
Welchen Herausforderungen muss sich die Fondsbranche stellen, welche Auswirkungen haben Regelungen wie ATAD III für das Fondsmanagement? Diese und weitere praxisrelevante Fragestellungen waren Gegenstand des 13. Hamburger Fondsgesprächs am 9. Oktober 2023. Zu den Hamburger Fondsgesprächen laden traditionsgetreu die Anwälte der Kanzleien Arendt, POELLATH und YPOG ein. Hinter dieser Initiative der Fondsanwälte steht die Idee, in Hamburg ein offenes Forum für die geschlossene Fondsindustrie zu etablieren. Diese 13. Ausgabe im Jahr 2023 markierte die Wiederaufnahme der etablierten Veranstaltung nach der längeren Unterbrechung seit dem 12. Hamburger Fondsgespräch im Jahr 2019. Der diesjährigen Einladung folgten knapp 200 Teilnehmer und nutzten die Plattform zum Gedanken- und Erfahrungsaustausch zu geschlossenen Fondsprodukten.
Eröffnet wurde das 13. Hamburger Fondsgespräch von Netfonds-Chefvolkswirt Folker Hellmeyer, der mit seinem Beitrag mit dem Titel „Die Welt im Umbruch – Europa vor massiven Herausforderungen“ einen Rahmen für kontroversen Austausch bot. Hellmeyers Untersuchung verdeutlichte die wachsende Bedeutung einer umfassenden politischen Analyse für präzise Wirtschaftsprognosen, die auch in der Fondsbranche eine große Rolle spielen. In den anschließenden fünf Paneldiskussionen beleuchteten die Referenten und Diskussionsteilnehmer steuerliche und rechtliche Aspekte der Fondsstrukturierung und gingen dabei auch auf globale Trends und regulatorische Entwicklungen ein.

Fondsstrukturen 2024 – Eine Neubewertung
Impulsvorträge: Dr. Helder Schnittker (YPOG) und Amos Veith (POELLATH)
Podium: Dr. Alexander Mann (Hessische Finanzverwaltung), Dr. Rolf Möhlenbrock (Ministerialdirektor a. D.), Christian Schatz (Flick Gocke Schaumburg), Marco Simonis (Clifford Chance)
Moderation: Uwe Bärenz (POELLATH)
Vom großen Bild, das Folker Hellmeyer gezeichnet hatte, legte die Eröffnungsdiskussion den Fokus auf ein viel kleinteiligeres und technischeres, aber umso bedeutenderes Thema für die steuerliche Fondsstrukturierung. Im Fokus lagen vermögensverwaltende Fondsstrukturen, die seit rund 40 Jahren den üblichen Weg für inländische Private Equity-Strukturen in Deutschland darstellen. Die Intensivierung der Prüfungen durch die Münchner Finanzverwaltung warf die Frage nach der Notwendigkeit einer Neubewertung bisheriger Strukturierungsmodelle auf. Die vermögensverwaltende Fondsstruktur wurde dabei der gewerblichen gegenübergestellt.
Für die Rechtsberatungsbranche geht es bei dieser Diskussion im Kern um die Auslegung einiger Kriterien aus dem BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2003, das als Grundlage für die Abgrenzung vom steuerlichen Gewerbebetrieb zur privaten Vermögensverwaltung dient. Ein Punkt, der im Rahmen dieser Diskussion besonders betont wurde, ist die Grundwertung des internationalen Steuerrechts, nach der Gewinne aus der Veräußerung von Eigenkapitalbeteiligungen der Besteuerung im steuerlichen Ansässigkeitsstaat des Veräußerers unterliegen. Dies wäre grundsätzlich bei einer vermögensverwaltenden Strukturierung gegeben, nicht jedoch bei Gewerblichkeit eines Private Equity Fonds.
Das Panel arbeitete heraus, dass gewerbliche Fondsstrukturen durchaus Vorteile wie Managementflexibilität und Planungssicherheit mit sich bringen und die Gesamtsteuerbelastung typischerweise nicht wesentlich höher ist als bei vermögensverwaltenden Fonds. Fondsmanager und Investoren müssen aber auch steuerliche Nachteile, wie z.B. die Gewerbesteuerpflicht des Fonds und die Steuererklärungspflicht ausländischer Investoren in Betracht ziehen. Für die Praxis bedeutet dies im Ergebnis, dass eine präzise steuerliche Planung notwendig ist, bei der auch Fragestellungen wie der Beteiligung ausländischer Investoren besonderes Augenmerk geschenkt werden muss.
+++ „Private Equity Fonds – Bald gewerblich?“ Im Podcast erläutert PE-Magazin-Autor und Fondsexperte Amos Veith die aktuellen Entwicklungen in der Fondsbesteuerung. Hier anhören. +++
Fondsstandort im Ausland – Pros und Cons
Impulsvortrag: Dr. Dajo Sanning, Dr. Caroline Schrepp (beide YPOG)
Podium: Gilles Dusemon (Arendt), Dr. Alexander Mann (Hessische Finanzverwaltung), Dr. Thomas Töben (YPOG), Patricia Volhard (Debevoise & Plimpton)
Moderation: Uwe Bärenz (POELLATH)
Investoren erwarten robuste Strukturen. Inwieweit diese im Ausland, insbesondere in Luxemburg gefunden werden können, diskutierte das zweite Panel. In Anbetracht des steigenden Wettbewerbs zwischen den europäischen Fondsstandorten wurde hervorgehoben, dass ein ausländischer Fondsstandort nicht nur den Zugang zu spezifischen Märkten ermöglichen kann, sondern auch günstigere steuerliche Rahmenbedingungen und niedrigere Betriebskosten zulasse. Daneben wurden aufsichtsrechtliche Sonderformen wie die luxemburgische RAIF diskutiert, die speziell für Private Equity Fonds geschaffen wurde.
