Werbeausgaben für das Schalten von Onlinewerbung bei ausländischen Anbietern können nach aktueller Auffassung der Finanzverwaltung beim inländischen Kunden einer Quellensteuer von 15,825 % (inkl. Solidaritätszuschlag) unterliegen. Bei vertraglichem „Gross-Up“ beläuft sich die Mehrbelastung des inländischen Kunden auf ca. 18,8% der an den ausländischen Anbieter „netto“ zu leistenden Zahlungen. Außerdem unterliegen die Zahlungen möglicherweise der Lizenzschrankenregelung sowie der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung.
Worum geht es?
Die Finanzverwaltung vertritt die Auffassung, dass ausländische Betreiber von Internetportalen (z. B. Suchmaschinen und Social Media) im Inland der beschränkten Steuerpflicht unterliegen, wenn sie an inländische Kunden Werbeleistungen erbringen. Dies betrifft in besonderem Maße werbeintensive Branchen.
Die Finanzverwaltung begründet ihre Rechtsauffassung damit, dass der ausländische Anbieter mit der Werbeleistung sein Know-how an den inländischen Kunden überlässt und dadurch ohne weiteren inländischen Anknüpfungspunkt beschränkt steuerpflichtig wird.
Als Folge hiervon entsteht eine Pflicht des inländischen Kunden Quellensteuer in Höhe von 15,825% für Rechnung des ausländischen Anbieters einzubehalten und an die Finanzverwaltung abzuführen.
Sehr viele ausländische Anbieter sehen in ihren Verträgen vor, dass das vereinbarte Werbeentgelt vom inländischen Kunden „netto“ zu zahlen ist, also ohne Abzug von Quellensteuer („Gross-Up“). In diesem Fall beläuft sich die vom inländischen Kunden an die Finanzverwaltung abzuführende Quellensteuer wirtschaftlich auf ca. 18,8% des an den ausländischen Anbieter zu zahlenden Betrags.
Derartige Sachverhalte werden zunehmend im Rahmen steuerlicher Betriebsprüfungen aufgegriffen. Wird dabei festgestellt, dass die Quellensteuer nicht abgeführt wurde, können entsprechende Haftungsbescheide gegen den inländischen Kunden erlassen werden.
Weitere Folgen können die Anwendbarkeit der Lizenzschrankenregelung sowie der gewerbesteuerlichen Hinzurechnung in Höhe von 6,25% der Aufwendungen sein.
Erstattung der Quellensteuer und Freistellungsbescheinigung?
Die von Deutschland abgeschlossenen Doppelbesteuerungsabkommen weisen im Regelfall das Besteuerungsrecht an den Einkünften eines ausländischen Anbieters von Werbeleistungen dessen Ansässigkeitsstaat zu. In diesem Fall kann der ausländische Anbieter einen formellen Erstattungsantrag bzw. vorab einen Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung beim Bundeszentralamt für Steuern stellen. Da die Finanzverwaltung gegenwärtig die Auffassung vertritt, dass der Anbieter hierfür die strengen (Substanz-)Anforderungen des § 50d Abs. 3 EStG erfüllen muss, werden solche Verfahren häufig abgelehnt. Der inländische Kunde hat gegenüber der Finanzverwaltung keinen Anspruch auf Erstattung der Quellensteuer.
Was kann man tun?
Die Auffassung der Finanzverwaltung ist u.E. nicht zutreffend. Zur Vermeidung eines Haftungsrisikos ist im Einzelfall zu prüfen, ob die Quellensteuer dennoch vom inländischen Kunden einbehalten und an das Bundeszentralamt für Steuern abgeführt werden soll.
Etwaige Verfahren bei der Finanzverwaltung hinsichtlich des Quellensteuereinbehalts sollten offen gehalten werden, da die Auffassung der Finanzverwaltung umstritten und bislang keine höchstrichterliche Rechtsprechung hierzu ergangen ist. Da es sich bei den Werbeleistungen der ausländischen Anbieter u.E. um (aktive) Tätigkeiten handelt, liegt keine Überlassung von Know-how, sondern eine Dienstleistung vor.
Key Facts
- Ausländische Anbieter werden nach Auffassung der Finanzverwaltung durch das Er-bringen von Online-Werbeleistungen an inländische Kunden beschränkt steuerpflichtig in Deutschland.
- Die Quellensteuer für den inländischen Kunden beträgt 15,825% bzw. effektiv 18,8% bei vertraglich vereinbarten „Gross-Up“-Klauseln.
- Eine Quellensteuererstattung an den Anbieter oder eine Freistellungsbescheinigung setzt ein formelles Antragsverfahren voraus. Die inländischen Kunden können keine Erstattung an sich geltend machen.
- Die Rechtsauffassung der Finanzverwaltung ist umstritten.
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