Die EU-Kommission veröffentlichte am 25. November 2021 ihren Vorschlag einer Richtlinie zur Änderung der AIFM-Richtlinie und der OGAW-Richtlinie. Nach zwei Jahren und mehreren Monaten technischer Sitzungen und Triloge der Europäischen Institutionen, wurde nun der finale Kompromisstext der Änderungsrichtlinie veröffentlicht. Als Ergebnis dieser Einigung kann noch immer festgehalten werden, dass die Institutionen die etwa zwölf Jahre alte AIFM-Richtlinie größtenteils für gelungen halten. Die Anpassungen ergänzen die Richtlinien nur punktuell, unter anderem mit dem Ziel, diese weiterhin zu harmonisieren. Die wesentlichen Änderungen betreffen folgende Bereiche:
Substanzanforderungen
Ergänzungen halten Rat und Europäisches Parlament (EP) im Rahmen der Substanzanforderungen der Verwalter alternativer Investmentfonds (AIFMs) für erforderlich. Künftig sind den zuständigen Aufsichtsbehörden im Erlaubnisverfahren weitergehende Angaben bzgl. personeller und technischer Ressourcen der AIFMs zu machen. Erforderlich ist, dass (i) mindestens zwei natürliche Personen über die Führung der Geschäfte des AIFM entscheiden, die entweder hauptberuflich bei diesem AIFM beschäftigt sind oder die als Mitglieder der Geschäftsleitung hauptberuflich die Geschäfte des AIFM führen und (ii) ihren Sitz in der EU haben. Unabhängig von diesem gesetzlichen Minimum können je nach Größe und Komplexität des/der verwalteten alternativen Investmentfonds (AIF) mehr Ressourcen erforderlich sein.
Liquidity Management Tools
Die Implementierung von Liquidity Management Tools (LMT) ist im finalen Text für offene Fonds weiterhin vorgesehen, um das Liquiditätsmanagement zu vereinfachen. Dabei werden verpflichtende Regeln aufgestellt, mit welchen Mitteln AIFMs offener Fonds ausreichende Liquidität sicherstellen sollen. Erforderlich ist die Auswahl von mindestens zwei angemessenen Tools im Sinne des Annex V der Änderungsrichtlinie, wobei deren Nutzung im Ermessen des AIFM liegen wird. Die LMT sollen hierbei passend zur Investmentstrategie, dem Liquiditätsprofil und der Rücknahmepolitik gewählt werden.
AIFMs sind zudem zur Anzeige bei der zuständigen Aufsichtsbehörde verpflichtet, sofern sie Side Pockets oder andere LMT aktivieren/deaktivieren, die nicht im Rahmen der normalen Geschäftstätigkeit gemäß den Vertragsbedingungen des AIF vorgesehen sind.
Die ESMA wird beauftragt, sowohl technische Regulierungsstandards (RTS) als auch Leitlinien in Bezug auf die LMT zu entwickeln.
Harmonisierte Reporting Standards
Harmonisierte Reporting Standards sollen ebenfalls durch sog. Level-2-Maßnahmen definiert werden, die die Kommission auf Vorschlag und Ausarbeitung der ESMA erlassen wird.
Um zudem das Reporting effizienter zu gestalten, sollen die zuständigen nationalen Behörden die Informationen, die sie erhalten, an die anderen Aufsichtsbehörden und die Europäischen Aufsichtsbehörden weitergeben können, sofern dies für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich ist.
Auslagerung (Delegation)
Die finale Fassung unterstreicht die Bedeutung der Einreichung von Auslagerungsvereinbarungen (Delegation/ Sub-delegation Arrangements) bei den nationalen Aufsichtsbehörden im Rahmen von Erlaubnisanträgen und regulatorischer Berichtspflichten. Zu den zu meldenden Informationen gehören u.a. der Gesamtbetrag der delegierten Assets under Management (AuM) und der prozentuale Anteil des Portfolios, die Organisationsstruktur der Auslagerung und Unterauslagerung sowie Einzelheiten zu den beteiligten Personen und deren Funktionen.
