
KI durchdringt immer mehr Lebensbereiche. Laut Sascha Lobo könnte die Entwicklung der generativen KI eine ähnliche Größenordnung wie die Industrialisierung entfalten. „Das geht weit hinaus über das, was zum Beispiel Google gemacht hat“, so Lobo. Während Google die digitalen Weiten erschloss, werde die KI nahezu alle Lebensbereiche beeinflussen – von ökonomischen und gesellschaftlichen Prozessen bis hin zu kulturellen und kommunikativen Aspekten.
Folgen für die Arbeitswelt
Ein besonders interessanter Punkt ist die Auswirkung der KI auf die Arbeitswelt. Lobo weist darauf hin, dass selbst komplexe White-Collar-Jobs, die bisher als unersetzbar galten, nun von Maschinen übernommen werden könnten. „Generative künstliche Intelligenz gibt es zwar schon länger, sie hat aber seit November 2022 einen dramatischen Schub erfahren.“ Dieser Schub habe zu einem Hype geführt, bei dem die Fähigkeiten der KI manchmal überschätzt werden. Dennoch sieht Lobo langfristig wenig Übertreibung, da die Automatisierung von bisher nicht automatisierbaren Bereichen möglich wird.
Eine Studie von McKinsey aus dem Juni 2025 zeigt, dass die Implementierung von KI kein Selbstläufer ist. Unternehmen müssen ihre Prozesse an die KI anpassen, um produktiver und effizienter zu werden. Im Silicon Valley gibt es zudem eine Wette, wann das erste Unternehmen, das nur aus einer Person und KI besteht, eine Milliarde Dollar wert sein wird. Lobo stimmt dabei dem Anthropic Gründer Dario Amodei zu, der dies bereits für das Jahr 2026 prognostiziert.
Im Bereich der Finanzwelt und des Private Equity sieht Lobo zwei große Sphären der KI-Auswirkungen. Zum einen die Automatisierung interner Arbeitsprozesse, die zu schnelleren und präziseren Analysen führt. Zum anderen die Notwendigkeit enormer Investitionen, um die KI-Transformation voranzutreiben. Private Equity spielt hierbei eine entscheidende Rolle, indem es Unternehmen unterstützt, die sich in einem KI-Markt behaupten wollen.
Mut und Risikobereitschaft bei VC-Investoren
Mut ist laut Lobo eine der wichtigsten Fähigkeiten im Bereich Wagniskapital und Frühphasenfinanzierung. „Es ist sehr schwer vorhersehbar, wie genau KI in welchen Bereichen wirkt“, erklärt er. Investoren müssen offener und kleinteiliger investieren, um in einem sich schnell wandelnden Markt erfolgreich zu sein.
Für Führungskräfte empfiehlt Lobo, sich fortzubilden und ein tieferes Verständnis für KI zu entwickeln. „AI Leadership“ werde immer wichtiger, da die Belegschaft zunehmend aus Menschen und KI-Agenten bestehen wird. Führungskräfte müssten lernen, wie sie sowohl menschliche als auch KI-Mitarbeiter effektiv führen können.
Gesellschaftliche Herausforderungen nicht unterschätzen
Abschließend betont Lobo die gesellschaftlichen Herausforderungen der KI. Arbeit diene nicht nur dem Broterwerb, sondern auch der Identifikation und Selbstverwirklichung. Wenn bestimmte Wertschöpfungen ohne den Menschen stattfinden, müssten wir aus seiner Sicht auch intensiv darüber nachdenken, wie wir diese Veränderungen gesellschaftlich bewältigen können.
+++
Dieses Interview entstand im Rahmen des Munich Private Equity Training (MUPET) am 26. Juni 2025 in München.
Sascha Lobo ist Autor, Podcaster und Digitalunternehmer und seit mehr als 15 Jahre auf den Themenbereich Digitalisierung, Digitale Transformation sowie Künstliche Intelligenz fokussiert. Lobo ist zudem Beiratsmitglied der International University of Applied Sciences (IU) mit dem Fokusbereich KI.
Tarek Mardini ist Partner der Kanzlei POELLATH im Bereich Investment Funds in Berlin.
Weitere ausgewählte Beiträge zur MUPET 2024 finden Sie auch in unserem MUPET-Archiv. Sie wollen mehr zum Veranstaltungsformat erfahren? Besuchen Sie unsere MUPET-Themenseite.