
Im Fokus der Podiumsdiskussion auf der diesjährigen MUPET standen mit der EU-rechtlichen Regulierung die zwei wesentlichen Ziele der Kapitalmarktunion: die verbesserte Kapitalausstattung kleiner und mittlerer Unternehmen (KMU) sowie eine höhere Attraktivität von Investitionen in geschlossene Fonds für institutionelle Anleger auf nationaler wie europäischer Ebene.
„Investment Plan Europe“
Martin Koch, Policy Officer in der Generaldirektion für Finanzstabilität, Finanzdienstleistungen und Kapitalmarktunion (FISMA) der Kommission, präsentierte das Projekt der europäischen Kapitalmarktunion als Element des übergeordneten „Investment Plan Europe“ (sog. Juncker- Plan). Die Kapitalmarktunion zielt auf die Schaffung eines stärker integrierten europäischen Kapitalmarkts innerhalb von fünf bis sechs Jahren, um so alternative Finanzierungswege zu eröffnen und die Zahl langfristiger Infrastruktur- und KMU-Finanzierungen sowie grenzüberschreitender Investitionen zu erhöhen. In den folgenden sechs Bereichen sind weitere Maßnahmen auf europäischer Ebene geplant: Innovation, Start-ups and SME, Public Markets, Infrastructure Markets and Sustainability, Bank Lending, Investment, Integration and Stability.
Beispiele für konkrete Maßnahmen sind ein Verordnungsvorschlag der Kommission zur Belebung des Verbriefungsmarkts im Bereich der KMU-Finanzierung durch geringere Kapitalanforderungen für investierende Banken bei sogenannten STS-Verbriefungen („simple, transparent, standardised“) sowie ihr Verordnungsvorschlag zur Vereinfachung des Prospektrechts. Nationale Regulierungen im Bereich Crowdfunding – einem sehr dynamischen Markt – verfolgt die Kommission sehr aufmerksam, eine europäische Regelung hält Martin Koch momentan jedoch für verfrüht.
Europäische Langfristige Investmentfonds (ELTIF)
Die Europäische Kommission sieht für ELTIF ein bedeutendes Marktpotential und beobachtet die weitere Entwicklung in diesem Bereich. Noch sind diese langfristig investierenden, auch Privatanlegern offenstehenden Anlagevehikel nicht besonders verbreitet. Zu bedenken ist in diesem Zusammenhang, dass ELTIF nur für vollregulierte Fondsmanager in Betracht kommen; die Mehrheit der deutschen Fondsmanager ist bisher aber nicht vollreguliert, sondern lediglich registriert. Außerdem führt die Einbeziehung von Privatanlegern zu zusätzlichen Komplikationen, etwa dem Erfordernis, eine Verwahrstelle zu bestellen. Eine Lösung dieses Problems könnte die Einführung einer Art Spezial-ELTIF ausschließlich für professionelle und semiprofessionelle Anleger sein.
EuVECA
Zur Europäischen Venture-Capital-Verordnung (EuVECA-VO) wird die Kommission noch im Juli einen Verordnungsvorschlag u. a. zur Reduzierung der Kosten einer EuVECA-Registrierung veröffentlichen. Wie Dr. Rodin bemerkte, ist das EuVECA-Regime insbesondere für den europäischen Vertrieb „kleiner“, d. h. bloß registrierter AIFM sinnvoll, der „Ideenreichtum der nationalen Aufsichtsbehörden“ bereite allerdings zuweilen Probleme. Nach Einschätzung von Uwe Wewel birgt ein Abwarten der Kommission stets das Risiko der Entstehung „nationaler Flickenteppiche“, die sich später kaum mehr zusammenführen ließen. Dr. Wandel begrüßte das Bestreben der Kommission, Schwachstellen der Regulierung zu beheben; die hohe Frequenz solcher Maßnahmen könne aber leicht neue Baustellen eröffnen. Da sich Verordnungen ständig weiterentwickelten, ist die Kommission hier, wie Martin Koch unterstrich, ganz auf die von ihr durchgeführten Konsultationen angewiesen; deren Ergebnisse würden sehr genau studiert, und er warb bei den anwesenden Marktteilnehmern dafür, sich an diesem Prozess zu beteiligen.
Kreditfonds – höchste Zeit für eine europäische Regelung?
Nach Einschätzung von Dr. Rodin hat die Einordnung der Darlehensvergabe durch Fonds als Teil der kollektiven Vermögensverwaltung einen „Sprung in der Schüssel“ der bisherigen Rechtslage behoben, der zufolge eine solche Darlehensvergabe nur mit Bankerlaubnis zulässig war. Wie Uwe Wewel betonte, ist es höchste Zeit für eine europäische Regelung zu Kreditfonds, andernfalls droht auch in diesem Bereich ein Flickenteppich nationaler Regelungen. Schon sind neben Deutschland, wie Dr. Wandel darlegte, bereits verschiedene andere Mitgliedstaaten – z. B. Irland, Italien, Luxemburg und Frankreich – legislativ tätig geworden oder beabsichtigten dies jedenfalls.
Inwiefern die Mindestanforderungen an das Risikomanagement (MaRisk) auf Kreditfonds anwendbar seien, diese Frage wird, wie von Teilnehmerseite zu hören war, von Mandanten immer häufiger gestellt. Dabei könne eine Anwendung der Bankenregulierung auf Kreditfonds durch die Hintertür kaum gewollt sein. Dies sei auch nicht sachgerecht, da Banken mit Einlagen wirtschafteten, während Kreditfonds das Geld institutioneller Anleger verwalteten, die nicht in gleichem Maße schutzbedürftig seien. Vertreter der Banken beurteilten dies, wie Uwe Wewel berichtete, oft anders, sie empfinden sich als „überreguliert“, während Fonds einer geringeren Regulierung unterlägen.
Harmonisierung der Vertriebsvorschriften für Drittstaatenszenarien dringend geboten
Die verschiedenen nationalen Vertriebsvorschriften (d. h. außerhalb des Europäischen Passes) sind kompliziert und müssen dringend vereinfacht werden, dies betrifft auch die Frage des „Pre-Marketing“ (d. h. die Frage nach der Grenze zwischen Handlungen, die Vertrieb darstellen, und solchen, die noch nicht als Vertrieb anzusehen sind). Eine Vereinheitlichung durch harmonisierte Regelungen ist aber, wie Dr. Wandel erläuterte, sehr schwierig, hier seien grundlegende konzeptionelle Fragen betroffen und Lösungen eher im Wege der praktischen Zusammenarbeit zwischen den Behörden auf der Ebene von ESMA zu suchen. Eine Vereinheitlichung der nationalen Vorschriften für den Fondsvertrieb ist, so die Einschätzung von Dr. Rodin, dringend geboten – in manchen Vertriebsszenarien stünden Drittstaaten-AIFM besser da als „kleine“, d. h. registrierte, deutsche AIFM.
Über das Thema diskutierten Martin Koch (Europäische Kommission), Dr. Esther Wandel (Berlin) und Uwe Wewel (Berlin); Moderation: Dr. Andreas Rodin (P+P).