
Hintergrund
Zur Frage der steuerlichen Einordnung des Carried Interest wurden in der Vergangenheit unterschiedliche Auffassungen vertreten.
Zunächst ging man davon aus, dass der Carried Interest ein disproportionaler Ergebnisanteil sei, so dass sich dessen Besteuerung nach der Besteuerung der zugrunde liegenden Einkünfte (Veräußerungsgewinne, Dividenden, Zinsen) richtete. Mit dem sog. PE-Erlass (BMF-Schreiben vom 16. Dezember 2003, BStBl. I 2004, S. 40, Tz. 24 ff.) vertrat die Finanzverwaltung die Auffassung, dass der Carried Interest bei vermögensverwaltenden Private Equity Fonds in eine (verdeckte) Tätigkeitvergütung umzuqualifizieren sei.
Im Jahr 2004 wurde diese Verwaltungsauffassung in § 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG gesetzlich verankert. Danach ist der Carried Interest, den ein Beteiligter an einem vermögensverwaltenden Private Equity Fonds bezieht, den Einkünften aus selbstständiger Arbeit zuzuordnen und demzufolge an sich voll steuerpflichtig. Jedoch wurde zugleich eine besondere Steuerbefreiungsvorschrift geschaffen, wonach 40 % dieser Einkünfte steuerfrei sind (Teileinkünfteverfahren, § 3 Nr. 40a EStG).
Umstritten blieb jedoch, wie der Carried Interest bei Gewerblichkeit des Private Equity Fonds zu behandeln ist.
Teile der Finanzverwaltung vertraten auch bei gewerblichen Private Equity Fonds die Einordnung des Carried Interest als (verdeckte) Tätigkeitsvergütung. Allerdings sollte nach dieser Ansicht das für vermögensverwaltende Private Equity Fonds geltende Teileinkünfteverfahren nicht anzuwenden sein, so dass der Carried Interest als voll steuerpflichtig angesehen wurde.
Die Gegenauffassung sah in dem Carried Interest bei gewerblichen Fonds nach wie vor einen Ergebnisanteil und keine (verdeckte) Tätigkeitsvergütung.
Ungeklärt war ferner, ob ein lediglich gewerblich geprägter Private Equity Fonds für diese Zwecke als vermögensverwaltend (mit der Folge der Anwendung des besonderen Teileinkünfteverfahrens) oder als gewerblich anzusehen sei.
Kernaussagen des BFH-Urteils
In seinem Urteil vom 11. Dezember 2018 entschied der BFH, dass der Carried Interest bei einer gewerblichen Private Equity Fonds keine (verdeckte) Tätigkeitsvergütung, sondern einen disproportionalen Ergebnisanteil darstellt. Daraus folgt, dass das Teileinkünfteverfahren gilt, soweit in dem Carried Interest Veräußerungsgewinne oder Dividenden enthalten sind. Dies gilt auch für gewerblich geprägte oder gewerblich infizierte Private Equity Fonds.
Dem BFH-Urteil lag ein Fall zugrunde, in dem eine gewerblich geprägte Carry-Gesellschaft an mehreren gewerblich geprägten Private Equity Fonds beteiligt war. Das Finanzamt wollte den Carried Interest auf Ebene der Carry-Gesellschaft als Tätigkeitsvergütung behandeln und lehnte die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens ab. Dem trat der BFH entgegen.
Der BFH stellte fest, dass der Carry-Gesellschaft grundsätzlich gewerbliche Einkünfte aus den Private Equity Fonds zuzurechnen seien, da es sich sowohl bei der Carry-Gesellschaft als auch bei den Private Equity Fonds um gewerbliche Personengesellschaften handelt.
Eine Umqualifizierung in eine Tätigkeitsvergütung sei nicht vorzunehmen. Die entsprechende Vorschrift (§ 18 Abs. 1 Nr. 4 EStG) verlangt eine „vermögensverwaltende Gesellschaft“. Gewerblich geprägte oder auch gewerblich infizierte Gesellschaften gelten aber nicht als „vermögensverwaltende Gesellschaften“ in diesem Sinne.
Darüber hinaus spräche auch nach allgemeinen Grundsätzen nichts dafür, dass die Carry-Gesellschaft statt eines Ergebnisanteils eine Tätigkeitsvergütung erzielt habe. Eine gewerbliche Tätigkeitsvergütung erfordert, dass die Zahlungen auf schuldrechtlicher Grundlage und nicht auf Grund des Gesellschaftsverhältnisses erfolgen (z. B. Behandlung der Vergütung als Handelsrechtliche Ausgabe oder Unabhängigkeit vom Ergebnis des Fonds). In dem dem BFH-Urteil zugrunde liegenden Fall war der Carried Interest jedoch im Rahmen der Ergebnisverteilung geregelt, so dass keine gewinnunabhängige (verdeckte) Tätigkeitsvergütung vorlag.
Allerdings sei das Teileinkünfteverfahren entsprechend den allgemeinen Grundsätzen anwendbar, soweit in dem als Ergebnisanteil zu behandelnden Carried Interest Veräußerungsgewinne oder Dividenden enthalten seien.
Einordnung / Ausblick
Das Urteil des BFH stellt in begrüßenswerter Weise klar, dass es sich bei dem Carried Interest bei gewerblichen Private Equity Fonds nicht um eine (verdeckte) Tätigkeitsvergütung, sondern um einen Ergebnisanteil handelt.
Damit ist auch bei gewerblichen Private Equity Fonds zumindest insoweit die Anwendung des Teileinkünfteverfahrens möglich, als in dem Carried Interest Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften und Dividenden enthalten sind.
Bei Vereinnahmung des Carried Interest aus einem gewerblichen Private Equity Fonds durch eine Kapitalgesellschaft sollte damit auch der Weg zur 95 %-Steuerbefreiung nach § 8b KStG eröffnet sein, soweit sich der Carried Interest aus Veräußerungsgewinnen speist.
Offen ist, ob die Entscheidung auch Auswirkungen auf die Besteuerung des Carried Interest aus einem vermögensverwaltenden Private Equity Fonds hat. Der BFH scheint insoweit die bisherige Sichtweise (Umqualifizierung in eine Tätigkeitsvergütung, besonderes Teileinkünfteverfahren) anwenden zu wollen.
Das BFH-Urteil ist noch nicht im Bundessteuerblatt veröffentlicht und damit für die Finanzverwaltung noch nicht bindend. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Finanzverwaltung hierzu positioniert.
Zusammenfassung
- Carried Interest aus gewerblichen Private Equity Fonds wird grundsätzlich nicht als Tätigkeitsvergütung behandelt.
- Vielmehr findet auf die im Carried Interest enthaltenen „durchgereichten“ Gewinne aus der Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften (Veräußerungsgewinne) und Dividenden das sog. Teileinkünfteverfahren Anwendung, so dass diese Carried Interest Anteile zu 40 % steuerfrei sind.
- Dies gilt auch für solche Private Equity Fonds, die nicht originär gewerblich tätig, sondern aufgrund ihrer rechtlichen Struktur (gewerbliche Prägung) oder ihrer Beteiligung an gewerblichen Personengesellschaften (gewerbliche Abfärbung) als gewerblich gelten.
Mehr zum Thema:
Diskussion: Private Equity und Carried Interest