Sowohl für Investoren als auch für das Management von PE-Fonds spielen persönliche Überzeugungen sowie der Wunsch nach einer zusätzlichen Steigerung der Rendite eine Rolle. Es ist zu beobachten, dass bestimmten Anlegergruppen eine Vorreiterrolle zukommt. So sind z.B. Pensionsfonds von vornherein darauf angewiesen, dass ihre Investments Nachhaltigkeitskriterien genügen, da ihr Anlagehorizont sowie die Beziehungen zu ihren Kapitalgebern regelmäßig auf viele Jahrzehnte angelegt sind. Kirchliche und staatsnahe Investoren verfolgen vielfach eigene Sozialaufträge. Stiftungen, die etwa einem bestimmten Forschungsgebiet zugeordnet sind, legen Wert darauf, dass ihre Investments nicht im Widerspruch zu ihrem Forschungsauftrag stehen (z.B. Tabakinvestments bei einer Stiftung im Bereich der Krebserforschung).
Investoren fordern vermehrt, dass PE-Fonds einer ESG-Richtlinie folgen, die den Investorenanforderungen genügt. Eine entsprechende Richtlinie für PE-Transaktionen muss dann diese Vorgaben enthalten und auf diese per se anwendbar sein. Auch wenn sich im Bereich der ESG-Richtlinien noch kein offizieller Standard herausgebildet hat, erfüllen die Principles of Responsible Investment der PRI Association (UNPRI) bereits eine „richtlinienähnliche“ Funktion.
Weiterhin werden konkrete „weiche“ Anlagebeschränkungen gefordert. Diese sind im Gegensatz zu „harten“ Anlagebeschränkungen nicht auf die konkrete Festlegung des Anlagefokuses eines PE-Fonds gerichtet, sondern bestimmen vielmehr Nachhaltigkeitskriterien, die – je nach Investor – bei der Umsetzung des Anlagefokuses zu beachten sind. Zu Anlagebeschränkungen im Bereich der ESG gehören regelmäßig Mindeststandards (u.a. Arbeitsschutz, Umweltschutz, Korruptionsbekämpfung) sowie der Ausschluss bestimmter Branchen von Investitionen (u.a. Waffen, menschliches Klonen, Glücksspiel).
Schließlich fordern Investoren mit Interesse an der Umsetzung von ESG-Kriterien im Rahmen von PE-Transaktionen eine größtmögliche Transparenz des PE-Fonds in Bezug auf die Beachtung und Bedeutung von ESG-Kriterien für die Arbeit des Managements. Dies beginnt grundsätzlich mit einer ESG-Due Diligence in Form von unterschiedlich umfangreichen Fragebögen der Investoren. Kürzere, allgemeinere Fragebögen (z.B. von der PRI Association) sind dabei nicht zwingend einfacher zu beantworten, als längere, spezifisch formulierte Fragebögen (z.B. von Invest Europe). Investoren werden im Rahmen der Due Diligence regelmäßig die Erfahrungen des Managements bei der Umsetzung von ESG-Richtlinien prüfen und sich damit auseinandersetzen, welche Bedeutung dem Thema ESG-Compliance bei dem konkreten PE-Fonds tatsächlich zukommt. Weiterhin werden solche Investoren erwarten, dass ihnen regelmäßig Berichte über die Implementierung der ESG-Richtlinie auf Ebene der Portfoliogesellschaften zur Verfügung gestellt werden. Schließlich werden Investoren Berichte und Angaben über die Einhaltung der ESG-Anlagebeschränkungen und den Umgang mit Verstößen sowie den Absichten der weiteren Verbesserung in der Zukunft einfordern.
Umsetzung der Forderungen der Investoren bei PE-Transaktionen
Zunächst kommt es darauf an, das „Deal-Team“ frühzeitig bei der Vereinbarung von ESG-Kriterien mit den Investoren einzubinden, damit die Umsetzung im Rahmen von Transaktionen sichergestellt ist. ESG-Richtlinien sind dann in die Investment Policy des PE-Fonds zu übersetzen, die die Beachtung von ESG-Kriterien im Rahmen des Erwerbs von Portfoliogesellschaften regeln. Für den Zeitrahmen nach Erwerb sind die Vorgaben der ESG-Richtlinie in eine Active Ownership Policy umzusetzen, die u.a. regelt, wie Stimmrechte für die Beachtung von Nachhaltigkeitskriterien auszuüben sind und wie die Förderung von ESG-gerechter Unternehmenspolitik geschehen soll. Schließlich ist auch abzustimmen, wie die Transparenzforderungen der Investoren umgesetzt werden sollen. Dazu ist eine Monitoring Policy aufzustellen, die auch festlegt, wie einzelne ESG-Kriterien gemessen werden können, sofern es darauf ankommt, durch die Beachtung von ESG-Kriterien eine Renditesteigerung zu erzielen. So kann beispielsweise die Senkung des Krankenstandes durch die Implementierung von Gesundheitsvorsorgemaßnahmen und die anschließende Gegenüberstellung der entstandenen Kosten und des gesunkenen Krankenstandes gemessen werden.