Darlehensfonds
Erstmals werden Darlehensfonds inhaltlich umfassend geregelt und harmonisiert. Die Kommission steht grundsätzlich hinter diesem Modell, will aber eine Vereinheitlichung zwischen den Mitgliedstaaten erreichen, die die Darlehensvergabe durch AIFs bislang sehr uneinheitlich handhaben. Der Vorschlag beinhaltet daher materielle Vorgaben u.a. für Investment- und Risikolimits (siehe hierzu „AIFMD-Review – Darlehensfonds werden harmonisiert“).
Weiteres
Anlegerreporting
Zur Stärkung des Anlegerschutzes beinhaltet die finale Fassung der Änderungsrichtlinie Pflichten zur regelmäßigen Offenlegung von Gebühren, Kosten und Aufwendungen, die vom AIFM getragen werden und die direkt oder indirekt dem AIF oder seinen Investitionen zugeordnet werden. Die AIFMs sind zudem dazu angehalten, die direkt oder indirekt von den Anlegern getragenen Gebühren und Kosten jährlich offenzulegen.
Erweiterung der Liste der Nebendienstleistungen
Die Liste von Nebendienstleistungen, die von AIFMs erbracht werden können, wurde durch die finale Fassung erweitert. Umfasst werden nunmehr auch i) Benchmark-Verwaltung (administration of benchmarks), ii) Kreditverwaltung (credit servicing) und iii) jede andere Nebendienstleistung, die bereits von einem AIFM in Bezug auf einen von ihm verwalteten AIF erbracht wird, sofern hierdurch entstehende Interessenkonflikte angemessen geregelt sind. Dabei können entgegen der aktuellen Regelung künftig Nebendienstleistungen wie die Anlageberatung auch dann erbracht werden, wenn der AIFM keine diskretionäre Portfolioverwaltung betreibt.
Ausblick
Es bleibt auch im finalen Entwurf bei dem enttäuschenden Fazit, dass jegliche Änderungen bzw. Erleichterungen des grenzüberschreitenden Vertriebs von AIFs, insbesondere für lediglich registrierte AIFMs fehlen. Das ist bedauerlich gerade für junge PE- und VC-Manager, die von einem erleichterten grenzüberschreitenden Vertrieb immens profitiert hätten.
An der zwischenzeitlichen Überlegung hinsichtlich einer EU-weiten Einführung eines semiprofessionellen Anlegers als eine Unterkategorie des professionellen Anlegers wurde in der finalen Fassung nicht festgehalten. Insofern bleibt abzuwarten, ob die Kommission die Anlegerkategorien stattdessen im derzeit beratenen sog. „Retail Package“ weiter anpassen wird.
Der finale Kompromisstext der politischen Einigung über die Änderung der Richtlinien ist das Ergebnis informeller Verhandlungen zwischen Vertretern des EP und des Rates im Rahmen des Trilog-Verfahrens. Dieser muss nun von beiden EU-Institutionen formell gebilligt werden. Die Abstimmung im EP ist für Februar 2024 vorgesehen, die Abstimmung des Rats dürfte kurz darauf folgen. Den Mitgliedstaaten obliegt es dann binnen 24 Monaten die beschlossenen Änderungen der „AIFMD II“ in nationales Recht umzusetzen. Insofern wird mit einer Umsetzung wohl im Frühjahr 2026 zu rechnen sein. Bestimmte Berichtspflichten treten erst ein weiteres Jahr später in Kraft. Gleichwohl sollten KVGen sich auf das erweiterte Reporting frühzeitig einstellen, da gerade die Verfügbarkeit der erforderlichen Informationen und Daten im Vorhinein sichergestellt werden muss.
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AIFMD-Review – Darlehensfonds werden harmonisiert