Nach der Außenwirtschaftsverordnung (AWV) kann das Bundeswirtschaftsministerium (BMWi) Beteiligungen von Investoren aus dem EU-Ausland an deutschen Unternehmen prüfen und diese untersagen, wenn sie die öffentliche Sicherheit und Ordnung gefährden. Die Bundesregierung hat die AWV im Juli 2017 geändert. Hintergrund der Änderung war zum einen die steigende Anzahl der Anträge und zum anderen die wachsende Komplexität der zu prüfenden Fälle.
Die Änderung des Prüfungsverfahrens umfasste vor allem eine Verlängerung der Prüffristen, die Einführung einer Meldepflicht für Erwerbe kritischer Infrastrukturen sowie präzisere Regelungen im Bereich des Missbrauchs und der Umgehung der Regelungen. Wie bisher kann das BMWi den Erwerb eines deutschen Unternehmens durch Investoren aus dem EU-Ausland nur dann prüfen, wenn der Erwerb einer Beteiligung von mindestens 25% der Stimmrechte an einem inländischen Unternehmen im Raum steht und hierdurch die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet wird. Für den Bereich der kritischen Infrastrukturen wird derzeit aber eine Absenkung der Aufgreifschwelle erwogen.
Zahl der Prüffälle steigt stetig
Seit dem Jahr 2016 ist ein erheblicher Anstieg der Fallzahlen zu beobachten. Im selben Jahr hat der Erwerb des Roboterbauers KUKA durch chinesische Investoren das Thema Investitionsprüfung in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt. Die gegen die Übernahme geäußerten Bedenken beruhten aber im Wesentlichen auf industriepolitischen Erwägungen, die im Rahmen der Investitionsprüfung keine Rolle spielen. Daher konnte die Bundesregierung in diesen Erwerbsprozess nicht eingreifen, denn eine Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit durch diesen Erwerb war zu keinem Zeitpunkt ersichtlich.
In den vergangenen zwei Jahren hat das Instrument der Investitionskontrolle eine andere Qualität erhalten. Alle Ressorts, die an der Prüfung beteiligt sind und durch das zuständige Referat im BMWi koordiniert werden, prüfen mittlerweile noch genauer. Dieser Umstand trägt letztlich dazu bei, dass es vermehrt zu Prüfverfahren kommt, die im Einzelfall auch länger dauern können. Die beteiligten Akteure sind vor allem das Bundesministerium des Innern, das Bundesministerium der Verteidigung, das Auswärtige Amt und das Kanzleramt. Gegebenenfalls beteiligt das BMWi auch seine nachgeordneten Behörden, z.B. das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle.
Protektionismus steht nicht im Fokus
Trotz dieser genaueren Prüfung bleibt die Untersagung einer Transaktion das letzte Mittel, von dem bislang erst einmal Gebrauch gemacht wurde. Am 1. August 2018 ermächtigte die Bundesregierung das BMWi erstmals, eine Transaktion zu untersagen. Dem BMWi ist die Bedeutung von Investitionen für Deutschland bewusst. Das BMWi will die Investitionskontrolle daher auch nicht als Instrument des Protektionismus verstanden wissen.
Im Fokus der Prüfung steht allein der Schutz der öffentlichen Ordnung und Sicherheit. Stehen derartige Bedenken im Raum, ist das BMWi gegenüber Vorschlägen, diese auszuräumen aufgeschlossen. Insbesondere besteht die Möglichkeit, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag abzuschließen. In diesem Vertrag sind dann konkrete Maßnahmen aufgelistet, die den bestehenden Bedenken abhelfen sollen.
Deutschland, Italien und Frankreich ergreifen die Initiative
Auf europäischer Ebene haben Deutschland, Italien und Frankreich eine Initiative gestartet, um die Entwicklungen in Bezug auf die Investitionskontrolle voranzutreiben. Den Beteiligten geht es auch hier nicht um Protektionismus. Vielmehr geht es darum, ein Instrument zur Verfügung zu haben, das im Einzelfall wirksam Gefahren für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit verhindern kann. Dabei muss beachtet werden, dass einige Mitgliedstaaten keine Investitionsprüfungen haben und mit der Verordnung auch keine Harmonisierung der Investitionsprüfungen der Mitgliedstaaten erzielt werden soll.
Auch das Prüfkriterium der „Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit“ wird sich mit der Verabschiedung der EU-Verordnung nicht ändern. Der Verordnungsentwurf gibt den Mitgliedstaaten aber eine Reihe von Elementen an die Hand, die bei der Auslegung dieses Kriteriums herangezogen werden können. Insofern wird es nicht entscheidend sein, ob das Unternehmen allein aus einer industriepolitischen Sicht zu einer Schlüsselbranche gehört.
Ob Großbritannien nach seinem Ausstieg aus der EU im Rahmen der sektorübergreifenden Investitionsprüfung den übrigen Investoren aus dem Nicht-EU-Ausland gleichgestellt wird, hängt von den Brexit-Vereinbarungen ab. Sehen diese keine spezielle Regelung vor, gilt die sektorübergreifende Investitionskontrolle auch für englischen Investoren.
Wie können Verkäufer bei einem Unternehmensverkauf mögliche Risiken abschätzen? Maßgeblich ist die Tätigkeit des Zielunternehmens einerseits und der mögliche Käufer andererseits. Relevant kann beispielsweise sein, ob das Zielunternehmen den Staat beliefert. Letztlich maßgeblich sind allerdings jeweils die konkreten Umstände des Einzelfalls.