
Bereits zum 19. Mal öffnete das Münchener M&A-Forum seine Tore. Beherrschendes Thema in diesem Jahr waren die Investitionsbeschränkungen und die sich daraus ergebenen „Regulatorischen Schranken für M&A-Transaktionen“.
Nach einer Begrüßung durch Dr. Matthias Bruse (Partner, P+P Pöllath + Partners) leitete Dr. Bärbel Sachs (Partnerin, Noerr LLP) das Programm des Abends mit einem Hinweis auf die aktuell hohe Bedeutung des Themas „Investitionsbeschränkungen“ ein. Durch die Neunte Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung vom 14.07.2017 wurden die regulatorischen Hürden ausländischer Investitionen in Deutschland mit Wirkung zum 18.07.2017 erhöht. Auch auf europäischer Ebene ist in Zukunft mit einer erhöhten Regulierung ausländischer Investitionen in Europa zu rechnen.
China auf dem Vormarsch
Der Abend begann mit einem Vortrag von Prof. Dr. Gabriel Felbermayr (Leiter des ifo Zentrums für Außenwirtschaft, München), der die Bedeutung offener Investitionsregime aus volkswirtschaftlicher Sicht betonte. Dabei gab Felbermayr zunächst einen Überblick über die volkswirtschaftliche Rolle von Multinational Enterprises (sog. MNEs) im Vergleich zu heimischen deutschen Unternehmen. Statistisch stellte er fest, dass MNEs zum einen produktiver und daher größer und profitabler sind, zum anderen ihren Arbeitnehmern höhere Löhne bezahlen und diesen eine etwas höhere Jobsicherheit bieten. Aufgrund ihrer Internationalität unterliegen sie zwar geringeren effektiven Steuersätzen auf Gewinne, leisten aber insgesamt durch höhere und stabilere Gewinne höhere Steuerzahlungen.
Sodann fokussierte sich Felbermayr auf die Marktsituation in der Volksrepublik China. Dabei verglich er ausländische Direktinvestitionen (sog. Foreign Direct Investments oder FDIs) von chinesischen Investoren in die EU und von EU-Investoren in China und stellte dabei einen Rollentausch fest. Nachdem China lange Jahrzehnte nicht aktiv war, steigen die FDIs in EU-Staaten seit circa 2013 exponentiell an (Höhepunkt 2016: 7,5% des gesamten FDI-Inflow in der EU aus China, dies entspricht 467 Mrd. Euro). Dagegen sind europäische FDIs in China in den vergangenen Jahren eher rückläufig. Nach wie vor sind chinesische FDIs in den europäischen Markt jedoch als eher gering einzuschätzen. Dominierend sind weiterhin vor allem FDIs aus der USA und der Schweiz. Die FDIs aus China in die EU fließen am häufigsten nach Großbritannien, dann nach Deutschland, gefolgt von Italien und Frankreich.
Wirtschaftspolitisch empfiehlt Felbermayr weiterhin die Offenheit der EU bzw. Deutschlands zu verteidigen, da diese insbesondere in Zeiten geringer Investitionen ein zentraler Erfolgsfaktor sei. Bedarf für eine Anlassgesetzgebung hinsichtlich der gestiegenen FDIs aus China sieht der Außenwirtschaftsexperte hingegen nicht. Um Transparenz und Rechtssicherheit zu schaffen, sei es sinnvoll, Investitionsschutz und -förderverträge mit Emerging Countries (insbesondere China) zu verhandeln. Hierbei sei die Rolle der EU in FDI-Fragen zu berücksichtigen (vgl. Art. 207 AEUV).
Auch US-Regierung sieht ausländische Investments kritisch
Der zweite Vortrag widmete sich dem Thema „The transaction challenges and policy implications of a newly-aggressive CFIUS“ durch Mark Plotkin (Partner, Covington & Burling, Washington D.C.), der Auslandsinvestitionen in die USA und den Einfluss durch Investitionsbeschränkungen des Committee on Foreign Investment in the United States (kurz CFIUS), ein Ausschuss der US-Regierung zur Kontrolle von Auslandsinvestitionen in die USA, beleuchtete. Dabei ging er vor allem auf die Chancen und Herausforderungen für deutsche Unternehmen ein.
Das CFIUS kann grenzüberschreitende Transaktionen von US-Unternehmen überprüfen und diese aus Gesichtspunkten der nationalen Sicherheit sowohl verbieten als auch nach Abschluss der Transaktion die Veräußerung der erworbenen Anteile verlangen.
Skeptisch sei die US-Regierung laut Plotkin aktuell insbesondere gegenüber Investitionen aus China und Russland. Seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump seien bereits viele chinesische Investitionen durch das CFIUS abgelehnt worden. In der Vergangenheit haben chinesische Investoren im Rahmen von Bieterverfahren oft hohe Preise für US-Assets geboten, bei denen deutsche Investoren nicht mithalten konnten. Die verstärkte „Abneigung“ der US-Regierung gegenüber Investitionen aus China könne daher auch einen Vorteil für deutsche Investoren darstellen, die in den USA generell politisch willkommener seien.
