Die Bundesanstalt für Finanzdienstleitungsaufsicht (BaFin) hat am 21.12.2016 den Entwurf eines neuen Kapitalanlagerundschreibens zur Konsultation gestellt. Der Entwurf enthält für die Praxis wesentliche Auffassungen der BaFin zur Anlageverordnung (AnlV), die das wesentliche aufsichtsrechtliche Regelwerk für die Kapitalanlagen von Versorgungswerken und Pensionskassen darstellt.
Das Rundschreiben ist im Hinblick auf Beteiligungen betroffener Investoren an alternativen Investmentfonds u. a. auch insoweit von Bedeutung, als es Konkretisierungen im Hinblick auf den Anlageprozess enthält. Danach erfordern Fondsbeteiligungen u. a. eine sorgfältige Prüfung der Qualifikation für das Sicherungsvermögen sowie rechtlicher Risiken vor dem Erwerb und während der gesamten Laufzeit (auf der Grundlage einer mindestens quartalsweisen Berichterstattung) sowie eine angemessene Dokumentation.
Zusammenfassung
Zusammenfassend ergeben sich aus dem Entwurf für Beteiligungen an alternativen Investmentfonds für die betroffenen Investoren nachstehende Neuerungen. Diese überraschen in ihrer Tragweite teilweise erheblich, und es erscheint fraglich, ob alle sich aus dem Wortlaut ergebenden Folgen beabsichtigt sind.
- Beteiligungen auch an direkt investierenden Private Equity-Fonds im Rahmen der Beteiligungsquote sind nur zulässig, sofern die Fonds keinen Leverage einsetzen. Private Equity-Fonds mit Leverage sind außerhalb der Öffnungsklausel nur für das Sicherungsvermögen erwerbbar, wenn es sich um EWR-Fonds mit EWR-Managern handelt.
- Eine Sicherungsvermögensfähigkeit von Immobilienfonds im Rahmen der Immobilienquote setzt eine Begrenzung der Fremdmittelaufnahme voraus.
- Der Entwurf sieht eine Beteiligung an Kreditfonds im Wesentlichen nur nach den Regeln für alternative Anlagen (neue 7,5 %-Quote) vor. Beteiligungen an US-Kreditfonds wären damit praktisch nur im Rahmen der Öffnungsquote erwerbbar.
- Nach dem Entwurf sollen Anlagen von institutionellen Investoren häufig genutzter Spezialfonds weiterhin über das Investmentrecht hinausgehenden versicherungsaufsichtsrechtlichen Restriktionen unterliegen. Beteiligungen von Spezialfonds an geschlossenen Fonds wären nach dem derzeitigen Entwurf künftig nicht mehr zulässig.
- Die Möglichkeiten der Beteiligung an Fonds im Rahmen der alternativen Anlagen soll künftig über den Verordnungswortlaut hin-aus erheblich eingeschränkt werden. Auch Dachfonds dürften nach dem derzeitigen Stand des Entwurfs nicht in von US-Managern oder anderen Nicht-EWR-Managern verwaltete Fonds investieren.
- Der Entwurf verlangt bei Anlagen in Investmentvermögen unterschiedslos eine Beurteilung der Bonität von Investments auf Einzelwertbasis im Wege einer Durchschau.
- Beteiligungen an direkt investierenden geschlossenen Fonds sollen künftig in jedem Fall auf 1 % des Sicherungsvermögens be-schränkt werden. Eine Durchschau auf Portfoliogesellschaften soll nicht mehr möglich sein.
Bedeutung
Der Entwurf ist sowohl für Investoren als auch für Anbieter von Beteiligungen an alternativen Investmentfonds insofern von erheblicher Bedeutung, als die Anlageverordnung in Anpassung an das neue Kapitalanlagegesetzbuch gerade für Beteiligungen an alternativen Investmentfonds erhebliche Änderungen erfahren hatte. Während die Anlageverordnung bis März 2015 im Bereich der alternativen Investmentfonds vielfach keine fondsspezifischen Regelungen enthalten hatte, enthält die Anlageverordnung seitdem Anlagebestimmungen bezüglich praktisch aller Beteiligungen an alternativen Investmentfonds. Eine Verlautbarung der diesbezüglichen Auffassung der BaFin soll nun mit dem neuen Anlagerundschreiben erfolgen.
Die neue Anlageverordnung unterscheidet hinsichtlich der Erwerbbarkeit von Anteilen geschlossener Fonds und ihrer Zurechnung zu Mischungs- und Streuungsgrenzen zwischen Private Equity-, Immobilen- und den alternativen Anlagen zuzurechnenden Fonds.
