Kryptowährungen, allen voran der Bitcoin, haben in den vergangenen zwei Jahren einen rasanten Aufstieg erlebt, gefolgt von einem fast ebenso rasanten Absturz: Während der erste Wechselkurs des Bitcoin bei 0,08 US-Dollar lag, erreichte er zum Jahreswechsel 2017/18 zwischenzeitlich Werte von mehr als 20.000 US-Dollar. Seit Dezember 2018 liegt er bei etwa 3.000 US-Dollar. Doch trotz des zwischenzeitlich massiven Einbruchs wäre es vorschnell, Kryptowährungen für tot zu erklären. Auch wenn der erste Hype vorüber scheint, könnten sie an Relevanz weiter zunehmen. Mit zunehmender Bedeutung stellen sich aber auch immer mehr Fragen für diejenigen, die im Aufschwung Kryptowährungen erworben haben und oftmals noch in ihren Wallets halten. Eine aus rechtlicher Sicht bislang kaum beachtete Frage ist, wie Kryptowährungen rechtssicher verschenkt oder vererbt werden können und inwiefern hieraus eine Steuerpflicht für die Erben entsteht.
Hohe Hürden für die Erben
Zivilrechtlich ist dies bislang nicht geklärt. Da es sich bei Kryptowährungen nicht um Sachen und nach vorherrschender Meinung der juristischen Literatur auch nicht um sonstige formelle Rechtspositionen wie beispielsweise Forderungen handelt, werden Kryptowährungen wohl letztlich allein durch tatsächliche Handlung übertragen.
Im Erbfall stellt sich dann oft das praktische Problem, dass die Erben den Zugang zur Wallet des Erblassers nicht kennen, in der sich die Coins befinden – es fehlt ihnen dann der elektronische Schlüssel, mit dem die Coins auf der Blockchain weiter übertragen werden können. Im Extremfall kann das zum Totalverlust führen: Obwohl die Coins noch in der Blockchain eingetragen sind, können die Erben faktisch nicht über sie verfügen. Der Erblasser sollte daher dafür Sorge tragen, dass der erforderliche Wissenstransfer gewährleistet ist. Befindet sich der Schlüssel in fremden Händen, stellt sich die Frage von Auskunfts- beziehungsweise Herausgabeansprüchen.
Steuerrechtliche Fragestellungen
Weitere Unklarheiten bestehen steuerlich – es dürfte grundsätzlich Erbschafts- beziehungsweise Schenkungssteuer anfallen, soweit die Freibeträge überschritten sind.
Hinsichtlich des zu versteuernden Wertes gilt das Stichtagsprinzip. Das bedeutet, dass der Wert der Kryptowährung exakt für den Tag festzustellen ist, an dem die Schenkung stattgefunden hat. Gleiches gilt für den Erbfall. Es dürfte der sogenannte gemeine Wert zugrunde zu legen sein, im Ergebnis also der Marktwert – so hat sich kürzlich auch das Bayerische Landesamt für Steuern geäußert. Dies führt aber zu praktischen Problemen: Aufgrund der hohen Volatilität der Kurse und den unter Umständen erheblichen Unterschieden zwischen den verschiedenen Handelsplattformen ist ein exakter Kurs schwer feststellbar. Auch gibt es aktuell noch keine gesetzlichen Regelungen oder Verwaltungsäußerungen, an denen man sich zur Ermittlung des Marktwertes orientieren könnte.
Da ein exakter Kurs unter Einbeziehung aller Handelsplattformen praktisch nicht oder nur unter unverhältnismäßigem Aufwand zu ermitteln ist, dürfte auf einen Mittelwert zurückzugreifen sein. Beispielsweise könnten hierfür einige große Handelsplattformen herangezogen werden, um aus diesen einen Durchschnitt zu bilden. Welche beziehungsweise wie viele das sein sollten, sollte mit der Finanzbehörde abgestimmt werden. Eine gute Kommunikation ist hier unerlässlich, um zu einer tragfähigen und realitätsgerechten Lösung zu kommen.
Fand der Erwerb zu einem Zeitpunkt statt, zu dem die erworbenen Coins noch deutlich werthaltiger waren als zum späteren Zeitpunkt einer möglichen Steuerzahlung, ist aufgrund des Stichtagsprinzips grundsätzlich dennoch der höhere Wert zum Erwerbsstichtag zu versteuern. Im Einzelfall kann aber eine Steuerminderung aus Billigkeitsgründen in Betracht kommen.
Zu beachten ist, dass die Erwerber – die Erben beziehungsweise Beschenkten – gegenüber dem Finanzamt eine Anzeigepflicht trifft. Wird diese missachtet, drohen strafrechtliche Konsequenzen.
Auch wenn das Verschenken und – erst recht – das Vererben von Kryptowährungen den meisten Anlegern nicht zuerst in den Kopf kommen wird, dürfte es doch mehr und mehr zum Thema werden. Zu einer seriösen Storage-Planung gehören nicht nur die sichere Verwahrung und der Schutz vor Hackerangriffen, sondern auch die Regelung für den Fall, dass man nicht mehr selbst auf seine Coins zugreifen kann. Nicht zuletzt die jüngste Äußerung der bayerischen Finanzverwaltung zeigt, dass auch der Fiskus beginnt, sein Augenmerk auf die erbschaft- und schenkungssteuerlichen Aspekte von Kryptowährungen zu legen.
Dieser Beitrag erschien erstmals in: Private Banking Magazin, 8. Februar 2019
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