Trotzdem sei auch bei deutschen Investitionen in US-Unternehmen mit einer genaueren und längeren Prüfung zu rechnen. Insbesondere seien Nachfragen für den Fall zu erwarten, dass ein Investor in US-sanktionierten Ländern aktiv ist, in China investiert oder an der investierenden Gesellschaft wiederum russische oder chinesische Investoren beteiligt sind. Gleiches gelte für die Veräußerung von US-Assets durch eine deutsche Gesellschaft. Auch hier sei mit einer längeren und genaueren Überprüfung zu rechnen (besonders bei potentiellen chinesischen oder russischen Käufern).
Diese Faktoren sind aber nicht nur bei einem Kauf oder Verkauf von US-Assets zu berücksichtigen. Auch bei ausländischen Investitionen in deutsche Unternehmen spielt dies eine Rolle. So können beispielsweise neue chinesische oder russische Investoren eine Gefahr für bereits existierende Investitionen in US-Unternehmen darstellen. Laut Plotkin könne dies bereits bei einer nur geringen Beteiligung ein Problem darstellen. Dies ist insbesondere für Private-Equity-Fonds, die Portfoliogesellschaften weltweit verwalten, problematisch. Er empfiehlt deshalb bereits im frühen Stadium einer Transaktion, mögliche Bedenken des CFIUS zu berücksichtigen.
Aktuelle Gesetzgebung setzt keine zu hohen Transaktionshürden
Anschließend folgte die Paneldiskussion „Investitionsprüfverfahren – neuer Protektionismus aus Berlin und Brüssel?“ unter der Moderation von Dr. Bärbel Sachs, in der sich Vertreter aus der Transaktionspraxis (Dr. Sabine Stricker-Kellerer, SSK ASIA; Dr. Henrik Drinkuth, CMS Hasche Sigle und Dr. Michael Brüggemann, Taylor Wessing) und Karl Wendling (Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, BMWi) über die aktuellen Entwicklungen austauschten.
Zu Beginn gab Michael Brüggemann einen kurzen Überblick über das Investitionsprüfregime in Deutschland. Er führte aus, dass es in Deutschland grundsätzlich keine Beschränkungen für ausländische Investitionen gäbe. Das BMWi könne allerdings den Erwerb durch ausländische Erwerber zur Vermeidung von Sicherheitsgefahren überprüfen. Voraussetzung für ein Eingreifen des BMWi sei generell, dass durch die Transaktion die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährdet werden. Eine Meldepflicht bestehe nur im Einzelfall. Um Rechtssicherheit hinsichtlich der Prüfungsbefugnis zu schaffen, hat der Erwerber die Möglichkeit, eine Unbedenklichkeitsbescheinigung zu beantragen. Wenn das BMWi innerhalb einer Frist von zwei Monaten kein Prüfverfahren eingeleitet hat, gilt der Erwerb als genehmigt. Wenn das BMWi weitere Unterlagen zur Prüfung anfordert, verlängert sich die Prüfungsfrist auf vier Monate.
Entgegen der zahlreichen Bedenken nach der „Verschärfung“ des Außenwirtschaftsrechts im Sommer 2017 sieht Brüggemann keine gravierende materiell-rechtliche Änderung. Nach wie vor müsse die Investition zu einer Gefährdung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung führen, lediglich die Prüfungsfrist habe sich verlängert. Konsequenzen für die Transaktionspraxis sieht er lediglich darin, dass sich der Zeitraum zwischen Signing und Closing verlängern kann und deshalb die frühzeitige Beantragung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung sinnvoll erscheint.
Sodann geht Brüggemann auf die europarechtlichen Bestrebungen ein, die nationalen Investitionsprüfregime auf EU-Ebene zu vereinheitlichen. Es sollen bestimmte Mindeststandards geschaffen und in diesem Zuge Fristen vereinheitlicht werden. Die Kompetenz für die Untersagungsbefugnis solle aber weiterhin bei den einzelnen Mitgliedsstaaten liegen.
Spezielle Auswirkungen auf das M&A-Geschäft zeigte Henrik Drinkuth auf. Von Bedeutung sei dieses Thema für den Verkäufer insbesondere bei der Teilnahme einer Nicht-EU-Gesellschaft als Käufer im Bieterverfahren. Besonders für Investitionen in sensible Industriezweige, für die eine Meldepflicht besteht, sieht er ein zusätzliches Thema, das bereits im Rahmen der Due Diligence untersucht werden müsse. Er empfiehlt daher die Beantragung einer Unbedenklichkeitsbescheinigung generell bereits vor dem Signing.
Zudem wies Drinkuth auf die Besonderheiten im Rahmen einer öffentlichen Übernahme hin, die daraus resultieren, dass aufgrund des Verbotes von Insiderinformationen ein Antrag auf eine Unbedenklichkeitsbescheinigung vor Veröffentlichung der Angebotsentscheidung nicht gestellt werden könne.
Zum Abschluss sprach sich BMWi-Vertreter Karl Wendling für mehr Pragmatismus aus und betonte, dass man sich bei Bedenken oder Fragen außerhalb eines Verfahrens für weitere Informationen gerne direkt an das BMWi wenden könne.