Die ESG-Compliance Due Diligence
Thematische Schwerpunkte der ESG-Compliance Due Diligence sind, neben den Vorgaben der Investoren und eigener Vorgaben des PE-Fonds, insbesondere wesentliche Haftungs- und Reputationsrisiken. Hierzu gehört zunächst die Einhaltung bestimmter rechtlicher Vorgaben als Mindeststandard. Insofern sind ESG-Aspekte häufig bereits Bestandteil einer üblichen Compliance Due Diligence. Über diesen Mindeststandard hinaus können bestimmte Wertvorstellungen als weitere Parameter (z.B. Nachhaltigkeitserwägungen) zu berücksichtigen sein. Besonders relevant wird dies bei Zielunternehmen mit Standorten oder wichtigen Lieferanten in Ländern mit vergleichsweise niedrigen ESG-Standards. Hier werden dann häufig nicht die lokal geltenden Regeln, sondern strengere internationale Standards (z.B. der UN oder der International Labor Organisation) als Maßstab genommen. Themen können Umweltaspekte (z.B. Giftmüll), Arbeitsbedingungen (z.B. Kinderarbeit) oder Fragen der Wirtschaftsethik (z.B. Korruption) sein.
Für eine ESG-Compliance Due Diligence gibt es diverse Muster und Vorlagen. Diese sind allerdings häufig zu umfangreich und bergen zugleich das Risiko, an den eigentlichen Problemen vorbeizugehen. Vorzugswürdig ist ein maßgeschneiderter, risikoadäquater Ansatz. Mittels einer „Desktop Review“ des Zielunternehmens lassen sich in der Regel mögliche Risiken relativ genau einkreisen. In der Folge können „Red Flags“ für die weitere Due Diligence definiert werden. Diese Review könnte anhand des Information Memorandums und der im Datenraum verfügbaren Informationen erfolgen. Relevant sind z.B. die Art des Geschäftsbetriebs, Kunden- und Zuliefererkreise sowie Standorte des Zielunternehmens. Aufschlussreich und wichtig im Hinblick auf die bereits erwähnte Active Ownership Policy ist auch, ob bereits ausreichende Compliance-Maßnahmen vorgehalten werden oder es hier nach Closing Nachbesserungsbedarf gibt.
Ist eine vertiefte Prüfung erforderlich, könnte diese anhand eines Datenraums oder durch Interviews mit dem Management des Zielunternehmens vorgenommen werden. Die Ergebnisse der ESG-Compliance Due Diligence können dann in die Vertragsverhandlungen einfließen, z.B. in Form von Gewährleistungen und Freistellungen oder bei Verhandlungen über den Kaufpreis. Die Verkäufer können auch verpflichtet werden, vor Abschluss oder Vollzug des Vertrags Selbstverpflichtungen auf bestimmte ESG-Aspekte von wichtigen Lieferanten einzuholen. Schließlich zeigen die Ergebnisse der Due Diligence einen möglichen Verbesserungsbedarf in Hinblick auf die ESG-Compliance des Zielunternehmens nach Closing auf.
Compliance-Maßnahmen nach Closing
Bestehen relevante ESG-Risiken, aber kein adäquates Compliance-System, gilt es hier nach Closing nachzubessern. Auch für Compliance-Systeme gibt es eine Vielfalt an Standarddokumentationen, die zwar sehr umfangreich sind, aber tatsächlich vorhandene Risiken nicht angemessen adressieren. Tatsächlich kann ein Compliance-System, das auf einer richtigen Risikoabwägung basiert, sehr schlank und effizient zugleich sein.
Zusammengefasst besteht ein Compliance-System aus drei Komponenten: Die Compliance-Verantwortung sollte personell zugewiesen werden. Wichtig ist hierbei, dass der Compliance Officer über ausreichende Ressourcen und Rückendeckung des Managements (sog. Tone from the Top) verfügt. Den im Rahmen der Risikoanalyse identifizierten Risiken sollte durch ein entsprechendes Regelwerk begegnet werden, beispielsweise durch Verhaltensrichtlinien. Schließlich müssen die Richtlinien in das Unternehmen integriert werden. Dies geschieht zum einen durch Schulungen der relevanten Mitarbeiter und zum anderen durch die Verzahnung mit relevanten Arbeitsprozessen.
Ein ESG-Compliance-System dient nicht nur der Verpflichtung eines PE-Fonds gegenüber seinen Investoren. Verhindert das System Compliance-Verstöße, kann es werterhaltend wirken. In Hinblick auf einen späteren Verkauf, womöglich an einen anderen PE-Fonds mit einer ESG-Richtlinie, kann es den Wert des Unternehmens sogar steigern.