Mit dem 15. September 2008 fiel nicht nur eine US-amerikanische Investmentbank, sondern auch ein ganzes Finanzsystem. Dem großen Knall folgte eine bis dato nicht gekannte Regulierungswelle, die die Bankenwelt in ein enges Korsett steckte und bislang lukrative Geschäfte der Geldhäuser massiv einschränkte bis unmöglich machte.
Die Folgen dauern bis heute an. In Zeiten niedriger oder gar negativer Zinsen für Guthaben bringen immer weniger Investoren ihr Geld zu einer normalen Bank, sondern zu einer so genannten Schattenbank. Dabei handelt es sich um Finanzinstitute, die bankenähnliche Dienste anbieten, aber nicht wie eine Bank reguliert werden – und folglich weitaus risikoreichere, aber damit auch renditestärkere Investitionen anbieten können.
Schattenbanken können weder Geld schöpfen noch Geld von der Zentralbank leihen. Stattdessen sammeln sie aus verschiedenen Quellen Geld ein, um dieses anschließend entweder an andere zu verleihen oder selbst zu investieren, z.B. über Fonds. Diese Fonds richten sich in erster Linie an institutionelle Investoren wie große Unternehmen, Versicherungen, Pensionskassen und -fonds, Stiftungen sowie andere Banken. „Daneben gehören aber mittlerweile auch einige private Großfamilien zu den Anlegern, die zum einen die Mittel haben, um in solche Fonds zu investieren, zum anderen aber auch ganz bewusst hier ihr Geld anlegen, um eine höhere Rendite zu erwirtschaften“, so Tarek Mardini, Partner der Kanzlei P+P Pöllath + Partners und Berater im Bereich Private Funds.
Die Macht der Schattenbanken ist dabei über die Jahre hinweg stetig gewachsen. Mittlerweile verwalten sie rund ein Drittel des Finanzsektors und rufen immer mehr Kritiker auf den Plan, die auch diesen Bereich einer stärkeren Regulierung unterwerfen wollen und sie gar als Auslöser einer neuen, noch viel größeren Finanzkrise sehen. Dabei seien Schattenbanken, so der Wirtschaftsjournalist Hans-Jürgen Jakobs, besser als ihr Ruf. „Schattenbanken verfolgen volkswirtschaftlich wichtige Funktionen, weil sie kurzfristig Unternehmen Geld zur Verfügung stellen, damit diese investieren können.“ Großer Nutznießer der Schattenbanken sind auch Start-ups, die besonders in der Gründungsphase mangels Sicherheiten auf diesen „alternativen Finanzierungsweg“ angewiesen sind. Aber auch der öffentliche Sektor profitiert von den Schattenbanken. So sind z.B. Kommunen auf Kredite mit sehr langen Laufzeiten angewiesen, ein Geschäftsmodell, was viele „normale“ Banken aufgrund der derzeitigen Zinslage gar nicht abbilden können.
Bei allen Chancen, die der Schattenbankensektor bietet, dürfen die Risiken natürlich nicht außer Acht gelassen werden. Allein aufgrund der gewaltigen Geldmengen, die rund um den Globus bewegt werden, bergen die Schattenbanken ein systemisches Risiko. Hinzu kommen neue Akteure, insbesondere aus Asien, die den Sektor in den kommenden Jahren noch einmal deutlich wachsen lassen dürften. Das größte Problem, so Wirtschaftsjournalist Jakobs, sei die mangelnde Transparenz. „Wir wissen im Augenblick viel zu wenig über diesen Bereich. Und ohne Transparenz fehlt natürlich dann auch eine Einschätzung, wie gefährlich das Ganze ist – und auch eine Vorbereitung zu möglichen Gegenmaßnahmen“.
Bei diesem Beitrag handelt es sich um eine Zusammenfassung des Podcasts „Die wachsende Macht der Schattenbanken“ von Christian Blees, der am 23. April 2019 bei Deutschlandfunk Kultur – Zeitfragen gesendet wurde. Den Podcast können Sie hier anhören.