Beteiligungen an Private Equity Fonds sind auf die Risikokapitalanlagenquote (35 % des Sicherungsvermögens) sowie auf die Beteiligungsquote (15 % des Sicherungsvermögens) anzurechnen. Die für Immobilienfonds geltende Mischungsquote beträgt demgegenüber 25 % des Sicherungsvermögens. Für Fonds, die den alternativen Anlagen zuzurechnen sind, beträgt die anwendbare Mischungsquote lediglich 7,5 %.
Die Zuordnung zu einem Fondstypus ist nicht nur für die Zuordnung zu einer Mischungsquote relevant, vielmehr gelten für die unterschiedlichen Fondstypen auch unterschiedliche qualitative Anforderungen z. B. an die Herkunft des Fondsvehikels oder das Beaufsichtigungsniveau hinsichtlich des Managers. Der Entwurf enthält einige wichtige Aussagen bezüglich dieser Abgrenzung.
Die für viele deutsche institutionelle Anleger wichtige Strukturierung von Investitionen über deutsche Spezialfonds (investmentrechtlich offene inländische Spezial-AIF mit festen Anlagebedingungen) wird nach der Änderung der Anlageverordnung von 2015 in einer eigenen Katalognummer in der Anlageverordnung behandelt. Der Entwurf enthält hier wichtige ergänzende Anforderungen an derartige Spezialfonds, die über die investmentrechtlichen Anforderungen hinaus zu berücksichtigen sind.
Wesentliche Inhalte
Private Equity Fonds
Der Entwurf sieht hinsichtlich der Sicherungsvermögensfähigkeit von Beteiligungen an Private Equity-Fonds Einschränkungen vor. Zusätzlich zu den bereits in der Begründung zur Verordnung formulierten Restriktionen hinsichtlich des Haltens von Derivaten und liquiden Mitteln sieht der Entwurf eine Einschränkung von Fremdmittelaufnahmen auf 10 % vor. Diese ist vom Verordnungstext nicht gedeckt und stellt nach unserem Verständnis sogar eine Verschärfung der bisherigen Verwaltungspraxis dar. Bisher gilt eine entsprechende Einschränkung im Bereich der Beteiligungen nur auf der Ebene sogenannter Holdinggesellschaften, deren satzungsmäßiger Zweck auf das Halten von Eigenkapital und eigenkapitalähnlichen Beteiligungen beschränkt sein muss. Eine derartige Beschränkung des Gesellschaftszwecks dürfte bei den meisten Private Equity Fonds in der Regel nicht gegeben sein. Dies gilt vor allem für Einzelfonds, dürfte aber auch auf viele Dachfonds zutreffen. Tatsächlich sehen die Fondsverträge vieler Private Equity Fonds eine höhere (wenn auch nur kurzfristige) Fremdmittelaufnahme vor, als in dem Entwurf vorgesehen ist. Sollte die BaFin bei ihrem Standpunkt bleiben, wären Beteiligungen an vielen Private Equity-Fonds nicht im Rahmen der Beteiligungsquote, sondern nur im Rahmen der Quote für alternative Anlagen möglich. Wegen der unterschiedlichen geographischen Anforderungen für die beiden Quoten kämen für die betroffenen Strategien nur Fonds aus dem EWR mit einem EWR-Manager in Betracht, die Beteiligungsquote liefe im Hinblick auf Private Equity Fonds damit praktisch ins Leere.
Geschlossene Immobilienfonds
Der Entwurf enthält im Bereich der Immobilienfonds eine für die Praxis wichtige Aussage dazu, in welchem Umfang versicherungsaufsichtsrechtlich unbedenklich Kredite aufgenommen werden dürfen. Danach darf die Kreditaufnahme bezogen auf den Verkehrswert des Immobilienbestandes eines Immobilienfonds 60% nicht überschreiten. Hinzu kommt eine zulässige kurzfristige Kreditaufnahme in Höhe von bis zu 30% des Inventarwertes. Sofern sich ein der Anlageverordnung unterliegender Investor über einen Dachfonds an einer Mehrzahl von Immobilienfonds beteiligt, so muss auf der Ebene des Dachfonds die Fremdmittelaufnahme auf kurzfristige Kredite bis maximal 30% des Inventarwertes beschränkt sein.
Kreditfonds
Der Entwurf ist im Vergleich zu den Regelungen der Anlageverordnung hinsichtlich der Behandlung von Kreditfonds deutlich restriktiver. Während nach dem Wortlaut der einschlägigen Regelung der Anlageverordnung Fonds im Rahmen der Beteiligungsquote in jeglicher Art von Instrumenten der Unternehmensfinanzierung investieren dürfen, soll nach dem Entwurf nur eine Anlage in Beteiligungen, nachrangige Forderungen und Genussrechte möglich sein. Daneben sollen Private Equity Fonds sich lediglich an anderen Unternehmen beteiligen dürfen, deren Tätigkeit eine Kreditvergabe umfasst. Sofern es bei dieser Verwaltungsauffassung bleit, dürften Kreditfonds künftig in der Regel nur im Rahmen der Quote für alternative Anlagen erwerbbar sein. Zudem wären Investoren, die der Anlageverordnung unterliegen, insofern von Anlagen bei US-Managern und anderweitig außerhalb des EWR ausgeschlossen außerhalb der Öffnungsklausel.
