Die aktuelle Studie des Bundesverbands Deutscher Kapitalbeteiligungsgesellschaften e.V. (BVK), der Internet Economy Foundation (IE.F) und der Beratungsgesellschaft Roland Berger befasst sich eingehend mit dem deutschen Venture Capital-Markt. Welche Bedeutung hat Venture Capital für die Volkswirtschaft? Wie hat sich Venture Capital in Deutschland entwickelt? Wo steht Deutschland im europäischen und internationalen Vergleich? Welche Maßnahmen können ergriffen werden, um Venture Capital in Deutschland weiter zu fördern?
„Volkswirtschaftlich betrachtet ist Venture Capital mehr als eine Anlageklasse, es ist geradezu ein Treibstoff für Innovation, Wachstum und Beschäftigung“ (René Obermann, Warburg Pincus)
Für die Studie unter dem Titel „Treibstoff Venture Capital: Wie wir Innovation und Wachstum befeuern“ wurden zahlreiche Interviews mit Venture Capital-Fondsmanagern geführt und umfangreiches Daten- und Studienmaterial ausgewertet.
Deutschland mit Aufholbedarf bei Venture Capital-Investitionen
In 2017 wurde in Deutschland Venture Capital in Höhe von rd. 1,1 Mrd. Euro investiert. In den USA waren es dagegen rd. 63,8 Mrd. Euro. In Deutschland machen Venture Capital-Investitionen damit gerade einmal 0,035 % des Bruttoinlandproduktes (BIP) aus. In den USA sind es rd. 0,371 % des BIP.
Auch gegenüber Asien haben Deutschland und Europa zunehmend das Nachsehen. Lagen Europa und Asien im Jahr 2012 bei den jährlichen Venture Capital-Investitionen noch gleich auf, ist der Unterschied mittlerweile signifikant. Inzwischen liegt Asien mit Venture Capital-Investitionen in Höhe von EUR 62,8 Mrd. in 2017 fast gleichauf mit den USA und hat Europa abgehängt. Insbesondere China investiert verstärkt staatliche Gelder in Form von Venture Capital.
Knackpunkt Later Stage – Studie attestiert zu kleine Investitionsvolumina
Besonders kritisch wird die Finanzierungslücke in der Later Stage gesehen, also in der Finanzierungsphase, in der Unternehmen ihren Marktzugang und ihr Wachstum finanzieren. Der Later Stage-Finanzierung kommt bei der Entwicklung der Unternehmen entscheidende Bedeutung zu. Hier etablieren sich die Unternehmen am Markt und legen den Grundstein für ihren möglichen späteren Erfolg.
In dieser wichtigen Phase fehlt es deutschen Unternehmen im Vergleich zu ihren US-amerikanischen und asiatischen Konkurrenten an Finanzierungsmöglichkeiten. Während in den USA und in Asien mehr als die Hälfte der Venture Capital-Investitionen auf die Later Stage fällt (in Asien sogar über 70 %), sind es in Europa gerade einmal 38 %.
Zu wenig Venture Capital führt zu einem Teufelskreis
Die Studie identifiziert insbesondere folgende Hemmnisse für Venture Capital in Deutschland:
- Es fehlen große deutsche Venture Capital-Fonds, die in der Lage sind, die kapitalintensiven Investitionen der Later Stage zu bedienen.
- Es bestehen zu viele bürokratische und steuerliche Hemmnisse.
- Deutsche institutionelle Investoren (Versicherungen, Pensionskassen etc.) beteiligen sich zu selten an Venture Capital-Fonds.
- Der kapitalgedeckten Altersvorsorge kommt in Deutschland aufgrund des umlagebasierten gesetzlichen Rentensystems insgesamt eine zu geringe Bedeutung zu.
- In Deutschland fehlen Erfolgsgeschichten von Start-ups, die ihren Investoren außergewöhnliche Renditen ermöglicht haben.
Diese Punkte führen zu zwei in sich verflochtenen Teufelskreisen aus mangelnder Kapitalbildung und eingeschränkter Skalierung der hiesigen Unternehmen, die Venture Capital-Investitionen hemmen.
Durchbrechung der Teufelskreise – Studie schlägt 6-Punkte-Plan vor
Die Studie schlägt sechs Maßnahmen vor, um die Teufelskreise zu durchbrechen und Venture Capital in Deutschland zu fördern:
- Later Stage-Investitionen von Venture Capital-Fonds sollten staatlich gefördert werden mit einem Hebelmechanismus zwischen privatem und öffentlichem Geld.
- Es sollte ein staatlicher Venture Capital-Dachfonds errichtet werden, an dem sich auch große private institutionelle Investoren beteiligen.
- Erfolgsbeispiele erfolgreicher deutscher Start-ups sollten vom Staat aktiv verbreitet werden, um die allgemeine Attraktivität von Venture Capital-Investitionen zu steigern.
- Die rechtlichen Rahmenbedingungen für Venture Capital sollten verbessert werden. Dies betrifft insbesondere folgende Punkte: Abschaffung der Umsatzsteuer auf die Vergütung für die Verwaltung von Venture Capital-Fonds (Management Fee), Einführung von gesetzlicher Steuertransparenz für Venture Capital-Fonds, Erweiterung der Abschreibungsmöglichkeiten für Venture Capital-Investitionen und Ausdehnung des INVEST-Zuschusses auf Beteiligungen an Venture Capital-Fonds.
- Einhergehend mit einer Modernisierung des Rentensystems (Förderung kapitalgedeckter Altersvorsorge) sollte die Teilhabe der Bürger am Venture Capital-Markt – und damit an den Erträgen der Digitalwirtschaft – gefördert werden.
- Universitäten und Forschungsinstitute sollten mittels einer Exzellenzinitiative gefördert werden, damit diese ihre Forschungsergebnisse durch Gründung innovativer Start-ups in den Markt bringen und kommerzialisieren können.
Die komplette Studie steht auf den Seiten des BVK als Download zur Verfügung.