Mit Wirkung zum 1. Januar 2020 ist das Gesetz zur Einführung einer Pflicht zur Mitteilung grenzüberschreitender Steuergestaltungen (BGBl. I 2019, S. 2875) in Kraft getreten. Das Gesetz setzt die Anforderungen der Änderungsrichtlinie (EU) 2018/822 vom 25. Mai 2018 zur Amtshilferichtlinie (Directive on Administrative Cooperation – kurz: DAC 6) in deutsches Recht um und kann für so genannte Intermediäre und Nutzer einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung zu einer Mitteilungspflicht beim Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) führen.
Key Facts
- Eine grenzüberschreitende Steuergestaltung muss dem BZSt ab dem 1. Juli 2020 mitgeteilt werden. Ferner müssen auch Altfälle (erster Schritt nach dem 24. Juni 2018 umgesetzt) rückwirkend innerhalb von zwei Monaten nach dem 30. Juni 2020 mitgeteilt werden.
- Sowohl der PE- bzw. VC-Fonds selbst als auch Portfolioinvestitionen des Fonds können im Einzelfall eine grenzüberschreitende Steuergestaltung darstellen. Typischerweise ist der Fondsmanager als Intermediär anzusehen und muss daher die Mitteilung beim BZSt übernehmen.
- Investoren sind regelmäßig Nutzer der Steuergestaltung, indem sie sich an einem PE- oder VC-Fonds beteiligen. Der Fondsmanager muss Ihnen die vom BZSt zugewiesene Registriernummer und Offenlegungsnummer weiterleiten. Die Nummern müssen in der Steuererklärung der Investoren angegeben werden.
- Die beratenden Rechtsanwälte oder Steuerberater können die Meldung beim BZSt für den Fondsmanager oder den Investor übernehmen, wenn sie von ihrer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht entbunden werden.
Die wichtigsten Neuerungen im Überblick
Verpflichteter Personenkreis
Die Mitteilungspflicht trifft grundsätzlich den so genannten Intermediär. Als Intermediär gilt jeder, der eine grenzüberschreitende Steuergestaltung vermarktet, für Dritte konzipiert, organisiert oder zur Nutzung bereitstellt oder ihre Umsetzung durch Dritte verwaltet.
In einigen Fällen kann die Mitteilungspflicht auch den Nutzer einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung treffen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Nutzer die Steuergestaltung selbst für sich konzipiert hat oder kein Intermediär in Deutschland oder der EU ansässig ist. Außerdem ist der Nutzer selbst zur Mitteilung verpflichtet, wenn der Intermediär einer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht unterliegt (insb. bei Rechtsanwälten und Steuerberatern) und der Nutzer den Intermediär von der Verschwiegenheitspflicht nicht entbindet.
Begriff der grenzüberschreitenden Steuergestaltung
Der Begriff der grenzüberschreitenden Steuergestaltung wird vom Gesetz umfangreich definiert. Die zentrale Voraussetzung hierbei ist das Vorliegen eines so genannten Kennzeichens (hallmark). Teilweise muss neben dem Kennzeichen noch ein steuerlicher Vorteil vorliegen, der ein Hauptvorteil der Steuergestaltung ist (main-Benefit-test).
Die neue Regelung enthält eine abschließende Liste mit verschiedenen Kennzeichen, die eine Steuergestaltung ausmachen sollen. Dabei genügt es, wenn bereits eines der Kennzeichen erfüllt ist. Zu den Kennzeichen zählen zum Beispiel:
- die Vereinbarung einer Vertraulichkeitsklausel, die eine Offenlegung der Steuergestaltung gegenüber anderen Intermediären oder den Finanzbehörden verbietet;
- eine standardisierte Dokumentation oder Struktur der Gestaltung, die nicht wesentlich für den Nutzer angepasst werden muss;
- eine Gestaltung, die Einkünfte in andere nicht oder niedriger besteuerte Einnahmen umwandelt;
- eine Gestaltung, bei der eine Befreiung von der Doppelbesteuerung für dieselben Einkünfte in mehr als einem Steuerhoheitsgebiet vorgenommen wird; sowie
- bestimmte Verrechnungspreisgestaltungen.
