
Mit dem Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts (MoPeG) wird ab 2024 die rechtliche Behandlung von Personengesellschaften grundlegend reformiert. Diese Reform wird Auswirkungen auf das Steuerrecht haben – namentlich das Grunderwerbsteuerrecht. Flankierende steuerlichen Änderungen sind dringend geboten. Das Bundesfinanzministerium (BMF) hat den Änderungsbedarf erkannt und nunmehr erstmals einen Diskussionsentwurf zur Novellierung des Grunderwerbsteuergesetzes vorgelegt. Damit wird eine „große Reform“ der Grunderwerbsteuer mit einschneidenden Folgen in Betracht gezogen.
Die Reformvorschläge im Überblick
Zum 1. Januar 2024 entfällt aufgrund des MoPeG weitgehend die sog. Gesamthand. Diese bildet im aktuellen System der Grunderwerbsteuer die Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung von Personen- und Kapitalgesellschaften, insbesondere bei steuerneutralen Grundstücksübertragungen auf oder durch Personengesellschaften.
Erfolgt keine Gesetzesänderung, führt das MoPeG automatisch zum Wegfall (bestehender und künftiger) Steuervergünstigungen.
Abhilfe würde jedenfalls eine „kleine Lösung“ schaffen, wonach mit Übergang in das Jahr 2024 kein automatischer Verstoß gegen die Nachbehaltensfristen aus bereits gewährten Steuervergünstigungen vorliegt. Außerdem wurde eine rechtsformneutrale Erweiterung der bestehenden Begünstigungen diskutiert („mittlere Lösung“). Nach dem nun vorgelegten Entwurf soll jedoch die Rechtsformneutralität sogar bei den Share-Deal-Tat-beständen erreicht werden („große Lösung“).
Aufgegriffen wird mit der großen Lösung dabei offensichtlich das vom „Arbeitskreis Grunderwerbsteuer“ jüngst vorgestellte Grunderwerbsteuer-Modernisierungsmodell (sog. MoMo):
- Die große Lösung beinhaltet die Aufhebung der Share-Deal-Tatbestände und deren Austausch durch eine Neuregelung, welche auf die Vereinigung aller Anteile (d.h. 100 %) an einer Grundstücksgesellschaft abstellt. Die bisherige 90 %-Grenze und der zehnjährige Zeitraum werden durch unbestimmte Rechtsbegriffe („Erwerbergruppe“ und „dienendes Interesse“) ersetzt. Hierdurch sollen künftig Gestaltungen in die Besteuerung einbezogen werden, die bisher die starren Grenzen und Fristen nutzen.
- Die „Erwerbergruppe“ soll Co-Investor-Gestaltungen als grunderwerbsteuerpflichtig erfassen. Sie greift also, wenn verschiedene Personen ihre Erwerbe objektiv im sachlichen oder zeitlichen Zusammenhang miteinander abgestimmt haben.
- Mit dem „dienenden Interesse“ werden Anteile erfasst, die eine Person im Interesse eines Erwerbers bzw. Mitglieds einer Erwerbergruppe hält. Vorbild ist die Rechtsprechung zu eigenen Anteilen und zu den entrechteten Gesellschaftern.
- Die neuen Begriffe sollen durch nicht abschließende Regelbeispiele konkretisiert werden, die im Einzelfall widerlegt werden können. Damit sollen Besonderheiten des Einzelfalls stärker als bisher berücksichtigt werden. Es ist davon auszugehen, dass die Unbestimmtheit der Begriffe kurzfristig zu erheblichen Auslegungsfragen führen wird, zugleich jedoch mittelfristig auch Chancen für die grunderwerbsteueroptimierte (Um-)Strukturierungen bieten werden.
- Weiterhin sieht das MoMo vor, dass Steuervergünstigungen aufgehoben und durch eine neue grundstücksbezogene und am Wirtschaftsleben orientierte Steuervergünstigung ersetzt werden. Steuerfreie Übertragungen im 100%-Konzern sollen damit in vielen Fällen möglich werden.
Der Entwurf greift daneben die Zurechnung von Grundstücken bei Sondervermögen auf. Künftig sollen die Grundstücke in jedem Fall direkt dem Sondervermögen zugerechnet werden und nicht nur der Kapitalverwaltungsgesellschaft. Damit sollen grunderwerbsteueroptimierte „Unit Deals“ durch Übertragung der Anteile am Sondervermögen ausgeschlossen werden.
Ausblick
Die Änderungen sollen ab 2024 in Kraft treten. Es ist jedoch zunächst zu erwarten, dass intensive rechtspolitische Diskussionen zwischen Bund und Ländern geführt werden. Hierbei wird auch die von der FDP politisch geforderte Grunderwerbersteuerermäßigung bei Erwerb einer selbstgenutzten Immobilie eine erhebliche Rolle spielen.
Es ist derzeit nicht absehbar, was das Ergebnis dieser Diskussionen sein wird und ob es zu der kleinen, mittleren oder großen Grunderwerbsteuer-Reform kommen wird. Der ambitionierte Zeitplan einer Reform bis Jahresende erfordert jedoch sorgfältiges Monitoring der Entwicklungen für Immobilieninvestoren.