
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 10. April 2019 (Az. I R 15/16) die Möglichkeit einer steuerneutralen Rückgewähr von Einlagen durch außerhalb der EU ansässige Gesellschaften (Drittstaatengesellschaften) bestätigt und die Auffassung der Finanzverwaltung zurückgewiesen.
Zusammenfassung
- Auch Drittstaatengesellschaften können eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr leisten.
- Der Auffassung der Finanzverwaltung, die eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr von Drittstaatengesellschaften ablehnt, wird eindeutig widersprochen.
- Die Höhe der Einlagenrückgewähr basiert auf dem ausländischen Handels- und Gesellschaftsrecht und ist unter Beachtung deutscher Vorschriften zur Verwendungsreihenfolge zu ermitteln.
- Ein gesondertes Feststellungsverfahren ist nicht erforderlich.
Hintergrund
Die Finanzverwaltung vertritt bisher die Auffassung, dass Gesellschaften, die in einem Drittstaat ansässig sind, keine steuerneutrale Rückzahlung von geleisteten Einlagen erbringen können.
Die Finanzverwaltung begründete dies damit, dass für Drittstaatengesellschaften eine ausdrückliche Möglichkeit zur steuerneutralen Einlagenrückgewähr im Körperschaftsteuergesetz fehle.
Als Folge wurden sämtliche Rückzahlungen von Nennkapital und von sonstigen, nicht als Nennkapital geleisteten Einlagen beim Gesellschafter als steuerpflichtige Dividende erfasst. Derartige Sachverhalte rückten in den vergangenen Jahren zunehmend in den Fokus der steuerlichen Betriebsprüfung.
Kernaussage des BFH-Urteils
In seinem Urteil vom 10. April 2019 bestätigte der Bundesfinanzhof seine bisherige Rechtsprechung und stellte erneut klar, dass Drittstaatengesellschaften auch unter der ab 2006 geltenden Rechtslage Kapitaleinlagen steuerneutral zurückgewähren können, so dass nicht jede Kapitalrückzahlung generell als steuerpflichtige Dividende zu behandeln sei.
Dem BFH-Urteil lag ein Fall zugrunde, in dem eine deutsche Kapitalgesellschaft Leistungen einer in den USA ansässigen Kapitalgesellschaft erhalten hat. Das Finanzamt wollte die Leistungen als Dividende erfassen und lehnte eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr ab.
Der BFH stellte fest, dass aufgrund der Kapitalverkehrsfreiheit die Grundsätze zur Einlagenrückgewähr auch auf Leistungen von Drittstaatengesellschaften anwendbar seien. Somit stelle nicht jede Leistung einer Drittstaatengesellschaft eine steuerpflichtige Dividende dar.
Die Höhe des ausschüttbaren Gewinns sei auf der Grundlage des jeweiligen ausländischen Handels- und Gesellschaftsrechts zu ermitteln. Ob eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr vorliege, bestimme sich anschließend nach den allgemeinen deutschen Grundsätzen zur Verwendungsfiktion (Verwendungsreihenfolge, § 27 Abs. 1 S. 3 und 5 KStG).
Danach liege eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr vor, soweit die Leistungen den ausschüttbaren Gewinn zum vorhergehenden Stichtag übersteigen.
Der Bundesfinanzhof betont, dass (anders als bei in der EU ansässigen Gesellschaften) kein gesondertes Feststellungsverfahren mit Ausschlussfrist zu beachten sei, da die gesetzlichen Verfahrensregeln für EU-Gesellschaften nicht anwendbar seien. Stattdessen sei die Prüfung unmittelbar im Festsetzungsverfahren des Gesellschafters vorzunehmen. Dies ist im Hinblick auf die strenge Ausschlussfrist vorteilhaft.
Einordnung und Ausblick
Der Bundesfinanzhof stellt mit diesem Urteil erneut klar, dass auch Drittstaatengesellschaften eine steuerneutrale Rückgewähr von Einlagen erbringen können. Ein aufwendiges formelles Feststellungsverfahren ist nicht erforderlich.
Offen ist, welche Nachweise konkret zu erbringen sein werden, um eine steuerneutrale Einlagenrückgewähr nachzuweisen.
Das BFH-Urteil ist noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht und damit für die Finanzverwaltung nicht bindend. Es bleibt daher abzuwarten, wie sich die Finanzverwaltung positioniert und wie der Gesetzgeber darauf reagieren wird. Insbesondere könnte der Gesetzgeber das Verfahren mit der Ausschlussfrist auch auf Drittstaatengesellschaften übertragen.
Mehr zum Thema:
Einlagenrückgewähr – BFH entscheidet zu Kapitalrückzahlungen aus Drittstaaten