Nicht erfasst von der neuen Regelung sind Steuergestaltungen, die ausschließlich die Umsatzsteuer oder Zölle zum Gegenstand haben.
Verfahrensfragen
Die Mitteilungen zu Steuergestaltungen sind dem BZSt in elektronischer Form zu übermitteln. In Abhängigkeit von der Anzahl der Mitteilungen kann hierzu das BZStOnline-Portal genutzt werden. Für eine große Anzahl von Mitteilungen soll eine elektronische Schnittstelle für Massendaten (ELMA) vom BZSt bereitgestellt werden.
Mitteilungspflichtige, die nicht anderweitig bereits einen Zugang zum BZStOnline-Portal haben – etwa für die Übermittlung von Daten nach FATCA oder dem so genannten Common Reporting Standard (CRS) – sollten sich ab Februar 2020 zum Mitteilungsverfahren anmelden und sich ab April 2020 beim BZStOnline-Portal registrieren.
Nachdem die grenzüberschreitende Steuergestaltung mitgeteilt wurde, weist das BZSt der Steuergestaltung eine Registriernummer und der eingegangenen Mitteilung eine Offenlegungsnummer zu. Diese Nummern teilt das BZSt dem Intermediär mit.
Der Intermediär hat die zugewiesenen Nummern wiederum an den jeweiligen Nutzer weiterzuleiten, denn der Nutzer muss beide Nummern in der entsprechenden Steuererklärung angeben.
Damit erfüllt die neue Mitteilungspflicht einerseits einen steuerpolitischen Zweck, indem die Gesetzgeber der EU Mitgliedstaaten frühzeitig über Entwicklungen am Markt informiert sein wollen. Andererseits weist sie einen veranlagungsbegleitenden Zweck auf, da den Finanzbehörden eine gezieltere Prüfung ermöglicht wird.
Fristen
Die Mitteilungspflicht beginnt bereits ab dem 1. Juli 2020. Der relevante Stichtag ist der 30. Juni 2020, d. h. es sind alle Steuergestaltungen mitzuteilen, die (i) nach dem Stichtag zur Umsetzung bereitgestellt werden, (ii) bei denen der Nutzer nach dem Stichtag zu ihrer Umsetzung bereit ist oder (iii) bei denen der erste Schritt der Umsetzung nach dem Stichtag gemacht wurde. Die Mitteilungen sind innerhalb von 30 Tagen zu machen.
Es ist jedoch zu beachten, dass die neue Mitteilungspflicht auch auf Altfälle Anwendung findet. Dazu zählen Steuergestaltungen, bei denen der erste Schritt nach dem 24. Juni 2018 und vor dem 1. Juli 2020 umgesetzt wurde. Sämtliche Altfälle sind innerhalb von zwei Monaten nach dem 30. Juni 2020 mitzuteilen.
Auswirkungen auf Private Equity- und Venture Capital Fonds
Die neue Mitteilungspflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen hat weitreichende Auswirkungen für deutsche Manager und Investoren von Private Equity- und Venture Capital-Fonds. Die ggf. erforderliche Meldung beim BZSt kann allerdings von den beratenden Rechtsanwälten oder Steuerberatern übernommen werden.
Mitteilungspflicht für Fondsmanager
Fondsmanager müssen bereits beim Fundraising beachten, dass das Fondsvehikel eines Fondsprogramms als Steuergestaltung eingestuft werden kann. Dabei ist ein deutscher Fondsmanager typischerweise als Intermediär anzusehen, der dem BZSt die Steuergestaltung (inkl. Angaben zu den Investoren) mitteilen muss. Die vom BZSt zugeteilte Registrier- sowie Offenlegungsnummer muss der Fondsmanager an die Investoren weiterleiten.
