Seit dem 1. Juli 2020 sind grenzüberschreitende Steuergestaltungen dem Bundeszentralamt für Steuern innerhalb von 30 Tagen mitzuteilen. Zudem sind Altfälle, d. h. Steuergestaltungen, deren erster Schritt nach dem 24. Juni 2018 und vor dem 1. Juli 2020 umgesetzt wurde, innerhalb von zwei Monaten ab dem 1. Juli 2020 mitzuteilen.
EU ermöglicht Verschiebung der Mitteilungsfristen
Angesichts der Covid-19-Pandemie haben sich die EU-Mitgliedstaaten Ende Juni darauf geeinigt, eine Verschiebung dieser Mitteilungspflichten um sechs Monate (zzgl. einer Option zur Verschiebung um drei weitere Monate) zu ermöglichen. Mit dem Corona-Steuerhilfegesetz vom 19. Juni 2020 wurde das Bundesministerium der Finanzen (BMF) ermächtigt, eine Verschiebung der Fristen mittels BMF-Schreiben zu bestimmen.
Keine Verschiebung in Deutschland beabsichtigt
Am 6. Juli 2020 hat eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums bekanntgegeben, dass sich Bundesfinanzminister Olaf Scholz gegen eine Verschiebung der Mitteilungspflichten in Deutschland ausgesprochen hat – entgegen den bisherigen Verlautbarungen der Finanzverwaltung. Die Entscheidung des Bundesfinanzministers soll dem Vernehmen nach auch die Arbeitsebene im BMF überrascht haben.
Sollte es tatsächlich keine Verschiebung der Mitteilungsfristen geben, würden die folgenden Fristen für die Mitteilung an das BZSt gelten:
- keine Mitteilungspflicht für Steuergestaltungen, deren erster Schritt bis zum 24. Juni 2018 umgesetzt wurde;
- bis zum 31. August 2020 für Steuergestaltungen, deren erster Schritt ab dem 25. Juni 2018 und vor dem 1. Juli 2020 umgesetzt wurde; und
- innerhalb von 30 Tagen für Steuergestaltungen ab dem 1. Juli 2020.
In den bisherigen – teilweise unveröffentlichten – Entwürfen des BMF-Schreibens zu den steuerlichen Mitteilungspflichten nach DAC 6 ist vorgesehen, dass verspätete Mitteilungen bis zum 30. September 2020 nicht beanstandet werden sollen, weil am 1. Juli 2020 noch nicht alle Schnittstellen für die elektronische Übermittlung an das BZSt zur Verfügung standen. In Anbetracht der aktuellen Äußerungen des Bundesfinanzministeriums ist es unklar, ob auch diese Fristverlängerung gestrichen werden soll.
Bußgeld bei fehlender, nicht rechtzeitiger oder unrichtiger Mitteilung
Ein Verstoß gegen laufende Mitteilungspflichten, d. h. betreffend Steuergestaltungen ab dem 1. Juli 2020, stellt eine Ordnungswidrigkeit dar und kann mit einem Bußgeld von bis zu 25.000 EUR pro Mitteilung geahndet werden. Verstöße gegen rückwirkende Mitteilungspflichten, die sich auf Steuergestaltungen vor dem 1. Juli 2020 beziehen, sind nicht bußgeldbewährt.
Unter einem Verstoß gegen die Mitteilungspflichten nach §§ 138d ff. AO ist nicht nur die unterbliebene Mitteilung zu verstehen, sondern auch die nicht rechtzeitige oder unrichtige Mitteilung.
Fazit
Angesichts der aktuellen Entwicklungen und der kurzen Mitteilungsfristen von lediglich 30 Tagen, sollten sämtliche grenzüberschreitenden Sachverhalte zügig auf eine Verpflichtung zur Mitteilung an das BZSt überprüft werden. Dabei sollte den laufenden Mitteilungspflichten ab dem 1. Juli 2020 aufgrund der Bußgeldbewährtheit eine besondere Beachtung geschenkt werden.
Interne Compliance-Systeme, die angesichts der erwarteten Fristverschiebung bisher nicht implementiert wurden, sollten nun mit besonderem Nachdruck vorangetrieben werden, um mögliche Bußgelder zu vermeiden.
Gerade wenn mehrere Personen in verschiedenen Jurisdiktionen mitteilungspflichtig sind, führt der Vorstoß des Bundesfinanzministers zu einem erhöhten Compliance-Aufwand für deutsche Mitteilungspflichtige. Denn während die mitteilungspflichten Personen aufgrund der Fristverschiebung in ihrem EU-Mitgliedstaat noch keine Mitteilung vornehmen müssen, läuft die Mitteilungsfrist für die deutschen Mitteilungspflichtigen bereits. Eine Abstimmung der Mitteilung zwischen den beteiligten Mitteilungspflichtigen wird daher voraussichtlich bis zum Beginn des nächsten Jahres nicht nach Sachnähe, sondern nach Ansässigkeit in Deutschland entschieden.
Die finale Fassung des BMF-Schreibens wird Mitte Juli erwartet und sollte Klarheit zu den einzelnen Mitteilungsfristen bringen. Eine Verschiebung der Fristen um sechs Monate wird darin wohl aber nicht zu erwarten sein.
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