Etwa zwölf Jahre nach Inkrafttreten der AIFM-Richtlinie (AIFMD) hat der Rat der Europäischen Union (Rat) den finalen Text zur Änderung der AIFMD (AIFMD II) und der OGAW-Richtlinie veröffentlicht. Zu den wichtigsten Neuerungen dürfte die Schaffung eines einheitlichen Rechtsrahmens für die Darlehensvergabe durch alternative Investmentfonds (AIF) mit Sitz in der EU gehören. Hier hat der Europäische Gesetzgeber erkannt, dass die bislang geltenden, national divergierenden Vorschriften die Schaffung eines effizienten Binnenmarktes für Darlehensfonds verhindern und zu einem Auseinanderfallen des Anlegerschutzniveaus geführt haben. Die in der AIFMD II vorgesehenen, hier skizzierten Änderungen sollen die Regeln für die Vergabe von Darlehen durch AIF nun EU-weit harmonisieren und so einen effizienten Binnenmarkt für kreditgebende AIF schaffen:
Anwendungsbereich
Einige Änderungen der AIFMD II werden alle AIF betreffen, die Darlehen vergeben, unabhängig vom Erreichen eines konkreten Schwellenwerts. Hierzu gehören insbesondere Organisationsanforderungen im Hinblick auf das Risikomanagement des Verwalters alternativer Investmentfonds (AIFM), das Verbot der Vergabe von Organkrediten, eine Kreditobergrenze in Bezug auf bestimmte Kreditnehmer sowie ein Risikoselbstbehalt des AIF. Ein Teil dieser Vorgaben bildet das Kapitalanlagegesetzbuch (KAGB) bereits jetzt ab.
Daneben schafft die AIFMD II eine Definition für den sog. kreditgebenden AIF („loan-originating AIF“). Ein solcher soll dann vorliegen, wenn (i) entweder die Anlagestrategie des AIF hauptsächlich auf die Vergabe von Krediten abzielt oder (ii) die von dem AIF vergebenen Kredite mindestens 50% des Nettoinventarwerts des betreffenden AIF ausmachen. Für solche kreditgebenden AIF gelten nach der Neuregelung durch die AIFMD II verschärfe Vorschriften, insbesondere im Hinblick auf einzuhaltende Grenzen bei der Hebelfinanzierung (Leverage).
Grundsatz: Geschlossene AIF
Die AIFMD II sieht vor, dass kreditgebende AIF grundsätzlich als geschlossene Fonds strukturiert sein sollen. Hierdurch sollen nach der Begründung des Europäischen Gesetzgebers Laufzeitinkongruenzen vermieden und Kreditausfallrisiken verringert werden.
AIFMs, die einen kreditgebenden AIF in einer offenen Struktur verwalten wollen, müssen gegenüber der zuständigen nationalen Aufsichtsbehörde nachweisen können, dass der AIF über Liquiditätsmanagement-Instrumente (Liquidity Management Tools) verfügt, die im Einklang mit seiner Anlagestrategie stehen und eine faire Behandlung der Anleger gewährleisten. Technische Regulierungsstandards sollen hier in Zukunft nähere Vorgaben schaffen und dabei der Art der Kreditvergabe durch den AIFM Rechnung tragen, insbesondere wenn der AIFM nur Gesellschafterdarlehen gewährt, die als eigenkapitalähnlich angesehen werden können und mit einem geringeren Risiko verbunden sind als Kredite an Dritte.
Risikomanagement
AIFMs, die für Rechnung des AIF Darlehen vergeben, sollen zudem über wirksame Strategien, Verfahren und Prozesse für ein effizientes Risikomanagement verfügen. Hiervon umfasst ist u.a. die Verpflichtung zur regelmäßigen Bewertung des Kreditrisikos sowie zur laufenden Überwachung des Kreditportfolios. Diesen Mindestanforderungen an das Risikomanagement dürften deutsche AIFMs, die Darlehensfonds verwalten, bereits jetzt genügen, da § 29 Abs. 5a KAGB in Verbindung mit der KAMaRisk eine entsprechende Organisation des AIFM bereits fordert.
Risikoselbstbehalt und Kreditobergrenze
Nach der AIFMD II soll ein AIF während eines Zeitraums von acht Jahren ab dem Tag der Zeichnung oder (falls dieser Zeitraum kürzer ist) bis zum Laufzeitende des Darlehens mindestens 5 % des Nominalwerts der von ihm vergebenen Darlehen einbehalten. Zur Eindämmung des Risikos der Verflechtung zwischen kreditgebenden AIF und dem übrigen Finanzmarkt, dürfen AIF zudem nicht mehr als 20% ihres Kapitals an einen anderen AIF, OGAW oder an ein Finanzunternehmen (Banken, Versicherungen, Finanzdienstleistungsunternehmen) vergeben. Diese Anforderung erinnert an die bestehende Regelung in § 285 Abs. 2 Nr. 3 KAGB, welcher bereits eine 20%ige Kreditobergrenze vorsieht.
Verbot von Organkrediten
Um Interessenkonflikte zu vermeiden, soll zudem eine Art Organkreditverbot geschaffen werden, das dem AIF untersagt, Darlehen an seinen AIFM, dessen Mitarbeiter, seine Verwahrstelle sowie an Auslagerungsunternehmen zu vergeben.
Hebelfinanzierung (Leverage)
Sogenannte kreditvergebende AIF sollen künftig einer Leveragegrenze von 175% für offene Fonds und 300% für geschlossene Fonds unterliegen. Hierdurch sollen die Stabilität und Integrität des Finanzsystems gewahrt werden. Ausgenommen sollen nur solche AIF sein, die ausschließlich Gesellschafterdarlehen vergeben, welche insgesamt nicht mehr als 150% des Kapitals des AIF betragen.
Ausblick
Über den finalen Kompromisstext der Änderungsrichtlinie wird im Februar 2024 zunächst das Europäische Parlament und im Anschluss der Rat abstimmen. Nach dieser formalen Billigung obliegt es den Mitgliedstaaten, die beschlossenen Änderungen der AIFMD II binnen 24 Monaten in nationales Recht umzusetzen.
Die wichtigste Errungenschaft der AIFMD II für deutsche AIFMs, die kreditgebende AIF verwalten, dürfte die Klarstellung sein, dass diese Kreditvergabe grenzüberschreitend innerhalb der EU möglich ist. In Teilen dürften die gegenwärtigen regulatorischen Anforderungen des KAGB dabei bereits den Vorgaben der AIFMD II entsprechen. Es bleibt abzuwarten, wie der deutsche Gesetzgeber die darüber hinausgehenden Änderungen umsetzen wird.
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