiung für die Verwaltung von Investmentvermögen geplant. Den Hintergrund der Diskussion bildet das Urteil des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) vom 9. Dezember 2015 (Rs. C-595 / 13), das die seit Langem gegen die derzeitige Rechtslage bestehenden europarechtlichen Bedenken bestätigt. Der EuGH hat in diesem Urteil entschieden, dass nicht nur Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OGAW), sondern letztlich sämtliche Investmentvermögen, die europarechtlich harmonisiert sind, als „Sondervermögen“ im Sinne der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie angesehen werden müssen. Das Investmentsteuerreformgesetz enthält nunmehr eine vollkommen neue Formulierung, die als Reaktion auf dieses EuGH-Urteil zu werten ist. Steuerfrei sollen danach Leistungen zur Verwaltung von OGAW und diesen vergleichbaren alternativen Investmentfonds (AIF) sein. Die amtliche Gesetzesbegründung zählt mehrere Kriterien für diese Vergleichbarkeit auf. In der Diskussion zeigte sich, dass es mehr als zweifelhaft ist, ob die Vorgaben des EuGH mit dieser Gesetzesänderung zutreffend umgesetzt wurden. Denn ausweislich der Ausführungen des EuGH müssen AIF von der Umsatzsteuerbefreiung erfasst werden, und zwar nicht wenn, sondern weil sie europarechtlich harmonisiert sind. Die vom Gesetzgeber genannten Kriterien werfen zudem mehr Fragen auf, als sie beantworten. Nur schwer nachzuvollziehen ist schließlich, dass die Neuregelung erst zum 1. Januar 2018 in Kraft treten soll.
Fazit
Insgesamt zeigte die Diskussion, dass die Investmentsteuerreform auf einem guten Weg ist. Besonders positiv ist hervorzuheben, dass die Finanzverwaltung im Vorfeld der Investmentsteuerreform den Dialog mit den betroffenen Unternehmen gesucht hat und vielfach auf Anregungen aus der Branche eingegangen ist. Es bleibt zu wünschen, dass auch für die noch verbleibenden Fragen in einem offenen fachlichen Dialog zwischen Branchenvertretern und der Finanzverwaltung eine sachgerechte Lösung gefunden wird.
Über das Thema diskutierten Dr. Alexander Mann (Hessische Finanzverwaltung und Vertreter des Landes Hessen an der Bund-Länder- Arbeitsgruppe zu Erarbeitung des Investmentsteuerreformgesetzes) und Arnold Ramackers (Richter am Finanzgericht a. D. und über mehrere Jahre abgeordnet zum Bundesministerium der Finanzen); Moderation: Ronald Buge und Dr. Peter Bujotzek (beide P+P).