Am 27. Mai 2021 veröffentlichte der Bundesfinanzhof (BFH) zwei aus Sicht der Beratungspraxis begrüßenswerte Urteile vom 1. Dezember 2020 zur Besteuerung von Managementbeteiligungen (Az. VIII R 21/17 und VIII R 40/18).
Der BFH bestätigt darin die in seinem Urteil vom 4. Oktober 2016 (Az. IX R 43/15) aufgestellten Voraussetzungen für die Besteuerung von Veräußerungserlösen bei Managementbeteiligungen als Einkünfte aus Kapitalvermögen. Erneut erteilt der BFH der Praxis der Finanzverwaltung, Gewinne aus der Veräußerung von Managementbeteiligungen als Tätigkeitsvergütungen voll zu besteuern, eine Absage.
Ferner äußert sich der BFH erstmals zu den Folgen der disproportionalen Zeichnung von Kapitalinstrumenten (sog. „Sweet Equity“) für die Besteuerung von Managementbeteiligungen. Zur Frage der Bewertung von „Sweet Equity“ nimmt der BFH jedoch keine Stellung.
Entschiedene Sachverhalte
In den diesen Urteilen zugrunde liegenden Fällen erwarben die revisionsbeklagten Manager eine Eigenkapitalbeteiligung an einer Gesellschaft, mit der sie direkt oder indirekt durch ein Arbeits- oder selbständiges Beratungsverhältnis verbunden waren. Während es im Urteil VIII R 40/18 um einen angestellten Manager ging, wurde die Beteiligung in dem Urteil VIII R 21/17 von einem freiberuflich tätigen Berater erworben.
In beiden Fällen wiesen die Kapitalbeteiligungen typische Gestaltungselemente einer Managementbeteiligung auf. Dazu gehörten etwa Ankaufsrechte bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit unterschiedlichen Kaufpreisen in Abhängigkeit vom Beendigungsgrund oder „Drag-/Tag-Along Rights“ (Mitverkaufsrechte und -pflichten des Managers/Beraters) bei Verkauf der Beteiligung durch den Hauptinvestor.
Das Kapital der Gesellschaften, an denen die Revisionsbeklagten beteiligt waren, setzte sich in beiden entschiedenen Fällen aus unterschiedlichen Kapitalinstrumenten zusammen. Im Fall VIII R 40/18 war das Eigenkapital der Gesellschaft in drei Anteilsklassen auf-geteilt, von denen der Manager nur Anteile der nachrangigen Klasse C aufgrund des niedrigen Unternehmenswertes zum Erwerbszeitpunkt zu einem sehr niedrigen Kaufpreis erwarb. Im Fall VIII R 21/17 erwarb der Berater nur Anteile am Stammkapital und der Kapitalrücklage I der Gesellschaft, während die beteiligten Finanzinvestoren außerdem Zahlungen in die (vorrangigen) Kapitalrücklagen II und III leisteten und Gesellschafterdarlehen gewährten. Durch diese disproportionale Zeichnung der Kapitalinstrumente („Sweet Equity“) erzielten beide Revisionsbeklagten im Rahmen des Exits eine (verglichen mit den Finanzinvestoren) wesentlich höhere Rendite, waren aber auch einem höheren Verlustrisiko ausgesetzt.
Managementbeteiligung als unabhängiges Sonderrechtsverhältnis
In beiden Urteilen befasst sich der BFH mit der Frage, ob die Erlöse aus der Veräußerung der Beteiligungen durch die (nicht-)selbständige Tätigkeit des Managers/Beraters veranlasst sind, oder die Managementbeteiligung ein davon unabhängiges Sonderrechtsverhältnis darstellt.
Der BFH bestätigt die im Urteil vom 4. Oktober 2016 (Az. IX R 43/15) eingeschlagene Linie. Folgende Indizien sprechen für die Qualifikation einer Managementbeteiligung als unabhängiges Sonderrechtsverhältnis:
- Das Arbeitsverhältnis oder die freiberufliche Tätigkeit begründen keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung.
- Die Beteiligung wird zum Marktpreis erworben und veräußert.
- Der Anteilsinhaber trägt das volle Verlustrisiko aus der Beteiligung, unabhängig von der Höhe des eingesetzten Kapitals.
