Seit dem Juli gilt entsprechend einer EU-Richtlinie bezüglich des verpflichtenden automatischen Informationsaustauschs (sogenannte DAC 6) in Deutschland eine Meldepflicht für grenzüberschreitende Steuergestaltungen. Anders als in anderen europäischen Ländern wurde die Einführung nicht auf das Jahresende verschoben, und obwohl die Meldepflicht in der Praxis bereits umgesetzt werden muss, existiert das angekündigte BMF-Schreiben nach wie vor nur in einer Entwurfsfassung. Die Schwierigkeiten bei der Anwendung der Meldepflicht zeigen sich sehr deutlich im Fall von Managementbeteiligungen.
Typischer Sachverhalt
Beim Erwerb von Unternehmen bieten Private Equity-Fonds den Managern der erworbenen Unternehmen häufig eine Kapitalbeteiligung an. Die Manager erwerben die Anteile regelmäßig nicht direkt, sondern insbesondere bei einer Vielzahl von Managern über eine steuerlich transparente GmbH & Co.
Die Gesellschaft, an der die Beteiligung begründet wird, liegt häufig im Ausland, zum Beispiel in Luxemburg oder den Niederlanden. Die beteiligten Manager, die GmbH & Co. KG, die Holdinggesellschaft und die Private Equity-Fonds regeln in einer Gesellschaftervereinbarung ihre Rechtsbeziehungen, wozu insbesondere Mitverkaufsrechte und -pflichten gehören, aber auch ein Ankaufsrecht des Private Equity-Fonds im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines Managers.
Neben der Finanzierung mit „echtem“ Eigenkapital gewährt der Private Equity-Fonds einen wesentlichen Teil des benötigten Kapitals in Form von Gesellschafterdarlehen oder Vorzugskapital. Solche Vorzugsinstrumente sind im Vergleich zum echten Eigenkapital vorrangig zurückzuzahlen und gewähren keine Beteiligung an den stillen Reserven, sondern nur eine fixe Rendite. Investiert der Manager nicht oder in einem geringeren Verhältnis als der Private Equity-Fonds in diese Vorzugsinstrumente, steht seine Beteiligung höher im Risiko. Das höhere Risiko korrespondiert aber im Falle eines erfolgreichen Exits in Bezug auf das eingesetzte Kapital mit einem (wirtschaftlich betrachtet) höheren Anteil am Erlös auf das klassische Eigenkapital.
Voraussetzungen einer Meldepflicht
Dreh- und Angelpunkt bei der Beurteilung der Meldepflicht sind die sogenannten Hallmarks, also Kennzeichen einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung (§ 138e AO). Zu unterscheiden sind unbedingte und bedingte Kennzeichen.
Bei den bedingten Kennzeichen muss neben dem Hallmark selbst eine weitere Voraussetzung erfüllt sein: Der Hauptvorteil oder einer der Hauptvorteile der Gestaltung muss die Erlangung eines steuerlichen Vorteils sein. Bei den unbedingten Kennzeichen ist ein solcher Relevanztest nicht erforderlich – da genügt die Verwirklichung des Kennzeichens. Für Managementbeteiligungen kommen nur zwei bedingte Kennzeichen in Betracht: das Vorliegen einer standardisierten Dokumentation oder Struktur oder eine Umwandlung von Einkünften.
Standardisierte Dokumentation oder Struktur
Dieses Kennzeichen soll Gestaltungen erfassen, die sehr häufig in im Wesentlichen gleicher Form eingesetzt werden können. Für Managementbeteiligungen lässt sich zwar eine typische Beteiligungsstruktur beschreiben (siehe oben). Diese Beschreibung lässt aber nicht erkennen, dass die Ausgestaltung im Einzelfall sehr unterschiedlich sein kann. Auch die vertraglichen Regelungen sind sehr verschieden und Gegenstand ausführlicher Verhandlungen zwischen Management und Investor.