Spezialfonds
Der Entwurf sieht für Spezialfonds versicherungsaufsichtsrechtlich erheblich über das Investmentrecht hinausgehende Anforderungen vor. Diese orientieren sich an den Anforderungen für sogenannte sonstige Investmentvermögen. Sie entsprechen im Wesentlichen den bisher versicherungsaufsichtsrechtlich für Beteiligungen an Spezialfonds im Sinne von § 91 InvG. Danach dürfen Spezialfonds i. S. v. § 2 Abs. 1 Nr. 16 AnlV maximal 30% ihres Inventarwertes in unverbriefte Darlehensforderungen investieren. Zudem müssen Beteiligungen an offenen Zielfonds die der Mischungsquote für alternative Anlagen zuzuordnen sind auf 49 % des Inventarwertes beschränkt werden. Schließlich sollen Beteiligungen an Zielfonds nur insoweit möglich sein, als diese ebenfalls offen sind und selbst für das Sicherungsvermögen qualifiziert sind. Hierin sind ganz erhebliche Einschränkungen für die Strukturierung alternativer Kapitalanlagen zu sehen, die in der Praxis häufig über Spezialfonds erfolgen. Sofern die Aussagen des Entwurfs insofern bestehen bleiben, wären Beteiligungen offener Spezialfonds an geschlossenen Zielfonds versicherungsaufsichtsrechtlich praktisch ausgeschlossen.
Fonds im Rahmen der Quote für alternative Anlagen
Obwohl Beteiligungen an alternativen Fonds insgesamt der Mischungsquote für alternative Anlagen (7,5 % des Sicherungsvermögens) zuzuordnen sind, sieht der Entwurf vor, dass alle über einen Fonds nach § 2 Abs. Nr. 17 AnlV getätigten Fondsanlagen ebenfalls unmittelbar für das Sicherungsvermögen qualifiziert sein müssten. Dies schließt grundsätzlich das Erfordernis eines EWR-Vehikels und eines EWR-Managers ein. Einzige Ausnahme sollen Anlagen in sogenannten Dach-Hedgefonds sein, bei denen Zielfonds auch außerhalb des EWR belegen sein dürfen. Diese Ausnahme soll allerdings nur für reine Dach-Hedgefonds im investmentrechtlichen Sinne gelten. Eine solche Auslegung der Anlageverordnung hätte eine ganz erhebliche Einschränkung der Anlagemöglichkeiten zur Folge, weil auch über EWR-Dachfonds gehaltene Beteiligungen an Zielfonds im Rahmen einer alternativen Strategie hinsichtlich des Sitzes von Fonds und Manager auf den EWR beschränkt wäre.
Sicherheitsgrundsatz
Das Kapitalanlagerundschreiben verlangt eine Beachtung des versicherungsaufsichtsrechtlichen Sicherheitsgrundsatzes auch für alle indirekt über ein Investmentvermögen gehaltenen Anlagegegenstände. Dies würde bedeuten, dass Investoren die Portfolien der Fonds, in welche sie investiert sind, im Hinblick auf die Bonität jedes Einzelwertes überwachen und insbesondere Einzelwerte mit einem Speculative-Grade Rating oder unterhalb identifizieren sowie diesbezüglich gegebenenfalls Maßnahmen ergreifen müssen. Dies entspricht der bisherigen Verwaltungspraxis für offene Investmentvermögen. Die Änderungen im Investmentrecht und in der Folge auch in der Anlageverordnung haben allerdings zum einen den Anwendungsbereich dieser Verwaltungspraxis auf Fonds erweitert, für die eigene Mischungsquoten gelten (insbesondere Private Equity-Fonds und Fonds im Rahmen der alternativen Anlagen). Nach unserer Auffassung sollte aufgrund der Anrechnung von Beteiligungen an derartigen Fonds auf die entsprechenden Mischungsquoten eine Prüfung der Bonität für jeden Einzelwert nicht zu verlangen sein.
Holding-Privileg
Beteiligungen an demselben Unternehmen bzw. geschlossenen Fonds dürfen grundsätzlich nicht mehr als 1% des Sicherungsvermögens ausmachen. Bisher galt insoweit das sog. Holding-Privileg, sofern alleiniger Zweck des Unternehmens bzw. Fonds das Halten von Eigenkapital oder eigenkapitalähnlichen Anlagen war. Nach dem Entwurf soll dies künftig nicht mehr für direkt investierende Fonds, sondern nur noch für Dachfonds gelten.