
Die Corona-Krise ist derzeit das dominierende Thema, natürlich insbesondere mit ihren Auswirkungen auf den Gesundheitssektor und hinsichtlich zu erwartender gesamtwirtschaftlicher Folgen. COVID-19 bedeutet für alle Assetmanager, Service Provider, Berater und institutionelle Investoren einen enormen Kraftakt, nicht nur hinsichtlich einer veränderten Arbeitsstrukturierung, sondern insbesondere auch mit Blick auf Reporting, Risikomanagement und Rebalancing.
Private Equity
Die enorm hohen „Dry-Powder“-Bestände können im jetzigen Umfeld ein Glücksfall sein, da insbesondere in den Unternehmen hoher Finanzierungsbedarf besteht. So sind auch verstärkt Capital Calls bei Bestandsinvestitionen zu verzeichnen, wenn Fonds Liquidität z.B. für Overcommitments oder auch für FX Hedging abrufen.
Bei Neuinvestitionen ist zu erwarten, dass sich Kapitalabrufe erstmal deutlich verlangsamen. Mittelfristig kann es jedoch wieder zu höheren Abrufen kommen, da Entwicklungen nach früheren Krisen zeigten, dass gerade die dann neu aufgelegten Fonds (nicht nur bei Private Equity, sondern auch in anderen Assetklassen) eine sehr gute Performance liefern.
Exits aus bestehenden Investments werden schwieriger, da IPOs im jetzigen Marktumfeld und auch Veräußerungen an strategische oder Finanzinvestoren aufgrund der allgemeinen Marktunsicherheiten zumindest kurzfristig erschwert sein werden. Abzuwarten bleibt zudem, in welchem Umfang neues Fundraising bei institutionellen Investoren im aktuellen Marktumfeld machbar ist und ob bei allen Investoren hinreichende Liquidität zur Erfüllung bereits eingegangener Commitments verfügbar ist.
Überrenditen sind in den Bereichen Healthcare/Medtech/Biotech, aber auch in den Sektoren Telekommunikation und Informationstechnologie – aufgrund der starken Nachfrage z. B. auch hinsichtlich von Homeoffice-Arbeitsplätzen – möglich.
Aufgrund des üblichen Nachlaufs des Net-Asset-Value-Reportings wird eine volle Beurteilung der Auswirkung auf die Krise auf Private-Equity-Fonds erst ab Mai 2020 möglich sein, somit später als z.B. bei Private Debt Investments.
Private Debt
Für Private-Debt-Fonds ergeben sich neue Opportunitäten, da Banken im jetzigen Szenario hinsichtlich der Eigenmittelunterlegung (trotz beabsichtigter Sonderregelungen) an Grenzen stoßen. Aktuell ist Private Debt für syndizierte Darlehen im Sekundärmarkt, aber auch für syndizierte Kredite, deren Platzierung sich verzögert, sehr gefragt. Zudem könnte Private Debt ggf. auch schneller und pragmatischer zur Verfügung gestellt werden als liquide Mittel z. B. über die KfW-Hilfsprogramme. Gegenläufig ist allerdings die erschwerte Bonitätsbeurteilung, da eine verlässliche Erstellung von Planungsrechnung derzeit kaum möglich ist.
Zugleich sind Ausfälle bestehender Darlehen aufgrund mangelnder Liquidität bei den Kreditnehmern absehbar. Betroffen sein werden hiervon insbesondere unbesicherte Kreditgeber, aber auch besicherte Kreditgeber sind ggf. einem Werteverfall der Besicherung ausgesetzt.
Real Estate
Erwartete Effekte auf Immobilien sind gegenläufig: Einerseits wird weiterhin Nachfrage nach Real Estate aufgrund der noch über weitere Monate fortbestehenden Corona-Krise bestehen, nicht nur im privaten Bereich (Betongold). Andererseits gibt es negative Preiseffekte aufgrund eines verstärkten Angebotes, u. a. da Baufinanzierungen nicht mehr wie gewohnt bedient werden können oder Eigentümer ihre Immobilien zur Liquiditätsgenerierung veräußern müssen. Besonders stark betroffen sind Einzel- und Großhandelsimmobilien sowie Einkaufszentren, Gastronomie- und Hotelimmobilien. Hinsichtlich der Realisierungsdauer gilt gleiches wie bereits bei Infrastruktur ausgeführt.
Hedgefonds
Hedgefonds wurden von institutionellen Investoren bewusst in die Portfoliodiversifikation aufgenommen, um für volatilitätsstarke Extremsituationen vorbereitet zu sein. Je nach gewählter Hedgefonds-Strategie ist entsprechend davon auszugehen, dass diese Investitionen nun zur Renditestabilisierung beitragen.
Analysen von Absolut|Alternative vom 20.3.20 zeigen, dass auch hedgefondsähnliche Strategien im UCITS-Mantel, sogenannte Liquid Alternatives, in diesen turbulenten Zeiten auf den Finanzmärkten in der Lage sind, stabilisierender Portfoliobaustein zu sein. Besonders gut performten bisher Long/ShortVolatilitätsansätze. Smart-Beta-Strategien konnten anders als Long/Short-Ansätze im aktuellen Umfeld weniger Rendite erzielen. Auch long/Short Credit Opportunity Funds verzeichnen derzeit positive Stabilisierungseffekte.
Für die Strategie „Event Driven“ können je nach Ausprägung Performanceeinbußen nicht ausgeschlossen werden, u.a. da M&A-Transaktionen kurzfristig kaum wie geplant stattfinden. Mittelfristig sollte hier aber eine Erholung eintreten, da M&A-Transaktionen wieder zunehmen werden; weniger wie bisher mit dem Primärziel der Wachstumssteigerung, sondern eher aus Konsolidierungsgründen.
ESG
Die Ausrichtung der Portfolios an ESG-Kriterien über alle Assetklassen hinweg war bei den meisten Investoren und Assetmanagern in den vergangenen Monaten zentrales Thema. Es bleibt zu hoffen, dass diese Priorisierung auch in der nächsten Zeit aufrechterhalten werden kann, da derzeit auch massive Kapazitäten für fundamentale Themen der Vermögensverwaltung benötigt werden. Gleichwohl werden spätestens mittelfristig gerade auch „G“overnance-Themen besondere Bedeutung haben, somit insbesondere die Beurteilung des Krisenmanagements. Ein anderer zu erwartender Effekt ist die verstärkte Nachfrage nach Erneuerbaren Energien aufgrund der relativ geringen Korrelation dieser Assetklasse zu anderen Klassen gerade im aktuellen Umfeld.
Dieser Beitrag ist ein Auszug aus der am 24. März 2020 vom Bundesverband Alternative Investments e.V. (BAI) veröffentlichten Analyse „Covid-19: Erwartete Effekte auf Alternative Investments – eine erste Einschätzung“.
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