Das Panel beleuchtete außerdem steuerliche Aspekte, die bei der Wahl eines ausländischen Fondsstandortes beachtet werden sollten. Diskussionspunkte reichten von Fallgruppen wie Blocker und Advisory Strukturen über die Auslagerung des Portfoliomanagements. Die Experten unterstrichen die praktische Bedeutung einer sorgfältigen steuerlichen Analyse bei der Auswahl des Standortes, um die Gesamtrendite für die Investoren zu maximieren.
Steuerliche Compliance und Disclosure Anforderungen – Was man weiß, was man wissen sollte
Impulsvortrag: Sonja Baltes (Armira), Wolfram Dickersbach (YPOG)
Podium: Dr. Stefanie Beinert (Hengeler Mueller), Prof. Dr. Thomas Eisgruber (Hochschule Stralsund), Dr. Norbert Scharf (Ufer Scharf), Dr. Rainer Spatscheck (Kantenwein),
Moderation: Ronald Buge (POELLATH)
Die Paneldiskussion zu steuerlicher Compliance und Disclosure Anforderungen klärte über die steigende Komplexität aufsichtsrechtlicher und steuerlicher Rahmenbedingungen für Private Equity und Venture Capital Fonds auf. Aus dieser Komplexität ergibt sich ein steigendes Risiko für Tax Compliance-Verstöße auf Fondsseite. Als mögliche Lösung diskutiert wurde die von der Branche gerade besonders in den Fokus genommene Implementierung von Tax Compliance Management Systemen, sog. Tax CMS. Deren Einführung könnte im Fondsbereich zu einer möglichen Enthaftung und Prüfungserleichterung im Zusammenhang mit Steuerdeklarationen führen.
Die Experten betonten die Bedeutung eines laufenden Monitorings, um mögliche mitteilungsbedürftige Sachverhaltsabweichungen zu identifizieren. Herausforderungen ergeben sich laut der Experten insbesondere aufgrund der uneinheitlichen Verwaltungspraxis und der restriktiven Auskunftserteilung der Finanzbehörden. Für die Praxis wurde die präzise Abstimmung mit den steuerlichen Vorgaben zur erfolgreichen Compliance empfohlen.
Auswirkungen von ATAD III auf PE/VC Fonds
Impulsvortrag: Dr. André Blischke (POELLATH), Jan Neugebauer (Arendt)
Podium: Dr. Nadia C. Altenburg (Flick Gocke Schaumburg), Dr. Malte Bergmann (YPOG), Dr. Sebastian Gocksch (Triton), Dr. Thomas Eisgruber (Hochschule Stralsund)
Moderation: Dr. Julian Albrecht (YPOG)
Die ATAD III (Anti-Tax Avoidance Directive III) ist ein Gesetzesentwurf der Europäischen Kommission vom 22. Dezember 2021 mit dem Ziel, Steuervermeidung und die Gründung von Briefkastenfirmen innerhalb der EU zu bekämpfen. Die Paneldiskussion zu ATAD III beleuchtete die potenziellen Auswirkungen auf Private Equity und Venture Capital Fonds.
Das Hauptaugenmerk von ATAD III liegt auf der Verhinderung der Nutzung von Briefkastenfirmen. Das Panel diskutierte den im Entwurf vorgesehenen Substanztest für Briefkastengesellschaften und warnte vor zusätzlichen steuerlichen Verpflichtungen für Gesellschaften, die den Substanztest nicht erfüllen. Im Rahmen der Diskussion kam die Frage nach der Praktikabilität der vorgesehenen Neuerungen und ihrer Anwendbarkeit auf geschlossene Fonds auf. Besonders kritisiert wurde in dem Zusammenhang die Umkehr von wesentlichen steuerlichen Verfahrenssätzen, die die Anwendbarkeit von ATAD III Vorschriften zur Konsequenz hätte. Hier bleibt abzuwarten, wie der finale Gesetzesentwurf aussehen wird.
Aktuelles aus der Betriebsprüfung
Podium: Raphael Baumgartner (POELLATH), Prof. Dr. Thomas Eisgruber (Hochschule Stralsund), Marvin Feldmann (Dornbach), Christiane Schönbach (WTS)
Moderation: Lukas Engels (YPOG)
In der Abschlussdiskussion gewährten die Podiumsteilnehmer praxisnahe Einblicke in ihre Erfahrungen aus der Betriebsprüfung. Die Diskussion unterstrich die Notwendigkeit eines laufenden Monitorings angesichts sich ändernder steuerlicher Bestimmungen. Dabei wurden bewährte Praktiken und potenzielle Herausforderungen geteilt.
Die geänderte Rechtslage zur Einlagenrückgewähr durch Drittstaaten-Kapitalgesellschaften stellte einen Schwerpunkt der Abschlussdiskussion dar. Weitere Diskussionspunkte in dem Zusammenhang bildeten die Qualifikation ausländischer Gesellschaften, Nachweise zu Einlagen und Ausschüttungen sowie individuelle Nachweismöglichkeiten der Einlagenrückgewähr durch einzelne Gesellschafter. Außerdem wurden Praxisverfahren zur Abzugsfähigkeit von Fondsetablierungskosten ausgetauscht, die im Rahmen der Investitionsphase des Fonds anfallen. Den Abschluss bildete eine Gegenüberstellung von Investmentfonds und Holdinggesellschaften vor dem Hintergrund der Anwendbarkeit des Teileinkünfteverfahrens.
Das 14. Hamburger Fondsgespräch findet voraussichtlich im Herbst 2024 statt. Mehr zum Veranstaltungsformat erfahren Sie hier.
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