
Damit liegt zum ersten Mal eine höchstrichterliche Entscheidung über eine typische Managementbeteiligungsstruktur in einem Private Equity-Investment vor. Die Finanzverwaltung hatte in den letzten Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen, solche Einkünfte als voll steuerpflichtigen Arbeitslohn zu qualifizieren.
Aber ist mit dieser Entscheidung die Besteuerung von Managementbeteiligungen abschließend geklärt? Leider nicht, wie eine nähere Auseinandersetzung mit dem Thema zeigt.
Maßgebliche Rechtsprechung bisher
Die bisherige Rechtsprechung gab einen Rahmen für relevante Besteuerungsfragen bei Managementbeteiligungen vor, der jedoch viel Interpretationsspielraum ließ:
- BFH vom 17. Juni 2009, VI R 69/06 („EVA-Zertifikate“) In der Entscheidung zur Besteuerung sog. EVA-Zertifikate führte der sechste Senat des BFH aus, dass eine Managementbeteiligung nicht per se zu Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit führen muss, nur weil die Zertifikate allein an leitende Angestellte ausgegeben werden, sie nicht übertragbar sind und bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Sonderkündigungsrecht besteht. Vielmehr kann eine Managementbeteiligung als Sonderrechtsverhältnis neben das Arbeitsverhältnis treten und als solches steuerlich selbständig beurteilt werden.
- BFH vom 5. November 2013, VIII R 20/11 („Genussrechte“) In diesem Fall einer Vergütung auf ein an einen Geschäftsführer gewährtes Genussrecht sah der achte Senat des Bundesfinanzhofs die Zahlung als durch das Arbeitsverhältnis veranlasst an, da die Genussrechte nur leitenden Angestellten der GmbH angeboten wurden, die Verfallklausel für die Genussrechte an das Bestehen des Dienstverhältnisses anknüpfte, und sich die Höhe der Abfindungszahlung in Abhängigkeit vom Verhalten des Klägers als Arbeitnehmer der GmbH bestimmte.
- BFH vom 21. Oktober 2014, VIII R 44/11 („Verzinsung Genussrechte“) Auch in diesem Fall von Mitarbeitergenussrechten qualifizierte der achte Senat die Vergütungen darauf als Arbeitseinkommen, weil über die erfolgsabhängige Verzinsung letztlich ein besonderes Gremium im eigenen Ermessen entschied. Dies entspreche keiner für eine Kapitalüberlassung am Markt üblichen Gestaltung.
Der bisherigen Rechtsprechung ließ sich also entnehmen, dass Managementbeteiligungen grundsätzlich als Sonderrechtsverhältnis eine vom Arbeitsverhältnis selbständige Existenz haben. Die Managementbeteiligung kann eigenständige Erwerbsgrundlage sein, so dass damit in Zusammenhang stehende Einnahmen und Aufwendungen in keinem einkommensteuerrechtlich erheblichen Veranlassungszusammenhang zum Arbeitsverhältnis stehen. Erforderlich ist jedoch, dass das Sonderrechtsverhältnis unabhängig vom Arbeitsverhältnis besteht und den gesamten Leistungsaustausch der Vertragspartner abbildet, ohne dass daneben noch dem Arbeitsverhältnis zuzuordnende, lohnsteuerrechtlich erhebliche Leistungen vorliegen.
Praxis der Finanzverwaltung
Obwohl der Bundesfinanzhof damit ganz klar bestätigt hat, dass Managementbeteiligungen grundsätzlich Kapitalvermögen sein können, ist die Finanzverwaltung dieser Rechtsprechung in der Praxis ungern gefolgt. Sie hat dagegen vor allem die Entscheidung des BFH vom 5. November 2013 herangezogen, wenn es um die steuerliche Beurteilung von Managementbeteiligungen ging.
Denn in fast allen Managementbeteiligungen gibt es für den Fall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ein Ankaufsrecht. Insofern ist der Manager bei Ausübung dieses Ankaufsrechts verpflichtet, die Beteiligung an den Investor zurückzuverkaufen (sog. Leaver Scheme). Der Kaufpreis differenziert dabei danach, aus welchem Grund das Arbeitsverhältnis endet: wird der Manager von der Gesellschaft aus wichtigem Grund gekündigt oder kündigt er selbst ohne Grund (sog. Bad Leaver), so bemisst sich der Kaufpreis häufig nach dem niedrigeren Wert von Anschaffungskosten und Verkehrswert. Ist er für die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses nicht verantwortlich (sog. Good Leaver), so richtet sich der Kaufpreis nach dem Verkehrswert.
Anders als in dem entschiedenen Fall wird die Managementbeteiligung jedoch in der Regel am Markt an den Erwerber des Unternehmens verkauft. Die Ausübung des Ankaufsrechts nach dem Leaver Scheme ist lediglich eine Ausnahme, sie bestimmt nicht grundsätzlich die Einnahmen aus der Managementbeteiligung. Diesen wesentlichen Unterschied zum entschiedenen Fall haben die Finanzämter bisher häufig vernachlässigt.
Urteil des Finanzgerichts Köln vom 20. Mai 2015
Ausgangspunkt für die Entscheidung des BFH vom 4. Oktober 2016 war das Urteil des Finanzgerichts Köln vom 20. Mai 2015. Darin ging es um die Qualifizierung der Veräußerungsgewinne aus einer über eine vermögensverwaltende GbR gehaltenen Managementbeteiligung. Das Finanzamt hatte die sonst nicht steuerbaren Veräußerungsgewinne in Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit umqualifiziert.
