Das Wichtigste in Kürze
- Ab dem 1. Januar 2024 wird die Verwaltung sämtlicher AIFs auch nach deutschem Steuerrecht umsatzsteuerfrei sein.
- Die umsatzsteuerliche Situation wird damit an die Rechtslage in anderen EU-Mitgliedstaaten wie z.B. Luxemburg angeglichen und Wettbewerbsnachteile für den Fondsstandort Deutschland werden insoweit beseitigt.
- Durch den Wegfall der Umsatzsteuer entfällt eine bisherige Kostenposition deutscher AIF-Strukturen und es erhöht sich das investierbare Kapital des AIF – ein erheblicher Vorteil für den AIF, seine Anleger und die Verfügbarkeit von Wagniskapital.
- Auch die Tätigkeit von Anlageberatern kann künftig umsatzsteuerfrei sein.
- Kapitalverwaltungsgesellschaften (KVGen) und betroffene Anlageberater sollten ihre Strukturen auf Folgewirkungen überprüfen (insbesondere in Bezug auf Vorsteuerabzug und bestehende Mietverträge).
- Altjahre vor 2024 sind von der Neuregelung nicht betroffen.
Die Neuregelungen im Detail
Wir hatten bereits im April diesen Jahres zum ZuFinG berichtet. Das seinerzeit noch als Referentenentwurf vorgestellte Gesetz wurde inzwischen durch den Bundestag und den Bundesrat beschlossen. Es tritt mit Wirkung vom 1. Januar 2024 in Kraft, nachdem die – als gesichert geltende – Ausfertigung und Verkündung im Bundesgesetzblatt erfolgt sein wird.
Die bisher nur für die Verwaltung von Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren (OAGW) und von mit diesen vergleichbaren AIFs sowie von Wagniskapitalfonds vorgesehene Umsatzsteuerbefreiung wird auf die Verwaltung sämtlicher AIFs erweitert. Damit ist die Verwaltung von AIF unabhängig von der Art der Regulierung des AIF oder seiner KVG und der Asset-Klasse von der Umsatzsteuer befreit. Erfasst sind neben sämtlichen Private Equity/Venture Capital-Fonds auch Kreditfonds, Immobilienfonds, Infrastrukturfonds, jede Art von Dachfonds, usw. Die Qualifikation der Anleger hat ebenfalls keine Relevanz für die Umsatzsteuerbefreiung.
Da die Umsatzsteuerbefreiung jedoch an die aufsichtsrechtliche Qualifikation als AIF anknüpft, sind unregulierte Strukturen, etwa 1-Investor-Fonds (ohne Flexibilität zur Aufnahme weiterer Anleger) oder sog. Investmentclubs, für die kein Kapital eingesammelt wurde, von der Umsatzsteuerbefreiung nicht erfasst.
Damit wird das deutsche Recht an die Umsatzsteuerregelungen in anderen EU-Mitgliedstaaten wie z.B. Luxemburg angeglichen, womit ein wesentlicher Wettbewerbsnachteil für den Fondsstandort Deutschland beseitigt wird.
Als umsatzsteuerfreie „Verwaltung“ sind nicht nur die Dienstleistungen der KVG umfasst, sondern können auch Leistungen Dritter privilegiert sein, wenn diese für den AIF „ein im Großen und Ganzen eigenständiges Ganzes von einigem Gewicht“ darstellen. Das kommt insbesondere in Betracht bei der Abgabe von individuellen Empfehlungen zum An- und Verkauf von Vermögenswerten eines AIF, wie z.B. bei bestimmten Anlageberatern.
Im praktisch häufigen Fall sog. Nettopreis-Abreden („Verwaltungsvergütung zuzüglich Umsatzsteuer“) entfällt die bisher zusätzlich zur Netto-Verwaltungsvergütung zu zahlende Umsatzsteuer. Dies hat einen unmittelbar positiven Effekt für den Fonds und damit wirtschaftlich auch seine Anleger (geringere Verwaltungskosten). Mittelbar hat dies aber auch positive Effekte auf die sog. Hurdle und damit auf den Carried Interest der Initiatoren (geringeres effektiv im AIF gebundenes Kapital). Bei praktisch selteneren sog. Bruttopreis-Abreden („Verwaltungsvergütung einschließlich Umsatzsteuer“) bleibt die Kostenlast für den AIF identisch.
Auswirkungen auf die Praxis
Aufgrund der Umsatzsteuerfreiheit ihrer Ausgangsleistung verlieren betroffene KVGen und Anlageberater zukünftig ihr Recht auf Vorsteuerabzug in Bezug auf in Anspruch genommene Eingangsleistungen (z.B. Reisekosten, eigene Beraterkosten usw.). Bestehende Fonds- und Dienstleistungsverträge sollten auf zum Teil vereinbarte Preisanpassungsklauseln oder auf mögliche gesetzliche Ausgleichsansprüche (z.B. § 29 UStG) überprüft werden. Außerdem sollten bestehende Mietverträge auf Klauseln über Vertragsstrafen oder gesetzliche Ausgleichsansprüche überprüft werden, die möglicherweise Anwendung finden, wenn und weil Mietobjekte für die künftig umsatzsteuerfreie AIF-Verwaltung verwendet werden. Dies kann zum Entfall einer eigenen Vorsteuerabzugsberechtigung des Vermieters führen. Für diesen Vorsteuerschaden enthalten z.B. einige Mietverträge Vertragsstrafen. Betroffene KVGen und Anlageberater sollten ihre Mietverträge prüfen.
Da das ZuFinG erst ab dem 1. Januar 2024 in Kraft treten soll, hat die Neuregelung keine Auswirkung auf die umsatzsteuerliche Behandlung in den Altjahren bis einschließlich 2023.