Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit zwei Urteilen vom 14. Dezember 2023 (Az.: VI R 1/21 u. VI R 2/21) bekräftigt, dass der Gewinn aus einer Kapitalbeteiligung von Mitarbeitern an ihrem Arbeitgeberunternehmen nicht als Einkommen aus nichtselbständiger Tätigkeit zu versteuern ist, selbst wenn die Beteiligung zuvor verbilligt erworben wurde. Sofern die Beteiligung nach dem 31. Dezember 2008 erworben wurde, unterliegen die Gewinne daraus somit lediglich der Besteuerung als Einkommen aus Kapitalvermögen, sofern der Gewinn keinen überproportionalen Erlösanteil enthält, der auf das Arbeitsverhältnis zurückzuführen ist. Damit bestätigt und präzisiert der 6. (Lohnsteuer-)Senat des BFH die Rechtsprechung des 8. Senats (Az.: VIII R 40/18, VIII R 21/17) und des 9. Senats (Az.: IX R 43/15) zur Besteuerung von Mitarbeiterkapitalbeteiligungen.
Das Wichtigste in Kürze
In den beiden Verfahren hielten die Kläger jeweils eine für Private Equity-Investments typische Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft über eine vermögensverwaltende KG, bei der die Manager im Verhältnis zum Mehrheitsgesellschafter proportional mehr Stammgeschäftsanteile gezeichnet hatten als Vorzugsgeschäftsanteile (sog. Sweet Equity).
Es blieb offen, ob diese Beteiligung in 2006 tatsächlich verbilligt erworben worden war. Die Beteiligung hatten die Manager 2007 im Rahmen eines Börsengangs mit hohen Gewinnen wieder veräußert. Die Finanzbehörden vertraten die Auffassung, dass es sich bei den erzielten Verkaufserlösen um steuerbaren Arbeitslohn handele. Vor dem BFH konnten sie sich damit, wie bereits in der Vorinstanz, nicht durchsetzen.
Verbilligter Erwerb ohne Einfluss auf Veräußerungsgewinn
Der BFH stellt ausdrücklich klar, dass ein verbilligter Erwerb einer Managementbeteiligung nicht zu einer Umqualifizierung des Veräußerungsgewinns in Arbeitslohn führt. Ein verbilligter Erwerb des Investments führt nur im Erwerbszeitpunkt zu einem steuerbaren geldwerten Vorteil, der keine Auswirkung auf die Qualifikation der Einkunftsart späterer Veräußerungsgewinne hat. Erwerb und Veräußerung der Beteiligung sind zwei unterschiedliche, voneinander getrennte Sachverhalte.
Einzelbewertung der Kapitalinstrumente erforderlich
Für die Frage, ob bei Erwerb ein geldwerter Vorteil vorliegt, kommt es einzig darauf an, dass der vom Manager für das einzelne Kapitalinstrument gezahlte Kaufpreis dem Verkehrswert entspricht, also dem Preis, den auch ein fremder Dritter für das gleiche Kapitalinstrument zahlt oder zahlen würde. Aus dem Verhältnis der erworbenen Kapitalinstrumente zueinander, also dem Sweet Equity, ergibt sich dagegen kein bewertungsrelevanter Faktor für die Beteiligung. Es gilt damit auch hier der Grundsatz der Einzelbewertung der Kapitalinstrumente.
Veräußerungsgewinn als Kapitaleinkommen, wenn Kapitalüberlassung zivilrechtlich wirksam
Der Veräußerungserlös ist dementsprechend selbständig daraufhin zu untersuchen, ob er durch das Arbeitsverhältnis oder durch die Kapitalbeteiligung veranlasst ist. Es liegt kein Arbeitslohn vor, wenn eine Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen dem Arbeitnehmer und dem Arbeitgeber gewährt wird.
Eine Mitarbeiterkapitalbeteiligung ist dabei grundsätzlich als selbständiges Sonderrechtsverhältnis neben dem Arbeitsverhältnis anzuerkennen, wenn sie zivilrechtlich wirksam strukturiert ist, der Manager wirtschaftliches Eigentum an der Beteiligung erworben hat und die Beteiligung auch tatsächlich durchgeführt wurde. Die in der Praxis regelmäßig vereinbarten Leaver-Klauseln (Rückkaufrecht des Investors bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses) stehen der Eigenständigkeit der Kapitalbeteiligung neben dem Arbeitsverhältnis nicht entgegen.
Ein überproportionaler Veräußerungserlös indiziert geldwerten Vorteil
Zu einer Besteuerung als Arbeitslohn kommt es aber dann, wenn der Manager bei der Veräußerung einen über das Marktübliche hinausgehenden Überpreis erzielt. Insofern ist dann aber nur der über das Marktübliche hinausgehende Veräußerungserlös als geldwerter Vorteil dem Arbeitsverhältnis zuzuordnen. Dass die Manager vorliegend im Verhältnis zum Mehrheitsgesellschafter auf das eingesetzte Kapital einen höheren Erlös realisierten, ist nicht als Überpreis zu qualifizieren, da er sich aus dem verhältnismäßig höheren Anteil des Managers am Stammkapital ergibt.
Fazit
Das Urteil des 6. Senats beantwortet einige noch offene Fragen bei der Besteuerung von Managementbeteiligungen:
- Ein verbilligter Erwerb der Kapitalbeteiligung wirkt sich nicht negativ auf die spätere Besteuerung des Veräußerungserlöses aus.
- Eine steuerlich anzuerkennende Kapitalbeteiligung führt regelmäßig zu Einkünften aus Kapitalvermögen, selbst wenn es sich um eine Managementbeteiligung handelt.
- Der Veräußerungserlös kann bei der Besteuerung aufgeteilt werden, wenn er einen überproportionalen, nicht fremdüblichen Anteil enthält, der durch das Arbeitsverhältnis veranlasst ist.