An- und Verkauf der Beteiligung hatten unstreitig zu Marktwerten stattgefunden und auch der Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums an der Beteiligung war unstreitig. Für den Fall der Beendigung des Anstellungsverhältnisses bestand ein Leaver Scheme mit folgenden Details:
- Bad Bad Leaver: Abfindung in Höhe der Einlage: Pflichtverletzung, Unzumutbarkeit des Verbleibens oder Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber aus wichtigem Grund
- Bad Leaver: Abfindung in Höhe der Einlage zzgl. 5% p.a. seit Einlageleistung: Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses durch den Beteiligten, Ausschluss wegen Vermögensverfalls oder Beendigung des Anstellungsverhältnisses auf Wunsch des Beteiligten.
- Good Leaver: Variable, erfolgsabhängige Abfindung, mindestens in Höhe der Einlage zzgl. 5% p.a.: Tod des Beteiligten, Beendigung des Anstellungsverhältnisses durch den Arbeitgeber unabhängig vom Grund.
Bei der Good Leaver-Abfindung stieg der Anteil der variablen Abfindung über die Zeit an, der Anteil der Einlagerückzahlung ging entsprechend zurück (sog. Vesting).
Das Finanzgericht hat sich ausführlich mit den Details der vertraglichen Gestaltung und den jeweiligen Argumenten der Parteien auseinandergesetzt. Im Ergebnis folgte es der Einschätzung des Steuerpflichtigen und sah die Details des Sachverhalts nicht als ausreichend an, um eine Umqualifizierung in Arbeitslohn zu rechtfertigen. Aufgelistet reichen folgende Sachverhaltselemente danach auch kumulativ nicht für die Annahme von Arbeitslohn bei einer Managementbeteiligung aus:
- Nur Beteiligung von Managern, keine Zulassung von fremden Dritten
- Vereinbarung von Verfallklauseln/Sonderkündigungsrecht
- Veräußerungsbeschränkungen
- Unterschiedliche Veräußerungspreise bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis (Leaver Scheme)
- Wertabsicherung („Higher of“) bei Good Leaver
- Vesting
Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 4. Oktober 2016
Der Bundesfinanzhof hat das Urteil des Finanzgerichts vollumfänglich bestätigt und sich dabei insbesondere auf die Entscheidung des sechsten Senats vom 17. Juni 2009 gestützt.
Die bloße Kausalität des Arbeitsverhältnisses für den Erwerb der Beteiligung ist allein also nicht maßgeblich, wenn, wie unstreitig festgestellt,
- die Beteiligung zum Marktpreis erworben und verkauft wird und
- ein effektives Verlustrisiko aus der Beteiligung besteht.
Auch die bestehenden Ausschlussrechte aus der GbR im Falle einer Beendigung eines Arbeitsverhältnisses sind letztlich Ausdruck und Folge der Mitarbeiterbeteiligung und rechtfertigen entgegen der Auffassung des Finanzamtes für sich allein noch nicht die Annahme, dass dem Arbeitnehmer durch die Gewährung einer Möglichkeit zur Beteiligung Arbeitslohn zugewendet wird.
Reichweite und Grenzen des BFH-Urteils
Mit der Entscheidung vom 4. Oktober 2016 hat der BFH nun erstmals für eine typische Managementbeteiligung im Zusammenhang mit Private Equity-Investments bestätigt, dass Veräußerungsgewinne daraus nicht als Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit zu qualifizieren sind. Da die Entscheidung im August 2017 im Bundessteuerblatt veröffentlicht wurde (BStBl. II 2017, 790), ist sie auch von der Finanzverwaltung anzuwenden.
Unter Berufung auf diese Entscheidung sollten jedenfalls Sachverhalte, die im Rahmen der Kriterien des entschiedenen Falles bleiben, dem Lohnsteuerrisiko entzogen werden können. Die Abgrenzung von Einkünften aus Kapitalvermögen und aus nichtselbständiger Tätigkeit wird aber immer auf Basis einer Gesamtwürdigung des individuellen Falles stattfinden. Das bedeutet, dass Abweichungen im konkreten Sachverhalt auch zu einer abweichenden Beurteilung führen können.
Zu berücksichtigen ist außerdem, dass u.a. die Frage des Erwerbs des wirtschaftlichen Eigentums der Managementbeteiligung nicht Gegenstand der Entscheidung des FG Köln und des BFH war. Auch die Frage, ob die Managementbeteiligung zu einem fremdüblichen Preis gekauft und wieder verkauft wurde, war im entschiedenen Fall nicht zu behandeln, da Erwerb und Verkauf unstreitig zum Marktpreis stattgefunden haben. Diese Themen stellen inhaltliche Grenzen der BFH-Entscheidung dar.
Daher kann noch nicht generell Entwarnung bei der Besteuerung von Managementbeteiligungen gegeben werden. Die BFH-Entscheidung zeigt aber, dass es sich lohnt, bei einer Besteuerung von Managementbeteiligungen als Arbeitslohn den Rechtsweg zu beschreiten. Die Frage, wo die Grenze zwischen Arbeitslohn und Kapitaleinkünften bei Managementbeteiligungen verläuft, ist leider noch nicht abschließend geklärt.