Die Vielzahl der möglichen Gestaltungen zeigt sich außerdem deutlich in der Schwierigkeit der Rechtsprechung, die jeweiligen Sachverhalte zu würdigen. So greift jede finanzgerichtliche Entscheidung auf das Gesamtbild der Verhältnisse und die spezifischen Umstände des Einzelfalls zurück und kommt insofern zu teils sehr unterschiedlichen Besteuerungsfolgen. Insofern liegt noch kein hinreichend verfestigter Strukturierungs- bzw. Dokumentationsstandard für die Annahme einer grenzüberschreitenden Steuergestaltung vor.
Umwandlung von Einkünften?
Ein weiteres einschlägiges Kennzeichen könnte sich auf die gesetzliche Fallgruppe der Umwandlung von Einkünften beziehen. Nach den Ausführungen im Entwurf des BMF-Schreibens ist die Umqualifizierung von Einkünften in Vermögen, Schenkungen oder andere niedriger besteuerte Einkünfte gemeint.
Im Fall von Managementbeteiligungen argumentiert die Finanzverwaltung häufig, dass es sich bei den Einkünften aus einer solchen Beteiligung letztlich nur um aus steuerlichen Gründen umgewandelten Arbeitslohn handeln würde: Denn zwischen den Einkünften aus Kapitalvermögen und den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit besteht eine Steuersatzdifferenz von etwa 20 Prozentpunkten. Allerdings setzen Kapitaleinkünfte ein Investment voraus, während Arbeitslohn als Gegenleistung für eine Tätigkeit gezahlt wird. Insofern liegen zwei verschiedene Sachverhalte vor, bei denen mehr als zweifelhaft ist, ob die Kapitalüberlassung durch den Manager nur der Umqualifizierung und damit der Verdeckung von Arbeitslohn dient oder ob die Kapitalbeteiligung nicht doch selbstständig neben dem Arbeitsverhältnis steht.
Außerdem handelt es sich um einen rein innerdeutschen Qualifikationskonflikt, der sich nicht aus der Grenzüberschreitung ergibt. Auch dies spricht gegen die Verwirklichung des Kennzeichens im Fall von Managementbeteiligungen.
Relevanztest
Endgültig zweifelhaft wird die Meldepflicht für Managementbeteiligungen bei der Prüfung des sogenannten Relevanztests. Insofern muss substantiiert dargelegt werden, dass der steuerliche Vorteil kein Hauptvorteil der Gestaltung ist, sondern lediglich Reflex- oder Randerscheinung der Gestaltung. Managementbeteiligungen werden angeboten, um zwischen dem Management und dem Private Equity-Fonds einen Interessengleichlauf herbeizuführen.
Durch die Beteiligung ist der Manager nicht mehr nur weisungsabhängiger Angestellter, sondern er ist Mitgesellschafter und trägt als solcher echtes unternehmerisches Risiko – und gerade diese Risikobeteiligung durch ein wesentliches Eigeninvestment ist erforderlich, um den Interessengleichlauf herbeizuführen. Ginge es bei einer Managementbeteiligung lediglich um die Erreichung eines Steuervorteils, dann müsste die Risikobeteiligung ausgeschlossen oder aber sehr gering sein, denn Arbeitslohn zeichnet sich gerade dadurch aus, dass er nicht mit einem Verlustrisiko verbunden ist.
Fazit
Damit lässt sich feststellen, dass die Meldepflicht nach ihrem Wortlaut sehr weit, man kann sogar sagen: zu weit, gefasst ist. In der Praxis muss insbesondere der betroffene Rechtsanwender sehr genau hinschauen, ob ein Sachverhalt tatsächlich meldepflichtig ist. Für Managementbeteiligungen bestehen sehr gute Gründe gegen die Anwendung der Meldepflicht.
Dieser Beitrag ist erstmals erschienen in: Unternehmeredition & GoingPublic Magazin, Spezial Mitarbeiterbeteiligung 2020, 32-33