- Es ergeben sich aus der Tätigkeit keine besonderen Umstände, die Einfluss auf Veräußerbarkeit und Wertentwicklung der Beteiligung nehmen.
Bei der Beteiligung eines Arbeitnehmers ist der Veräußerungserlös auch nicht allein deshalb Arbeitslohn, weil diese (i) von einem Arbeitnehmer des Unternehmens gehalten oder veräußert und (ii) nur Arbeitnehmern des Unternehmens angeboten wird.
Die Beteiligung eines selbständigen Beraters kann nach Auffassung des BFH nur dann zu Einkünften aus selbständiger Tätigkeit führen, wenn die Beteiligung zum Sonderbetriebsvermögen des Beraters gehört. Das ist nach ständiger Rechtsprechung aber nur ausnahmsweise und unter den folgenden Voraussetzungen der Fall:
- Die Tätigkeit der Gesellschaft ergänzt die eigene berufliche Tätigkeit des Beraters.
- Es soll eine auf die Vergabe von Aufträgen gerichtete Geschäftsbeziehung mit der Gesellschaft geschaffen werden.
Hat die Beteiligung gegenüber der Tätigkeit dagegen ein eigenes wirtschaftliches Gewicht im Sinne einer eigenständigen Erwerbsgrundlage, scheidet eine Zuordnung der Beteiligung zur Beratungstätigkeit aus. Insofern gelten für die Abgrenzung der Beraterbeteiligung zur Tätigkeitsvergütung dieselben Kriterien wie für die Managementbeteiligung.
„Sweet Equity“ kein Grund für höhere Besteuerung
Erstmals äußerte sich der BFH auch zu der Relevanz von „Sweet Equity“ für die Besteuerung von Managementbeteiligungen. „Sweet Equity“ bezeichnet das disproportionale Zeichnen von Kapitalinstrumenten durch Manager und Hauptinvestoren, die der Gesellschaft in unterschiedlichem Umfang Eigen- und Fremdkapital zuführen. Dadurch trägt die Beteiligung des Managers ein anderes Chancen-Risiko-Profil als die des Hauptinvestors: Sie ist mit der Chance auf eine überproportionale Rendite verbunden, birgt aber zugleich ein höheres (Total-)Verlustrisiko.
Dem BFH zufolge ist eine höhere Besteuerung der Veräußerungserlöse nicht allein deshalb gerechtfertigt, weil mit der Beteiligung eine „erhöhte Gewinnchance“ verbunden ist. Die Veranlassung durch eine (nicht-)selbständige Tätigkeit scheidet aus, wenn der Manager seine Beteiligung zum Marktpreis erworben hat. Eine „erhöhte Gewinnchance“ wohnt nach Auffassung des BFH grundsätzlich jeder Kapitalbeteiligung inne.
In dem Urteil VIII R 21/17 ging der BFH noch darüber hinaus: Solange der Manager die Beteiligung zum Marktpreis erwirbt, kann auch die Chance auf eine im Verhältnis zu den anderen Investoren deutlich erhöhte Rendite nicht als Beleg für einen Veranlassungszusammenhang mit der Tätigkeit des Managers/Beraters angesehen werden. Vielmehr erhält dieser nur den auf seine Beteiligung entfallenden anteiligen Veräußerungserlös und damit seinen regulären Gewinnanteil.
Damit klärt der BFH die lange zwischen den Finanzgerichten umstrittene Frage, welche Folgen „Sweet Equity“ für die Besteuerung von Managementbeteiligungen hat.
Keine Entscheidung zur Bewertung
Offen lässt der BFH die Frage zur Bewertung von „Sweet Equity“. Insofern hatte sich die Revisionsklägerin im Verfahren VIII R 21/17 zwar in der mündlichen Verhandlung dazu ausgelassen, dass die Managementbeteiligung zu günstig erworben worden sei. Da es sich insofern aber um neuen Tatsachenvortrag handelte, der im Revisionsverfahren nicht mehr berücksichtigt werden kann, konnte der BFH hierzu keine Stellung beziehen. Der Senat sah aber keinen Anhaltspunkt dafür, dass die Tatsachenwürdigung des FG fehlerhaft zustände gekommen sei.