Am 26. Februar 2019 hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) in der Rechtssache Wächtler entschieden, dass die deutsche Wegzugsbesteuerung in ihrer derzeitigen Ausgestaltung im Verhältnis zur Schweiz gegen das Freizügigkeitsabkommen zwischen der Schweiz und der EU verstößt (EuGH v. 26. Februar 2019 – C-581/17, Rs. Wächtler) und ist in vollem Umfang dem Generalanwalt gefolgt.
Das heißt insbesondere, dass auch im Verhältnis zur Schweiz eine unbeschränkte, zinslose Stundung zu gewähren ist. Der EuGH gesteht es dem deutschen Fiskus allerdings, in Abweichung zu den EU/EWR-Sachverhalten (vgl. § 6 Abs. 5 Satz 1 AStG) zu, diese Stundung von einer Sicherheitsleistung (wie bspw. einer Bankgarantie) abhängig zu machen.
Dies gilt jedenfalls für solche Steuerpflichtige, die sich in der Schweiz niederlassen, um dort eine selbstständige Tätigkeit auszuüben.
Es wird spannend sein, zu sehen, wie der Gesetzgeber reagiert. Auf den ersten Blick scheint es verschiedene Möglichkeiten zu geben:
- Denkbar ist die Einbeziehung der Schweiz in die bisherige Regelung für EU/EWR-Sachverhalte (§ 6 Abs. 5 AStG). Damit würde der Gesetzgeber über die Anforderungen des EuGH hinausgehen, da in diesen Fällen die Stundung ohne Sicherheitsleistung erfolgt.
- Denkbar ist weiterhin die Schaffung eines eigenen Stundungsregimes für die Schweiz (unbeschränkt und zinslos, aber mit Sicherheitsleitung).
- Schließlich könnte der Gesetzgeber die vom EuGH geforderte Stundungsregelung sogar auf sämtliche Drittstaatensachverhalte erweitern. Dies erschiene zwar steuersystematisch wünschenswert, da das deutsche Steuersubstrat so geschützt bliebe (Sicherheitsleistung!), andererseits ein Wegzug nicht unnötig erschwert würde. Hierfür müsste der Gesetzgeber jedoch über seinen Schatten springen und gewisse fiskalische Nachteile – nämlich die erst spätere Erhebung der Steuer – in Kauf nehmen.
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