Auch die jeweiligen Portfolioinvestitionen können je nach Struktur und Finanzierungsform eine grenzüberschreitende Steuergestaltung im Sinne der Neuregelung darstellen. Für eine gesicherte Aussage hierüber ist jedoch für jede Portfolioinvestition eine Überprüfung im Einzelfall erforderlich. Sollte sich eine Portfolioinvestition tatsächlich als mitteilungspflichtige Steuergestaltung herausstellen, ist der deutsche Fondsmanager als Intermediär zur Mitteilung beim BZSt verpflichtet. Nutzer der Steuergestaltung ist in diesem Fall das Fondsvehikel, selbst wenn es eine (ausländische) Personengesellschaft oder ein (ausländisches) Sondervermögen ist.
Fondsmanager aus anderen EU-Mitgliedstaaten sollten sich einer ähnlichen Mitteilungspflicht gegenüber der dort zuständigen Finanzbehörde ausgesetzt sehen.
Da die Neuregelung (bisher) keine Mitteilungspflicht für rein nationale Gestaltungen vorsieht, scheidet eine Pflicht zur Mitteilung durch den Fondsmanager jedenfalls dann aus, wenn er ein deutsches Fondsvehikel auflegt und sich hieran ausschließlich deutsche Investoren beteiligen. Dasselbe gilt, wenn dieser Fonds ausschließlich Portfolioinvestitionen in Deutschland vornimmt.
Folgen für Investoren in PE- und VC-Fonds
Deutsche Investoren, die sich an Private Equity- oder Venture Capital-Fonds beteiligen, können Nutzer einer Steuergestaltung sein. Für diesen Fall sollte bereits im Vorfeld der Investition mit dem Fondsmanager eine Klausel im Side Letter vereinbart werden, wonach der Fondsmanager zur Meldung der Steuergestaltung und zur Weiterleitung der vom BZSt oder der zuständigen Behörde eines anderen EU-Mitgliedstaates zugewiesenen Registriernummer und Offenlegungsnummer an den Investor verpflichtet wird.
Im Hinblick auf die Portfolioinvestitionen des Fonds sind die Investoren regelmäßig nicht als Nutzer anzusehen, sondern das Fondsvehikel selbst. Insoweit unterliegen die Investoren daher keiner Mitteilungs- oder Dokumentationspflicht.
Von besonderer Relevanz für deutsche Investoren sind Beteiligungen an einem Fonds, dessen Fondsmanager nicht in der EU ansässig ist. Denn sofern der Intermediär weder in Deutschland ansässig ist, noch verpflichtet ist, die Steuergestaltung in einem anderen EU-Mitgliedstaat zu melden, geht die Mitteilungspflicht auf den Nutzer – also auf den Investor – über. Für US-amerikanische Fondsprogramme dürfte die Mitteilungspflicht daher typischerweise den Investor treffen.
Meldung durch (Rechts-)Berater
Die Meldung kann aber auch von den beratenden Rechtsanwälten oder Steuerberatern vorgenommen werden. Lassen sich Fondsmanager bzw. Investoren von Rechtsanwälten oder Steuerberatern beraten, sind die Berater typischerweise (ebenfalls) als Intermediäre anzusehen. Aufgrund berufsrechtlicher Vorschriften unterliegen Rechtsanwälte und Steuerberater allerdings einer Verschwiegenheitspflicht und sind daher grundsätzlich nur teilweise zur Mitteilung beim BZSt verpflichtet. Im Übrigen verbleibt die Mitteilungspflicht beim Fondsmanager oder ggf. bei den Investoren.
Sofern der Fondsmanager bzw. der Investor seine Berater von ihrer gesetzlichen Verschwiegenheitspflicht entbindet, können die Berater die vollständige Meldung beim BZSt übernehmen. Der Fondsmanager bzw. der Investor ist dann von einer eigenen Mitteilungspflicht befreit, wenn er nachweisen kann, dass ein anderer Intermediär die Gestaltung bereits gemeldet hat. Hierzu genügt es, wenn er sich die Registriernummer und die Offenlegungsnummer vom Berater weiterleiten lässt.
Mehr zum Thema:
DAC 6 – Neue Mitteilungspflicht und die praktischen Folgen
Aktuelle steuerliche Aspekte bei Transaktionsstrukturen
Anzeigepflicht für Steuergestaltungen – Interview mit Berthold Welling