
Zugespitzt gesagt ist der RAIF ein SIF bzw. eine SICAR, mit Ausnahme der Genehmigungspflicht und laufenden Beaufsichtigung durch die CSSF. Er kann für alle Assetklassen und in sämtlichen üblichen Gesellschaftsformen oder als FCP-RAIF aufgelegt werden. Er lässt sich auch als Umbrella-Fonds mit einem oder mehreren Teilfonds gestalten. Variables Kapital ist auch für Kapitalgesellschaften möglich (SICAV-RAIF). Der RAIF kann den AIFM-Passport zum grenzüberschreitenden Vertrieb an professionelle Anleger nutzen. In Deutschland ist auch der Vertrieb an semiprofessionelle Anleger zulässig. Damit steht Initiatoren ein extrem flexibles Produkt zur Verfügung.
Der RAIF ist allerdings in zweierlei Hinsicht „reserviert“: Zum einen dürfen nur die von SIF und SICAR bekannten sog. „sachkundigen Anleger“ aufgenommen werden. Dies ist für Initiatoren, die institutionelle Investoren ansprechen, kein Problem. Zum anderen ist der RAIF verpflichtet, einen volllizensierten AIFM zu bestellen. Initiatoren, die für ein erstes kleineres Produkt eine „schmale“ Organisation bevorzugen und keine eigene Volllizenz anstreben, können die Einbindung einer volllizensierten Service-KVG als externer AIFM des Fonds erwägen.
Der RAIF lehnt sich entstehungsgeschichtlich an das SIF- und das SICAR-Regime an. Daher kann er in zwei Varianten aufgelegt werden, der SIF-Variante und der SICAR-Variante Dies hat überwiegend steuerliche Folgen. In der SIF-Variante fallen auf Ebene des RAIF weder Körperschafts-, noch Gewerbe- oder Vermögenssteuer an. Lediglich die sog. Zeichnungssteuer (taxe d’abonnement) in Höhe von 0,01 % des Nettovermögens ist in der Regel zu entrichten. In der SICAR-Variante hängt die steuerliche Behandlung von der gesellschaftsrechtlichen Form des RAIF ab. Im Falle der Kapitalgesellschaften (SA, SCA, S.à r.l.) ist der RAIF grundsätzlich körperschafts- und gewerbesteuerpflichtig, mit Ausnahme von Einkommen und Gewinnen aus Risikokapital. In diesem Fall kann der RAIF aber Doppelbesteuerungsabkommen nutzen. Eine Vermögenssteuer fällt nicht an. Personengesellschaften wie SCS und SCSp werden steuerlich transparent behandelt.
In der SICAR-Variante kann aber nur in Risikokapital investiert werden. Dies sollte zumindest im Private Equity/Venture Capital-Bereich unproblematisch zu erfüllen sein. In der SIF-Variante muss die vom SIF bekannte Risikostreuung (sog. 30 %-Grenze) eingehalten werden. Für Dachfonds ist dabei regelmäßig eine Durchschau auf die Assets der Zielfonds möglich.
Warum noch SIF oder SICAR?
Unmittelbar nach Einführung des RAIF wurden noch in größerer Zahl SIFs und auch einige SICARs und Teil II Fonds aufgelegt. Der RAIF musste sich wie jede Neuerung erst einmal am Markt durchsetzen. Zum Teil handelt es sich auch um Nachfolgeprodukte, die die Struktur des jeweiligen Vorgängerfonds kopieren. Dies kann je nach Erwartungshorizont der Bestandsanleger sinnvoll sein. Diese müssen ihren Gremien unter Umständen jede Rechtsformänderung des Anlagevehikels umständlich erklären. Auch ist nicht ausgeschlossen, dass produktregulierte Fonds noch eine Weile einen gewissen Vertrauensvorsprung bei vorsichtigeren Investoren genießen. Die Vorteile des RAIF liegen aber auf der Hand. Inzwischen sprechen wenige Gründe dafür, Fondsstrukturen noch in den herkömmlichen Formen aufzulegen.
Der RAIF aus Sicht deutscher Anleger
Angesichts der großen Anzahl neu aufgelegter RAIFs überrascht es nicht, dass RAIFs inzwischen auch die ersten investmentrechtlichen Prüfungen durchlaufen haben. Aus Sicht deutscher Anleger stellt der RAIF keine besondere Herausforderung dar. Es gibt keine großen Unterschiede zu anderen (unregulierten) AIFs in Form von Kapital- oder Personengesellschaften. Etwaige aufsichtsrechtliche Besonderheiten durch das RAIF-Gesetz sind von den regulierten Produkten SIF und SICAR hinlänglich bekannt. Im Detail sollte aber sehr genau darauf geachtet werden, wie die aufsichtsrechtliche Freiheit des Produkts genutzt wurde. Insbesondere muss eine steuerliche Analyse berücksichtigen, welche Variante des RAIF (SIF oder SICAR) gewählt wurde.
Der RAIF aus Sicht deutscher Initiatoren
Grundsätzlich hat der RAIF die Varianten, in denen ein Luxemburger AIF aufgelegt werden kann, noch einmal erweitert und wesentliche Lücken geschlossen. Für deutsche Fondsinitiatoren, die Luxemburger Produkte für ihre Kunden auflegen, steht damit eine größere Bandbreite zur Verfügung. Die Fonds lassen sich als Kapitalgesellschaft, Personengesellschaft oder FCP ausgestalten. Insbesondere für Managed Accounts, die höchst individuell gestaltbar sind, bietet der RAIF gegebenenfalls eine gute Alternative. Dies gilt namentlich für steuerbefreite Anleger, die Kapitalgesellschaften bevorzugen. Hier kann dank des SICAV-RAIF ein Produkt mit variablem Kapital angeboten werden, ohne die Nachteile der Produktregulierung des SICAV-SIF in Kauf nehmen zu müssen. Der Preis ist allerdings, dass ein volllizensierter AIFM vorausgesetzt wird. Kleinere Anbieter werden dies nur unter Hinzuziehung einer Service-KVG darstellen können, was zusätzliche Kosten und in gewissem Maße einen Verlust der unmittelbaren Kontrolle mit sich bringt.
Wie auch immer die Strukturierungsentscheidung im Einzelfall ausfällt, der RAIF hat in seinen ersten drei Jahren seine Einführung mehr als gerechtfertigt. Seine Flexibilität bei gleichzeitiger rechtlicher Sicherheit und die Verbindung der besten Elemente des unregulierten AIF mit denen der Produktregulierung sind derzeit unschlagbar.
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