Beteiligungen an Private-Equity-Fonds und anderen geschlossenen alternativen Investmentfonds wie Private-Debt- oder Infrastrukturfonds sind für das Assetmanagement deutscher institutioneller Investoren im anhaltenden Niedrigzinsumfeld wegen der überdurchschnittlichen Ertragschancen und langfristig prognostizierten Cashflows alternativer Investments nach wie vor ein wichtiges Thema. Dabei hat auch das Jahr 2016 wieder erhebliche Änderungen für diesen Bereich gebracht. Vor allem im Versicherungsaufsichtsrecht ist mit Solvency II zum 1. Januar 2016 eines der größten europäischen Regulierungspakete in Kraft getreten. Die Implementierung der neuen Regeln wird Versicherer und Anbieter von Fondsprodukten ebenso wie ihre Dienstleister noch eine Zeitlang beschäftigen.
Fondsbeteiligungen beeinflussen Kapitalanforderungen
Solvency II enthält u. a. Bestimmungen zu den für Versicherungsunternehmen geltenden Kapitalanforderungen, insbesondere zur sogenannten Solvabilitätskapitalanforderung für Versicherungen im Zusammenhang mit ihren Kapitalanlagen (Solvency Capital Requirement). Aus dieser Kennzahl leitet sich der Eigenmittelbedarf ab, der mit einem von einem Versicherungsunternehmen eingegangenen Risiko einhergeht. Zu den relevanten Risiken gehören auch solche aus Beteiligungen an Private-Equity-Fonds.
Look-Through-Ansatz
Für Beteiligungen an Fonds gilt grundsätzlich ein Look-Through-Ansatz, der dazu dienen soll, die wesentlichen Risiken einer Kapitalanlage zu erfassen. Die Durchschau erfolgt bei Fonds und bestimmten anderen Anlagen, wenn die eigentlichen Marktrisiken einer Anlage sich aus dem mittelbaren Halten eines anderen Vermögensgegenstandes ergeben und nicht bereits aus dem Umstand, dass sich ein Versicherer an einem bestimmten Fonds beteiligt. Der Grad der Transparenz gerade mehrstöckiger Fondsstrukturen kann dabei erhebliche Auswirkungen auf die Zuweisung sogenannter Stressfaktoren und somit auf den durch ein Investment bedingten Eigenmittelbedarf haben. Je nach Datenlage kann auf jeden tatsächlich gehaltenen Vermögensgegenstand, auf die sich aus der Anlagestrategie ergebenden Höchstgrenzen oder auf die Beteiligung an einem Fonds als Ganzes abzustellen sein.
„Typ-1-AIF“
In struktureller Hinsicht kann es bei bestimmten Assetklassen sinnvoll sein, Investments über alternative Investmentfonds zu tätigen. Hintergrund ist die Möglichkeit, unter bestimmten Voraussetzungen über nicht hebelfinanzierte AIF gehaltene Eigenkapitalinstrumente oder sogar ganze Fondsbeteiligungen einheitlich als sogenannte Typ-1-Aktien mit einem Stressfaktor von 39 % zu behandeln. Das gilt auch für Private-Equity-Positionen, für die als sogenannte Typ-2-Aktien sonst der Stressfaktor 49 % gilt. Inwieweit ein Fonds als nicht hebelfinanziert anzusehen ist, bedarf allerdings einer genauen Prüfung. Dies gilt insbesondere bei mehrstufigen Strukturen, wenn auf einzelnen Ebenen Hebelfinanzierungen zum Einsatz kommen.
Qualifizierte Infrastrukturprojekte
Erleichterungen gibt es auch für bestimmte Infrastrukturinvestments. Hier sind für bestimmte Projektfinanzierungen reduzierte Stressfaktoren im Aktien- bzw. Spread-Risiko-Untermodul vorgesehen. Im Eigenkapitalbereich gilt insoweit ein einheitlicher Stressfaktor von 30 %. Nach Aussage der europäischen Aufsichtsbehörde für das Versicherungswesen und die betriebliche Altersversorgung (EIOPA) ist diese Privilegierung im Rahmen des Look-Through-Ansatzes im Grundsatz auch auf Fondsanlagen anwendbar. Allerdings ist die hierfür erforderliche Einordnung als „qualifizierte Infrastruktur“ an zahlreiche Voraussetzungen geknüpft, die sich teils auf die Projekt-, teils auf die Investorenebene beziehen. Eine Erfüllung der Anforderungen erfordert sowohl vertragliche Vorkehrungen als auch eine Berücksichtigung der besonderen Merkmale im regelmäßigen Reporting.
Erleichterungen für Infrastructure Corporates?
Besondere Stressfaktoren für „qualifizierte Infrastruktur“ sind bisher nur im Bereich der Projektfinanzierungen vorgesehen. Allerdings ist die EIOPA im Oktober 2015 beauftragt worden, eine Empfehlung für mögliche Sonderregeln für Beteiligungen an Infrastructure Corporates (Infrastrukturunternehmen) auszuarbeiten.
Prudent Person Principle
Die erst im März 2015 novellierte Anlageverordnung ist mit dem Inkrafttreten von Solvency II Anfang 2016 zunächst außer Kraft getreten. Allerdings bleiben die alten Regeln für bestimmte Investorengruppen weiterhin bestehen. So gilt der bisherige regelbasierte Ansatz fortgesetzt nicht nur für kleine Versicherungsunternehmen sowie Pensionsund Sterbekassen, sondern auch für die der landesrechtlichen Regulierung unterstehenden Versorgungswerke und Zusatzversorgungskassen. Darüber hinaus haben Solvency-II-Investoren wie auch Pensionskassen seit dem 1. Januar 2016 den Grundsatz der unternehmerischen Vorsicht zu beachten. Dieser umschreibt zwar in erster Linie einen auf einem hohen Maß an Eigenverantwortung basierenden Verhaltensmaßstab, der letztlich die Entwicklung und Beachtung interner Richtlinien durch die Investoren erfordert. Die Anlageverordnung ist aber im Rahmen der Überleitung zu Solvency II nach wie vor relevant – selbst in jenen Fällen, in denen sie nicht mehr unmittelbar anwendbar ist.