
Rechtlicher Rahmen und Durchsetzung
Welche Rechts- und Verwaltungsvorschriften gelten für die Fusionskontrolle?
Die Bestimmungen zur Fusionskontrolle in Deutschland sind im Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), insbesondere in den §§ 35 bis 43a, festgelegt. Darüber hinaus hat das Bundeskartellamt mehrere Leitfäden und Bekanntmachungen veröffentlicht, in denen es seine Auslegung bestimmter Vorschriften und bewährter Praktiken zusammenfasst.
Gelten in bestimmten Sektoren (z.B. nationale Sicherheit, wesentliche öffentliche Dienstleistungen) Sonderregelungen?
Der direkte oder indirekte Erwerb von 10%, 20% oder 25% der Stimmrechte an einem deutschen Unternehmen durch einen ausländischen Investor kann der deutschen Regelung zur Prüfung ausländischer Investitionen unterliegen, die im Außenwirtschaftsgesetz und der dazugehörigen Verordnung festgelegt ist. Am 27. April 2021 verabschiedete die deutsche Bundesregierung die 17. Verordnung zur Änderung der Außenwirtschaftsverordnung (17. AWV-Novelle), mit der die im Jahr 2020 begonnene Reform des deutschen Investitionskontrollrechts abgeschlossen werden soll. Die deutsche Regierung kann solche Erwerbe letztlich untersagen oder mit Auflagen versehen, wenn dies zum Schutz der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit erforderlich ist. In diesem Zusammenhang kann ein Erwerb durch ein deutsches Unternehmen, an dem ein Ausländer 10%, 20% oder 25% der Stimmrechte hält, als indirekter Erwerb durch einen ausländischen Investor angesehen werden.
Eine Meldepflicht gilt für direkte oder indirekte Erwerbe von mindestens 10% oder 20% der Stimmrechte, wenn das deutsche Zielunternehmen in bestimmten Bereichen tätig ist. Solche Transaktionen müssen dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK) gemeldet werden. Meldepflichtig sind direkte und indirekte Beteiligungen von Nicht-EU/EFTA-Erwerbern von mindestens 10% an deutschen Unternehmen, die in folgenden Bereichen tätig sind: kritische Infrastrukturen, Bereitstellung kritischer Komponenten, Software oder Cloud-Computing-Dienste in diesem Bereich, Telekommunikationsüberwachung, Telematikinfrastruktur, Rundfunk, Telemedien und Printmedien mit Breitenwirkung.
Mit der 17. AWV-Novelle wurden zudem die Überprüfungsschwellen für bestimmte, bereits erfasste Sektoren von 10% auf 20% der Stimmrechte angehoben: bestimmte Arzneimittel, Medizinprodukte, persönliche Schutzausrüstungen und In-vitro-Diagnostika.
Nach der 17. AWV-Novelle gelten neue Meldepflichten für direkte und indirekte Beteiligungen von Nicht-EU/EFTA-Erwerbern an deutschen Unternehmen, die in folgenden Sektoren tätig sind: Satellitensysteme, Halbleiter, automatisiertes oder autonomes Fahren oder Fliegen, Luft- und Raumfahrt, Robotik, künstliche Intelligenz, Cybersicherheit, Netzwerktechnologien, Zugang zu sensiblen Informationen, Nukleartechnologie, Quantentechnologie, additive Fertigung, Zugang zu lebenswichtigen Einrichtungen, kritische Rohstoffe, Zugang zu Smart-Meter-Gateways und Lebensmittelsicherheit.
Darüber hinaus besteht eine Meldepflicht, wenn das Zielunternehmen Güter herstellt oder entwickelt, die der Ausfuhrkontrolle unterliegen, sowie bestimmte Waffen, militärische Ausrüstung oder Technologie zur Verarbeitung von als Verschlusssache eingestuften Regierungsinformationen oder Komponenten davon, sofern der Erwerber ausländisch ist (einschließlich Erwerbern aus EU- oder EFTA-Staaten).
Gemäß einer Allgemeinverfügung vom 27. Mai 2021 müssen nun einige zusätzliche Pflichtangaben (wie Kaufpreis und Anzahl der Beschäftigten) im Rahmen der Anmeldung gemacht werden. Außerdem ist seit Mitte letzten Jahres eine obligatorische Excel-Tabelle Voraussetzung für eine vollständige Anmeldung.
Das Bundeswirtschaftsministerium kann branchenübergreifend Erwerbe von mindestens 25% der Stimmrechte an einem deutschen Zielunternehmen durch Erwerber von außerhalb der Europäischen Union oder der EFTA prüfen. Für solche Erwerbe besteht keine Meldepflicht. Um Rechtssicherheit zu erlangen, kann ein Erwerber jedoch eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Bundeswirtschaftsministeriums beantragen.
Welche Stelle ist für die Durchsetzung der Regelungen zur Fusionskontrolle zuständig? Welche Befugnisse hat sie?
Für die Durchsetzung der Fusionskontrollvorschriften ist in erster Linie das Bundeskartellamt mit Sitz in Bonn zuständig. Das Bundeskartellamt ist eine unabhängige Bundesbehörde, die dem Bundeswirtschaftsministerium unterstellt ist und hat etwa 400 Mitarbeiter. Die Entscheidungen werden von insgesamt 13 Entscheidungsabteilungen getroffen, die hauptsächlich nach Wirtschaftszweigen organisiert sind. Innerhalb der Entscheidungsabteilungen wird jeder Fall von einem Kollegialorgan entschieden, das aus dem Vorsitzenden der jeweiligen Abteilung und zwei Beisitzern besteht. Alle Entscheidungen müssen Mehrheitsentscheidungen sein. Die Entscheidungsabteilungen entscheiden autonom und sind in ihrer Entscheidungsfindung nicht an Weisungen gebunden.
Das Bundeskartellamt hat ein breites Spektrum an Befugnissen. Insbesondere kann es Geschäfte untersagen oder unter Auflagen oder Bedingungen freigeben. Um seine Kontrollbefugnisse zu wahren, kann er unter bestimmten Umständen Unterlassungsanordnungen erlassen oder die Auflösung eines Zusammenschlusses anordnen. Bei Nichteinhaltung der Fusionskontrollvorschriften kann die Fusionskontrollbehörde erhebliche Geldbußen verhängen. Außerdem verfügt sie über beträchtliche Befugnisse zur Informationsbeschaffung.
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Mondaq_Merger Control Comparative Guide
Dieser Beitrag ist erstmals erschienen in: Mondaq, Merger Control Comparative Guide, 1. Februar 2022